# taz.de -- Kommentar Polizeieinsatz in Hamburg: Das Desaster der Demokratie
       
       > Der Polizeieinsatz beim G20-Gipfel hat Folgen weit über Hamburg hinaus.
       > Er liefert Despoten eine Rechtfertigung für den Umgang mit ihrer
       > Opposition.
       
 (IMG) Bild: Wasserwerfer, immer wieder Wasserwerfer: Polizeieinsatz am Donnerstagabend in Hamburg
       
       Wasser, marsch! Und auf sie mit Gebrüll! So lässt sich mit wenigen Worten
       die Strategie der Polizei in Hamburg zusammenfassen. [1][Sie hat am
       Donnerstagsabend mit allem ihr zur Verfügung stehenden Gerät] die
       Teilnehmer der „Welcome to hell“-Demonstration beiseite geräumt. In einer
       Art und Weise, die fassungslos macht. Denn die Bilder dieser unglaublichen
       Machtdemonstration der Polizei werden fatale Folgen haben – weit über
       Hamburg hinaus.
       
       Was war nicht im Vorfeld alles über diese Demonstration spekuliert worden.
       Den größten schwarzen Block aller Zeiten wollte die linksautonome Szene
       antreten lassen, um denen da oben Angst zu machen. Tatsächlich war die
       Gruppe der martialisch schwarz Gekleideten erstaunlich groß. Mehrere
       tausend dürften es gewesen sein.
       
       Wer hier den größten Bedarf hatte, zu zeigen, dass er den Größten hat, war
       jedoch schnell klar: Die Polizei stellte der Demonstrationsspitze gleich zu
       Beginn vier Wasserwerfer und zwei Räumpanzer in den Weg. Und wischte damit
       die Demo weg. In einer Straße, in der es keinerlei Ausweichmöglichkeiten
       zur Seite gibt, überrannte sie tausende Menschen.
       
       Wenn die autonomen MöchtegernmackerInnen sich einen Moment zur Selbstkritik
       nähmen, müssten sie eigentlich heulend in der Ecke liegen. Wie ein
       harmloser Hühnerhaufen wurden sie auseinandergetrieben.
       
       Und das war erst der Anfang. Immer wieder fuhr die Polizei ihren scheinbar
       endlosen Vorrat an Wasserwerfern auf und sprühte alle DemonstrantInnen
       wahllos von der Straße. Der größte schwarze Block aller Zeiten war an
       diesem Tag tatsächlich angetreten – in der Uniform der Polizei.
       
       ## Putin und Erdogan werden sich gefreut haben
       
       Dass es nicht zu einer totalen Eskalation kam, lag an – ja, auch – schwarz
       gekleideten DemonstrantInnen, die zumindest anfangs bei vereinzelten
       Flaschen- oder Böllerwürfen lautstark gegen die Dummköpfe in den eigenen
       Reihen protestierten. Nur so kam es im Laufe des Abends wenigstens
       phasenweise zu einem lauten, bunten, ausgelassenen und friedlichen Protest
       – bis die Polizei an der nächste Ecke wieder grundlos reinpreschte. Die
       hatte offensichtlich kein Interesse an Bildern von friedlichem Protest
       gegen den G20-Gipfel.
       
       Das Schlimmste daran ist: die zweifelhaften Zaungäste Wladimir Putin und
       Recep Erdoğan dürften ihr Vergnügen gehabt haben. Denn künftig werden sie
       bei aller berechtigten Kritik am repressiven Umgang mit Protesten in ihren
       Ländern stets mit einem süffisanten Lächeln auf das von Hamburgs
       Bürgermeister ausgerufene „Festival der Demokratie“ verweisen können.
       
       Die Verantwortung dafür trägt in erster Linie die Führung der Hamburger
       Polizei. Da die aber ihren härtesten Hund als Einsatzleiter an die Front
       geschickt hat, ist Selbstkritik von dieser Seite nicht zu erwarten.
       
