# taz.de -- taz-Sommerfest in Grimma: Ein magischer Ort zum Feiern
       
       > 500 Besucher*innen feiern auf dem taz-Sommerfest in der Alten
       > Spitzenfabrik in Grimma – eine Gelegenheit für kontroverse Diskussionen.
       
 (IMG) Bild: Siesta mit der taz – anderswo wird auf dem Gelände der Alten Spitzenfabrik derweil Fußball gespielt
       
       Grimma taz | Tief in der Nacht weht Gelächter über die abgemähten Wiesen.
       Wo sind die Heringe? Warum steht das Zelt nicht? Hat jemand eine zweite
       Isomatte? Es sind die warmen, sehr dunklen Stunden nach dem ersten
       taz-Sommerfest in Grimma, einer Kleinstadt südöstlich von Leipzig. In der
       Alten Spitzenfabrik, einem Hotspot alternativer, antirechter Kultur am Ufer
       der Mulde, hatten Tobias Burdukat, seine Freund*innen und das Leipziger
       Stadtmagazin kreuzer mit dem taz.meinland-Team gemeinsam das Event
       vorbereitet.
       
       Rings um die Alte Spitzenfabrik, die an eine unbewohnte Industrieruine aus
       dem 19. Jahrhundert erinnert, trug Janine Schweiger, Erzählerin aus Berlin,
       in einer traumhaften Polsterlandschaft Märchen vor. Ein veganer Backshop
       brachte den letzten Skeptikerinnen die Kunst des tierstofffreien
       Zitronenkuchens nahe. Es gab ein Improtheater und viel Musik von
       Nachwuchsbands aus der Region. Auf dem Spielplatz übten sich sehr viele in
       der Kunst des Hula-Hoop-Tanzes. Kinder tollten herum. Eine aus Syrien
       stammende Flüchtlingsfamilie vermeldete sehr bald, dass alle ihre
       vegetarisch-frischen Delikatessen verspeist waren.
       
       Andrea Kaden und Mareike Barmeyer, die taz.sommerfestival-Leiterinnen,
       zeigten, wie zufrieden sie waren: Er hatte diese gewisse freakige
       Atmosphäre, ohne ins Unverbindliche abzurutschen. Die friedlichste Szene
       war vielleicht diese: George Townsend gongelte auf einem indisch
       anmutenden, tatsächlich aber sehr schweizerischen Schlaginstrument und
       gleich nebenan spielten etwa 30 junge Männer auf stoppeligem Rasen Fußball.
       Bunt gemischt bolzten Spieler aus Grimma, vom taz.meinland-Team und einige
       Teilnehmer des Afrikaworkshops der taz Panter Stiftung. So, darf man mal
       idyllisieren, möchte die Welt überhaupt sein – sympathisch und nett.
       
       Grimma mit seinem alternativen Projekt war natürlich ein guter Ort, um der
       taz einen sommerfestlichen Rahmen zu geben. Es ist eine Städtchen mit
       28.000 Einwohnern mitten in Sachsen, sehr schmuck an der Mulde gelegen, dem
       Fluss, der 2002 und 2013 gewaltig über die Ufer trat. So gut wie alles ist
       proper restauriert. Doch es ist eben auch jenes Bundesland, dem wohl nicht
       zu Unrecht der Ruf anhängt, es mit Neonazis eher nachsichtig zu halten, mit
       Antifa-Linken jedoch nicht.
       
       ## taz-Panter-Preis und „Goldene Henne“
       
       In Grimma, so entgegnet Grimmas parteiloser Oberbürgermeister Matthias
       Berger, ist man nazifrei. Und das ist gewiss auch Tobias Burdukat und
       seinen Leuten zu danken, die den Rechtspopulisten und ihren militanten
       Freund*innen nicht das Feld überlassen. Burdukat ist hier eine Größe. Er
       wurde 2016 nicht nur mit dem taz Panter Preis geehrt, sondern danach auch
       mit der „Goldenen Henne“, dem boulevardesken, aber nicht minder wichtigen
       Medienpreis von MDR, RBB und der Zeitschrift Supper-Illu. Der Parteilose
       ist Stadtrat, Kreisrat, im Jugendhilfeausschuss, in der Arbeitsgruppe
       Integrationskonzept, Mitglied des Kreisbehindertenbeirats – die Aufzählung
       ließ sich mühelos fortsetzen, und als Bassist spielt er außerdem in
       verschiedenen Bands.
       
