# taz.de -- Kämpfe im Süden der Philippinen: „Wir haben alles verloren“
       
       > Seit einem Monat kämpfen die Armee und hunderte bewaffneter Islamisten
       > erbittert um die Großstadt Marawi. Tausende Flüchtlinge sitzen fest.
       
 (IMG) Bild: Straßenszene mit Panzer aus der seit einem Monat umkämpften Großstadt Marawi
       
       Peking taz | Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte ist zurück und
       markiert gleich den harten Krieger. Fünf Tage lang war der 72-Jährige
       letzte Woche abgetaucht, ob wegen Krankheit oder in „geheimer Mission“, wie
       er selbst sagt, ist unklar.
       
       Wütend kündigte Duterte jetzt die flächendeckende Bombardierung der Stadt
       Marawi auf der südlichen Insel Mindanao an, wo sich die Armee und der
       Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nahestehende Rebellen seit einem Monat
       erbitterte Gefechte liefern.
       
       „Ich werde nicht länger das Leben meiner Soldaten riskieren. Wenn es sein
       muss, mache ich die ganze Stadt platt. Dafür übernehme ich die volle
       Verantwortung“, polterte der Staatschef.
       
       Die Verantwortung für den monatelangen Kampf, der inzwischen nach
       offiziellen Angaben mehr als 380 Tote gefordert und etwa 330.000 Anwohner
       zu Flüchtlingen gemacht hat, trägt Duterte als oberster Befehlshaber des
       Landes ohnehin. Denn eine fehlgeschlagene Militäroperation am 23. Mai, bei
       der Isnilon Hapilon, der Führer der Terrortruppe Abu Sayyaf, verhaftet
       werden sollte, schlug fehl.
       
       Während Hapilon entkam, griffen mehrere hundert Rebellen zu den Waffen. Sie
       werden der Abu-Sayyaf-Gruppe, die seit Jahren im Süden der Philippinen
       durch Entführungen Geld erpresst hat, sowie dem lokalen Maute-Clan, deren
       Anhänger sich letztes Jahr zum IS bekannt haben, zugerechnet.
       
       ## Mühsamer Kampf des Militärs
       
       Trotz der Verhängung des Kriegsrechts über Mindanao und der zahlenmäßigen
       Überlegenheit gelang es dem Militär bisher nicht, Marawi zu befreien. „Die
       Terroristen sind unglaublich gut bewaffnet und haben viele Scharfschützen“,
       räumt Brigadegeneral Ramiro Manuel Rey ein. Auch sei noch kein Abu-Sayyaf-
       oder Maute-Anführer gefasst worden.
       
       Stattdessen griffen Rebellen der radikalen Splittergruppe Bangsamoro
       Islamic Freedom Fighters (BIFF) am Mittwochabend unweit von Marawi einen
       Militärposten an. Die Attacke konnte aber abgewehrt werden.
       
       Das Desaster in Marawi und der jüngste Vorstoß der BIFF-Rebellen ist nur
       die Spitze des Eisbergs: Seit Jahren warnen Experten davor, dass sich der
       IS im Süden des philippinischen Archipels sowie in den Nachbarländern
       Indonesien und Malaysia eine Hochburg in Südostasien schaffen könnte.
       
       ## US-Minister spricht von „wachsender Bedrohung“
       
       US-Verteidigungsminister Jim Mattis hat die Nachbarstaaten der Philippinen
       diese Woche aufgefordert, gemeinsam zu handeln, „um diese wachsende
       Bedrohung zu stoppen“.
       
       Die USA spielen vor Ort nur noch eine kleine Rolle, nachdem Präsident
       Duterte den engen Verbündeten seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr
       abserviert und sich bei China angebiedert hat.
       
       Immerhin haben die Philippinen, Indonesien und Malaysia am Montag mit
       koordinierten maritimen Patrouillen begonnen, um ein Einsickern aus dem
       Irak und Syrien abziehender IS-Kämpfer auf dem Seeweg zu verhindern.
       
       In den Evakuierungszentren rund um Marawi interessiert die geopolitische
       Dramatik wenig. Traumatisiert sitzen Tausende bei tropischer Hitze in
       überfüllten Zelten.
       
       ## „Wo sollen wir denn jetzt hin?“
       
       „Wir haben alles verloren. In unserem Haus hatten sich Maute-Kämpfer
       verschanzt, das ist komplett zerschossen worden. Wo sollen wir denn jetzt
       hin, wo sollen meine Kinder zur Schule gehen?“, fragt eine junge Muslimin
       weinend im örtlichen Fernsehen.
       
       Ein älterer Mann schimpft hingegen: „Das haben die in Manila verschuldet,
       die haben uns alle auf dem Gewissen!“ Duterte bot den Flüchtlingen bei
       seinem jüngsten Besuch eine Entschuldigung, Zeltstädte und das Versprechen
       an, die Stadt wieder aufzubauen. Aber dafür müsste Marawi erst einmal
       befreit werden.
       
       23 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hilja Müller
       
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