# taz.de -- Protest gegen G 20 in Hamburg: Bewegt euch!
       
       > Statt einer wird es viele Aktionen gegen den Gipfel geben. Die taz hat
       > Akteure untersucht – auf Herz, Nieren und Krawallpotenzial.
       
 (IMG) Bild: Eine Wasserschlacht zur Einstimmung auf den G-20-Protest in Hamburg
       
       ## Campact
       
       Organisation: Die über 50 Campact-MitarbeiterInnen waren in den letzten
       Jahren maßgeblich an der Organisation des Widerstands gegen TTIP und Ceta
       beteiligt. Ihr größtes Gut: Ein Mailverteiler mit über einer Million
       Politikinteressierter. Campact ist mächtig genug, um einen eigenen
       Gipfelprotest zu organisieren – und tut das auch.
       
       Aktionen: Mit der Absage an eine gemeinsame Großdemo am 8. Juli hat sich
       Campact für eine „Protestwelle“ entschieden, die bereits eine Woche vor dem
       Gipfel Hamburg überfluten soll. Am 2. Juli wird mit hunderten Flößen und
       Kanus auf der Binnenalster protestiert, danach gibt es einen Protestmarsch
       Richtung Tagungsort.
       
       Krawallpotenzial: Kaum. Die Spaltung des Protestbündnisses begründet
       Campact offiziell zwar mit der weniger grundsätzlichen Kritik an G 20 als
       die der Demo am 8. Juli. Die Furcht, mit Gewalt in Zusammenhang gebracht zu
       werden, dürfte aber eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Zwar sind
       die angekündigten zehntausenden Protestierer realistisch, aber Campact und
       seine Bündnispartner gehören zum erklärt moderaten Spektrum.
       
       ***
       
       ## Attac
       
       Organisation: Mit knapp 30.000 Mitgliedern ist Attac der Senior der
       Protestszene und ein klassischer Vertreter globalisierungskritischer
       Positionen – siehe Campact. Zwar ist das Netzwerk nicht mehr auf Höhe ihrer
       einstigen Kräfte, bringt dafür aber viel Gipfelerfahrung mit: Attac war
       schon 1999 in Seattle dabei – für viele die Geburtsstunde der
       internationalen globalisierungskritischen Bewegung.
       
       Aktionen: Dieses Mal engagiert sich Attac für einen „Dreiklang“, wie es das
       Netzwerk selbst formuliert: Erstens beim Gegengipfel am 5. und 6. Juli, zu
       dem internationale AktivistInnen erwartet werden. Zweitens während
       verschiedener Aktionen zivilen Ungehorsams und drittens bei der Großdemo am
       8. Juli – ohne Campact und die Umweltorganisationen, dafür aber mit
       Linksradikalen.
       
       Krawallpotenzial: Teils, teils. Beim Gegengipfel dürfte es ruhig zugehen,
       bei den Aktionen zivilen Ungehorsams und der Demo am 8. Juli schon weniger
       – auch abhängig von den Tagen davor. Attac selbst hat sich immer deutlich
       von Gewalt distanziert. Unter Kontrolle hat das Netzwerk das Demobündnis,
       das aus zahlreichen Gruppen besteht, aber natürlich nicht.
       
       ***
       
       ## Autonome
       
       Organisation: Die großen Tage der Autonomen sind vorbei, gerade in Hamburg
       ist die Szene aber weiterhin stark und durch Projekte wie die Rote Flora
       fest verwurzelt. Militanz und Klandestinität, aber auch Selbstorganisierung
       und Unabhängigkeit werden hier nach wie vor großgeschrieben.
       
       Aktionen: Vergangene Woche machten mutmaßliche Autonome mit bundesweiten
       Brandanschlägen auf Bahnstrecken auf sich aufmerksam, die allerdings auch
       innerhalb der Szene für Kritik sorgten. Für die G-20-Proteste haben sich
       autonome Gruppen zu einem Bündnis mit dem Namen „Welcome to Hell“
       zusammengeschlossen, das eine Demo am Donnerstagabend der Gipfelwoche
       veranstaltet. Hierzu werden auch AktivistInnen aus anderen Ländern
       erwartet. Außerdem ruft das Bündnis zu „dynamischen Aktionen in und um
       Hamburg“ und zur Beteiligung an der Großdemo am Samstag auf.
       
       Krawallpotenzial: Die bisherige Mobilisierung aus diesem Spektrum lässt
       keinen Zweifel daran, dass die Autonomen in Hamburg ordentlich auf den Putz
       hauen wollen. Die Frage ist, ob ihnen das trotz polizeilichem Großaufgebot
       gelingt – und welche Auswirkungen das auf den Rest der Proteste hat.
       
       ***
       
       ## Interventionistische Linke (IL)
       
       Organisation: Der bundesweit derzeit wohl umtriebigste Akteur im
       linksradikalen, undogmatischen und emanzipatorischen Spektrum ist seit den
       ersten Gipfelschritten in Heiligendamm 2008 erwachsen geworden. Bundesweit
       sind 33 Gruppen in der IL organisiert, einige tausend Menschen stehen ihr
       nahe. Sie versteht sich als postautonom, gibt sich zugänglicher als andere
       Gruppen und versucht sowohl durch Bündnispolitik und eine professionelle
       Öffentlichkeitsarbeit Schlagkraft zu entfalten. Ihr Anliegen: Klar
       antikapitalistisch – jedoch ohne die Brachialmilitanz der 80er Jahre.
       
