# taz.de -- Berliner CDU im Umfrage-Hoch: Alles Evers oder was?
       
       > Gleich zwei Umfragen sehen die Union erstmals seit 2014 vorn. Das scheint
       > die Partei aber mehr der Schwäche der SPD zu verdanken, auch wenn sich
       > ihr Generalsekretär müht
       
 (IMG) Bild: Berlins CDU-Generalsekretär Stefan Evers neben dem Urvater seiner Partei, Konrad Adenauer
       
       Merkel-Bonus, SPD-Schwäche? Oder doch die Folge des CDU-Führungswechsels
       vom unbeliebten Frank Henkel zu Monika Grütters und ihrem Generalsekretär
       Stefan Evers? Vielfach sind die Erklärungsversuche für einen unerwarteten
       Höhenflug der Berliner CDU in diesen Tagen. Erstmals seit fast drei Jahren
       liegen die Christdemokraten in einer Umfrage des Instituts Forsa mit 23
       Prozent vor der SPD mit 22 und sind stärkste Kraft. Vergangene Woche sahen
       schon die Meinungsforscher von Infratest dimap die CDU vorne, sogar mit 24
       zu 22 Prozent.
       
       Grütters und Evers hatten schon vor fast genau einem halben Jahr die Spitze
       der Berliner Christdemokraten übernommen, starteten aber unter
       ungünstigsten Umständen: Evers fiel im ersten Wahlgang durch, im zweiten
       Anlauf hätte keine einzige Stimme fehlen dürfen oder seine Wahl wäre erneut
       gescheitert. Parteifreunde nahmen es Grütters offenbar übel, dass sie nicht
       am bei der CDU beliebten vormaligen Generalsekretär Kai Wegner festhielt.
       
       Evers versuchte in den folgenden Monaten, sich mit schnellen
       Pressemitteilungen und direkten SMS an Journalisten ins Gespräch zu
       bringen. Vor wenigen Tagen sorgte er bei Abgeordneten und Kommentatoren für
       Empörung, als er nach Angriffen auf Polizisten in der Rigaer Straße die
       Angreifer „widerwärtiges Gesindel“ und „Linksfaschisten“ nannte“, die man
       „ausräuchern“ müsste. Das hinterließ den Eindruck, Evers wolle sich an jene
       Wählerklientel heranwanzen, die seine Partei an die AfD verloren hat. „Er
       bedient sich des AfD-Jargons – das ist einem CDU-Generalsekretär nicht
       angemessen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek der taz. Die jüngste
       Umfrage allerdings kann das nicht beeinflusst haben: Die Befragung war vor
       der umstrittenen Äußerung abgeschlossen.
       
       Kapek kennt Evers besser als andere, weil beide seit Jahren die führenden
       Stadtentwicklungsexperten ihrer Fraktionen sind. Sie erklärt sich sein
       Verhalten damit, dass er in seiner neuen Rolle als Generalsekretär
       überfordert sei und auf Druck seiner Partei besonders drastisch vorgehe, um
       nicht als zu weich zu gelten – sein Vorgänger Wegner galt stets als Mann
       des klaren Worts und auf Attacke eingestellt.
       
       Für Kapek hat die Berliner CDU die Umfragegewinne nicht eigener Arbeit zu
       verdanken, sondern allein der Beliebtheit von Kanzlerin Angela Merkel und
       den CDU-Wahlerfolgen im Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. „Im
       Abgeordnetenhaus hat die CDU noch gar nicht in ihre Oppositionsrolle
       reingefunden“, meint die Grüne, „da hat sie es ja noch nicht mal geschafft,
       sich beim Thema Amri an die Spitze zu setzen.“
       
       Evers selbst widerspricht dem Vorwurf, er habe auf AfD-Klientel gezielt. Er
       sieht seine auf Facebook verbreitete Äußerung als Ausdruck spontaner
       Empörung über den Angriff auf die Polizisten – „da kann es passieren, dass
       einem der Kragen platzt“, sagte er am Mittwoch der taz. Seine Wortwahl sei
       drastisch, aber zutiefst emotional gewesen. „Ich ärgere mich bloß, dass
       einige die Wortwahl erfolgreich nutzen konnten, um vom eigentlichen Vorfall
       abzulenken, dem Angriff auf die Polizisten.“
       
       Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz, der Evers nicht nur wie Kapek wegen
       des gemeinsamen Themas Stadtentwicklung seit Jahren kennt, sondern auch
       fünf Jahre lang mit ihm in der rot-schwarzen Koalition zusammenarbeitete,
       kann spontane Empörung als Erklärung nicht nachvollziehen: „Bei Herrn Evers
       passiert nichts aus Versehen, das war kein ungewollter Ausrutscher.“ Anders
       als Kapek hat er Evers aber nicht als stets gemäßigten Kollegen in
       Erinnerung, der Gefahr liefe, als zu weich zu gelten. Rüde, teils
       verletzende Kritik habe es von Evers auch unter Rot-Schwarz gegeben.
       
       31 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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