# taz.de -- Sicherheit beim G20-Gipfel: Polizeieinsatz läuft aus dem Ruder
       
       > 20.000 Beamte reichen nicht. Die Hamburger Polizei ordert Verstärkung aus
       > anderen Bundesländern. An ihrem Vorgehen wird massiv Kritik geübt.
       
 (IMG) Bild: Mehr Wumms: Die Hamburger Polizei fordert für ihren unverhältnismäßig harten Einsatz Verstärkung an
       
       Hamburg taz | Der Polizeieinsatz zum G20-Gipfel in Hamburg nimmt noch
       größere Dimensionen an als ursprünglich geplant. Am Freitag forderte die
       Polizei, die den Gipfel mit 20.000 Beamten sichern wollte, Verstärkung aus
       dem gesamten Bundesgebiet an.
       
       Aus mehreren Bundesländern wurden Hundertschaften in die Hansestadt
       geschickt, allein aus Berlin zwei. Die bundesweit bekannte Partyeinheit
       blieb laut eines Sprechers der Berliner Gewerkschaft der Polizei allerdings
       zu Hause.
       
       Hintergrund für den Hilferuf waren offenbar die Ausschreitungen, die nach
       der Erstürmung einer Demonstration am Donnerstagabend begonnen hatten und
       Freitagfrüh schwere Ausmaße annahmen. Vermummte liefen in unterschiedlichen
       Stadtteilen durch die Straßen und steckten Autos in Brand. Sie errichteten
       Barrikaden, warfen Fensterscheiben ein. Laut Spiegel sah die Polizei am
       Freitagmorgen eine „Gefahr für Leib und Leben“.
       
       Mit 20.000 BeamtInnen findet derzeit in Hamburg ohnehin schon einer der
       größten Polizeieinsätze der deutschen Geschichte statt. Über die
       Sicherheitsstrategie gibt es seit Wochen Debatten. Nachdem militante
       Gruppen mit Krawall gedroht hatten, kündigte die Polizei eine harte Linie
       an. Seit Beginn der Gipfelproteste geht sie massiv gegen zahlreiche
       Demonstrationsversuche vor.
       
       ## „Komplett auflösen ist unverhältnismäßig“
       
       Streit gibt es nun um die Frage des Vorgehens zu Beginn der militanten
       „Welcome to Hell“-Demonstration am Donnerstagabend, deren Verlauf allgemein
       als Richtungsentscheidung für die kommenden Tage gewertet wurde. Hunderte
       Beamte waren begleitet von Wasserwerfern und hartem Pfeffersprayeinsatz in
       die Demonstration gestürmt ehe diese sich in Bewegung setzen konnte.
       Vorausgegangen waren dem einige Personen, die ihre Vermummung nicht ablegen
       wollten und einzelne Flaschenwürfe.
       
       Laut Marcel Kuhlmey, Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht
       in Berlin, wich das Vorgehen der Polizei von der bundesweit üblichen
       Strategie bei Demonstrationen ab. „Eigentlich geht die Polizei nicht in
       eine Versammlung rein, um nicht zu provozieren“, so der ehemalige Polizist.
       Es sei „grundsätzlich unverhältnismäßig“, eine komplette Versammlung
       aufzulösen, nur weil einige der Demonstranten nicht friedlich sind.
       
       Kuhlmey, der unter anderem Einsatzlehre unterrichtet, kann aber auch die
       Angst der Polizeiführung nachvollziehen, dass gewaltbereite Demonstranten
       in die Nähe des Veranstaltungsortes ziehen und dort Schaden anrichten.
       Insofern sei das Vorgehen nachvollziehbar. Die Polizei sei in einer
       „misslichen Lage“ gewesen, weil der Ort schlicht für eine solche
       Veranstaltung ungeeignet sei. Bei der Demonstration schallte es zu Beginn
       aus dem Lautsprecherwagen, man werde den G20-Gipfel zum Desaster machen.
       
       Für Kritik sorgte auch, dass Insassen eines Busses von der Polizei
       aufgefordert wurden, ihre Handys zu entsperren. Es sollten offenbar die
       IMEI-Nummern der Geräte ermittelt werden. Dabei darf die Polizei nicht ohne
       Weiteres auf Mobiltelefone zugreifen. Sie betont, es seien keine Apps oder
       persönliche Daten ausgelesen worden.
       
       ## „Definitiv kein Planungsfehler“
       
       Die Hamburger Polizei wies auch die grundsätzliche Kritik zurück. Eine
       Sprecherin sagte, dass weitere Einheiten angefordert würden, sei „definitiv
       kein Planungsfehler“.
       
       Die Bilanz in Zahlen blieb bis zum Freitagmittag überschaubar. Bis 13 Uhr
       meldete die Polizei lediglich 45 Festnahmen zur Identitätsfeststellung. Nur
       15 Personen mussten anschließend in Gewahrsam – wenig, angesichts der teils
       heftigen Ausschreitungen. In der zentralen Gefangenensammelstelle ist Platz
       für 400 Personen. Bis zu dieser Uhrzeit waren laut Polizei 159 Beamte
       verletzt worden, unklar blieb zunächst wie schwer. Auch auf Seiten der
       DemonstrantInnen gab es Hunderte Verletzte, etwa durch den Einsatz von
       Pfefferspray.
       
       7 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Erb
 (DIR) Martin Kaul
       
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