       Aktionen: Bei G 20 mobilisiert die IL für „BlockG20 – colour the red zone“,
       also den Versuch, durch Aktionen massenhaften zivilen Ungehorsams den
       Ablauf das Treffen spürbar zu stören und damit „die Inszenierung der Macht,
       die der Gipfel darstellt, zu brechen“. Die Blockaden sollen am ersten Tag
       des Gipfels, also dem 7. Juli, hin zu den Messehallen, dem Rathaus und der
       Elbphilharmonie stattfinden – also der sogenannten roten Sicherheitszone.
       Zur Demo am 8. Juli ruft die IL ebenfalls auf.
       
       Krawallpotenzial: „Von uns wird keine Eskalation ausgehen“, heißt es im
       Aktionskonsens zu BlockG20. Bei ihrer eigenen Aktion gehe es vor allem
       darum, möglichst vielen Menschen das Mitmachen zu ermöglichen, schreibt die
       IL an anderer Stelle. Sie betont allerdings auch, sich nicht von anderen
       Aktionen zu distanzieren. Wie das auf Hamburgs Straßen praktisch aussieht,
       wird sich zeigen.
       
       ***
       
       ## Ums Ganze
       
       Organisation: Postautonom und doch auch ein bisschen militant: Das
       überregionale linksradikale und kommunistische Bündnis umfasst zwölf
       Gruppen und war kurz nach seiner Gründung schon bei den Protesten gegen den
       G-8-Gipfel 2007 dabei. Die TheorieschülerInnen mit Hang zur Action eint,
       wie der Name schon sagt, eine radikale Staats- und Kapitalkritik.
       
       Aktionen: … ums Ganze! ruft für den Freitagmorgen zu „Massenaktionen gegen
       die Logistik des Kapitals“ auf, die am Hamburger Hafen stattfinden sollen.
       Auf den beiden Demos und bei den Aktionen am Freitagnachmittag in der roten
       Zone wollen sie ebenfalls vertreten sein.
       
       Krawallpotenzial: Irgendwo zwischen IL und Autonomen.
       
       ***
       
       ## Parteien
       
       Organisation: Auftreten werden vor allem Grüne und Linkspartei. Während
       Erstere gefühlt so weit von Kämpfen und sozialer Bewegung entfernt sind wie
       Hamburg vom Nordpol und sich in der rot-grünen Hansestadt auch noch in der
       Rolle des G-20-Gastgebers wiederfinden, mischt die Linkspartei in der einen
       oder anderen Form (Bundespartei, Landesverbände, Jugend) bei fast allen
       Protestaktionen mit.
       
       Aktionen: Die Linkspartei ist beim „Dreiklang“ vertreten, der aus dem
       Gegengipfel am 5. und 6. Juli, verschiedenen Aktionen zivilen Ungehorsams
       und der Demo am 8. Juli besteht. Deren Anmelder ist der
       Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken. SPD und Grüne, beide
       Hamburg-Gastgeber, suchen ihren Platz im moderaten Demofeld. Beide wollen
       bei der „Protestwelle“ am 2. Juli vertreten sein. Die SPD ruft ihre
       Mitglieder am 8. Juli zusätzlich zu einer Konkurrenzveranstaltung unter dem
       Motto: „Hamburg zeigt Haltung“ auf, die für eine „offene Gesellschaft und
       gleiche Rechte von Männern und Frauen“ eintreten will.
       
       Krawallpotenzial: Kommt darauf an. Bei den Aktionen am 2. Juli dürften vor
       allem bunte Luftballons die Bilder dominieren, auch „Hamburg zeigt Haltung“
       will eine „bunte Welt“. Der Verlauf der großen Demo am 8. Juli allerdings
       ist ungewiss und wohl auch abhängig davon, wie die ersten Protesttage
       ablaufen.
       
       ***
       
       ## Kurdische Bewegung
       
       Organisation: Kurdische Organisationen gibt es in Deutschland schon lange.
       Aber seit sich die Situation in der Türkei immer weiter zuspitzt, bekommt
       die kurdische Bewegung hier eine neue Dynamik. So nahmen an einer Demo zum
       kurdischen Neujahrsfest (Newroz) im März in Frankfurt mehr als 30.000
       Menschen teil. Viele Gruppen sind im bundesweiten Dachverband Nav-Dem
       organisiert, wichtig ist auch die kurdische StudentInnenorganisation YXK.
       
       Aktionen: Nicht nur wegen des damit verbundenen Erdoğan-Besuchs wird auch
       in der kurdischen Community kräftig gegen den G-20-Gipfel mobilisiert. Auf
       der Großdemo am Samstag bilden die KurdInnen einen eigenen Block, der einen
       nicht unerheblichen Teil der TeilnehmerInnen ausmachen dürfte.
       
       Krawallpotenzial: Wahrscheinlicher als Randale ist, dass die in Deutschland
       verbotenen Symbole kurdischer Parteien und Organisationen in Hamburg zu
       sehen sein werden.
       
       28 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
 (DIR) Patricia Hecht
       
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