# taz.de -- Flüchtlingsboote im Mittelmeer: Italien droht mit Hafenverbot
       
       > Italien ist das Hauptankunftsland für Bootsflüchtlinge in Europa. Rom
       > ruft schon lange nach Hilfe – und verliert die Geduld. Die Seenotretter
       > vor Ort sind am Limit.
       
 (IMG) Bild: Bald für Rettungsschiffe geschlossen? Der Hafen in Catania auf Sizilien
       
       Rom/Brüssel dpa | In der Flüchtlingskrise droht Italien mit der Abweisung
       von Schiffen mit geretteten Migranten in heimischen Häfen. Den Booten von
       Hilfsorganisationen könnte die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt
       werden, sollte es nicht mehr Unterstützung in der Krise von der EU geben,
       hieß es aus Regierungskreisen in Rom am Mittwoch. Dabei geht es um
       Rettungsschiffe, die nicht unter italienischer Flagge fahren. Viele
       deutsche NGOs sind im Mittelmeer bei der Rettung von Flüchtlingen
       unterwegs.
       
       Italien will mit der Drohung von anderen EU-Staaten eine fairere
       Lastenverteilung einfordern. Allein in den vergangenen Tagen wurden im
       Mittelmeer mehr als 10.000 Menschen gerettet, die nun auf dem Weg nach
       Italien sind.
       
       Im Gegensatz zu ersten Informationen sollen Schiffe der EU-Mission
       „Operation Sophia“ oder der EU-Grenzagentur Frontex von dem möglichen
       Verbot nicht betroffen sein. Wie sich dieses Verbot rechtlich umsetzen
       ließe, blieb zunächst unklar. Auch Schiffe deutscher Hilfsorganisationen
       wie Sea Watch und Jugend Rettet könnten von dem Hafenverbot betroffen sein.
       
       Ärzte ohne Grenzen, die eine der größten Missionen im Mittelmeer fahren,
       erklärte, die oft verletzten Menschen müssten in den nächstgelegenen und in
       einen sicheren Hafen gebracht werden. Rein geografisch trifft es damit vor
       allem Italien.
       
       Der italienische EU-Botschafter Maurizio Massari habe die „Notlage“ seines
       Landes darstellen wollen und deshalb am Mittwoch EU-Innenkommissar Dimitris
       Avramopoulos getroffen, erklärte ein EU-Diplomat in Brüssel. Es handele
       sich um einen formalen diplomatischen Schritt, hieß es in Rom.
       
       ## Sehr viele Rettungsaktionen
       
       Avramopoulos brachte nach dem Treffen seine Unterstützung für Italien und
       den „vorbildlichen“ Umgang des Landes mit der Flüchtlingskrise zum
       Ausdruck. Seine Behörde sei bereit, der Regierung in Rom noch stärker unter
       die Arme zu greifen, „falls nötig auch mit erheblicher finanzieller
       Unterstützung“.
       
       Avramopoulos betonte, es gelte, stärker mit Herkunfts- und Transitländern
       zusammenzuarbeiten, um den Zuzug von Migranten zu mindern. „Wir alle haben
       eine humanitäre Verpflichtung, Leben zu retten. Wir können natürlich nicht
       eine Handvoll EU-Staaten damit alleine lassen“, betonte der EU-Kommissar.
       Darüber müsse aber in erster Linie im Kreis der EU-Staaten beraten werden,
       unter anderem beim Treffen der europäischen Innen- und Justizminister in
       der kommenenden Woche im estnischen Tallinn.
       
       Anlass des Treffens war die hohe Zahl der Rettungsaktionen in den
       vergangenen beiden Tagen. Die Migranten würden nun an Land gebracht. Die
       Aufnahmekapazitäten seien am Limit, erklärte ein EU-Diplomat, zudem gebe es
       auch Auswirkungen auf das „soziale und politische Leben“ im Land. Der
       Botschafter habe deutlich gemacht, dass es schwierig sei für die Behörden,
       weitere Anlandungen zu erlauben.
       
       Italien sieht sich seit Jahren großem Druck ausgesetzt und drängt andere
       EU-Staaten immer wieder zu Hilfe: Allein in den vergangenen Tagen kamen
       etwa 10.000 Migranten über das Mittelmeer. Die EU-Grenzschutzagentur
       Frontex erklärte, im laufenden Jahr sei dies die höchste Zahl Geretteter
       binnen einer so kurzen Zeitspanne.
       
       ## Hilfsorganisationen überlastet
       
       Die deutsche Hilfsorganisation Sea Watch setzte einen Hilferuf ab. Das Boot
       der Sea Watch sei vollkommen überladen, „wir sind am Ende unserer Kräfte“,
       [1][schrieb die Organisation am Mittwoch auf Facebook]. „Mit wenig Schlaf
       haben wir Tag und Nacht Menschenleben gerettet, medizinische Notfälle
       versorgt und Tote geborgen. Unser Boot ist 32 Meter lang, es sollten sich
       nicht mehr als 100 Leute an Bord aufhalten. Gestern war unser Boot mit 500
       Menschen völlig überladen, unsere Vorräte sind alle.“ Auch von der
       Einsatzzentrale in Rom käme keine Hilfe.
       
       Auch andere Hilfsorganisationen waren am Limit. Die „Aquarius“ von SOS
       Mediterranee war mit mehr als 1.000 Menschen an Bord voller denn je. Die
       Retter gingen an ihr Äußerstes, um den teils verletzten Menschen zu helfen.
       Zur Zeit wagen wegen des guten Wetters besonders viele Menschen die
       Überfahrt von Libyen in Richtung Europa.
       
       Die Migranten werden in der Regel vor der libyschen Küste von der
       italienischen Küstenwache, den Schiffen der EU-Mission oder von
       Hilfsorganisationen gerettet. Seit Beginn des Jahres kamen in Italien mehr
       als 73.000 Menschen an, rund 14 Prozent mehr als im Vorjahr.
       
       29 Jun 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.facebook.com/seawatchprojekt/photos/a.1579563625595046.1073741828.1578640155687393/1888782334673172/?type=3&theater
       
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