       Aber es gibt ja auch noch einen rot-grünen Senat. Hat die SPD noch eine
       Restabteilung, die sich für Bürgerrechte interessiert? Wenn ja, sollte sie
       jetzt mal laut aufschreien. Und was ist eigentlich mit den seit Tagen
       verstummten Grünen? Eine grüne Partei, die zwar in der Regierung sitzt,
       aber selbst nach diesem Desaster der Demokratie nicht Willens oder nicht in
       der Lage ist, Konsequenzen durchzusetzen, ist schlichtweg überflüssig.
       
       Lesen Sie in unserem [2][Liveblog], was am Freitag in Hamburg passiert und
       wie der Vortag abgelaufen ist.
       
       7 Jul 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Anti-G20-Protest-in-Hamburg/!5427920/
 (DIR) [2] /taz-Liveblog-zum-G20-Gipfel/!5425982/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gereon Asmuth
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
 (DIR) Polizei
 (DIR) G20-Gipfel
 (DIR) Schwerpunkt G20 in Hamburg 
 (DIR) Protest
 (DIR) Schwerpunkt G20 in Hamburg 
 (DIR) G20-Gipfel
 (DIR) Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
 (DIR) Versammlungsrecht
 (DIR) G20-Gipfel
 (DIR) Jefta
 (DIR) G20-Gipfel
 (DIR) G20-Gipfel
 (DIR) Schwerpunkt G20 in Hamburg 
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) G20 und der rot-grüne Senat: Hamburger Grüne auf Tauchstation
       
       Sie waren angetreten, die Bürgerrechte zu verteidigen. Jetzt sagen die
       Grünen, die in Hamburg mit der SPD eine Koalition bilden, lieber gar nichts
       mehr.
       
 (DIR) Sicherheit beim G20-Gipfel: Polizeieinsatz läuft aus dem Ruder
       
       20.000 Beamte reichen nicht. Die Hamburger Polizei ordert Verstärkung aus
       anderen Bundesländern. An ihrem Vorgehen wird massiv Kritik geübt.
       
 (DIR) taz-Liveblog zum G20-Freitag: Schwere Krawalle im Schanzenviertel
       
       Der G20-Freitag war von Gewalt geprägt. Tagsüber gab es friedliche
       Proteste, abends randalierten Autonome. Bis zur Räumung von
       Spezialeinheiten der Polizei.
       
 (DIR) Neues Versammlungsgesetz: „Vermummungsverbot ist verzichtbar“
       
       Rot-Rot-Grün sollte mit einem liberalen Versammlungsgesetz ein Zeichen
       setzen, sagt Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der
       Linken.
       
 (DIR) Rechtsanwalt über Polizeieinsatz: „Dolchstoß für das Grundgesetz“
       
       Die Polizei hat bei der G20-Demo am Donnerstag jedes Maß verloren und die
       Verfassung missachtet, sagt Law-Blog-Autor Udo Vetter.
       
 (DIR) Kommentar EU-Freihandel mit Japan: Undurchsichtige Einigung
       
       Dem Jefta-Abkommen fehlt es an Transparenz: Die wichtigsten Dokumente
       blieben geheim, die offenen Kapitel werden im Hinterzimmer geklärt.
       
 (DIR) G20 und die Banken: Godzilla lebt!
       
       Die Finanzmärkte zerstörten 2008 fast die Weltwirtschaft. Seitdem erfanden
       die G20-Staaten eine Menge Regeln für Banken – und verfehlen doch das
       Thema.
       
 (DIR) Anti-G20-Protest in Hamburg: Hölle, Hölle, Hölle
       
       Die Polizei schlägt mit Härte eine Demonstration gegen den G20-Gipfel
       nieder. Die Nacht über zog sich das Spiel aus Provokation und Gegenschlag
       weiter hin.
       
 (DIR) taz.G20 video: Fünf Meter „Welcome to Hell“
       
       Die Polizei hat die „Welcome to Hell“-Demo aufgelöst, noch bevor sie
       starten konnte. Wasserwerfer und Tränengas trafen die bis dahin friedlichen
       Menschen. 1:16min