       Der 49-jährige Matthias Berger und auch Henry Graichen, Landrat des
       Landkreises Leipzig mit CDU-Parteibuch, machten schon zur Eröffnung des
       Sommerfestes deutlich, wie sehr es sie stolz macht, die Initiativen in der
       Alten Spitzenfabrik am Leben zu wissen. Ihre Art, wie sie Tobias Burdukat
       und die andere Mitmacher*innen begrüßten, deutete auf gern gehaltene
       Bekanntschaft hin. Wie hieß es doch am ersten der drei Runden Tische? „Wir
       sind hier nicht in der Großstadt, hier kennen sich alle, und alle müssen
       miteinander auskommen.“
       
       An den Runden Tischen war denn auch ein Gutteil der Grimmaer Politprominenz
       versammelt. „Nazifrei. Wie geht das?“ hieß die eine Runde unter den
       Sonnensegeln. „Was bedeutet meinland?“ die andere. Letztere wurde
       kurzerhand umgebürstet in einen Talk darüber, dass man in Grimma sehr wohl
       darauf achtet, Rechten keine Privilegien einzuräumen.
       
       ## Wie mit der AfD vor Ort umgehen?
       
       Kerstin Köditz, Antifa-Sprecherin der Linken in Grimma und Umgebung, sagte:
       Das sei ihr zu allgemein. Wie macht man es im Alltag, wenn ein Arzt bekannt
       ist als einer, der der AfD zuneigt? Muss man darauf hoffen, dass er bald in
       Ruhestand geht? Wie problematisch ist es, dass der Inhaber eines
       Kinderkletterparadieses als AfD-Mann und rechter Vogel bekannt ist?
       
       Haben andererseits nicht auch diese politischen Haltungen Raum in einer
       demokratischen Gesellschaft, solange diese Personen weder ihre Patienten
       politisch malträtieren noch die ihnen möglicherweise missliebigen Kinder
       vom Klettern ausschließen? Das Publikum war und blieb sich uneins. Gut so!
       
       Nicht weniger interessant war der Runde Tisch „Sachsentalk mit
       Turboturkoidengetränk“ – ein Gespräch mit den Kolleg*innen des
       preisgekrönten Projekts taz.gazete, einem Webportal auf Türkisch und
       Deutsch, das die Meinungsvielfalt zu Türkei-bezogenen Themen stärkt und den
       Dialog mit Journalist*innen in der Türkei aufrecht erhält.
       
       ## Likör und Honigmelonen
       
       Fatma Aydemir, Canset Icpinar, Ebru Tasdemir und Ali Celikkan redeten und
       tranken mit dem Publikum, ergänzt unter anderem durch Sebastian Martin, den
       Bürgermeister von Crottendorf, der Liköre aus dem Erzgebirge beisteuerte.
       Die Honigmelonenstücke mögen für taz.meinland-Moderator Volkan Agar eine
       karge Beilage gewesen sein Fazit bleibt positiv: „Wir müssen viel öfter
       miteinander über unsere Sachen reden. Das tut doch allen gut.“
       
       So ging es weiter, so chillte es aus, unterfüttert vom georgischen DJ Ione
       Arabuli: ziemlich trancig und elektro. 500 Besucher*innen waren es vom
       Mittag bis zum späten Abend insgesamt. Ein Anfang. Wir kommen. Grimma ist
       ja eine gute Adresse, allein schon, weil viele der aufrechten Demokraten
       nicht allein gelassen werden dürfen.
       
       Eine Frage blieb: Würde es ein linkes Sommerfest sein, das die Rechten
       nicht bedrohen, nicht aufmischen? Ja, war es. Dass Chaos nur aufkam, als
       sich die Frage um den akkuraten Zeltaufbau drehte, war vielleicht der
       heiterste Moment.
       
       Fotos und alle weiteren Nachberichte auf [1][taz.de/meinland]
       
       26 Jun 2017
       
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