# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       > Erdoğan scheitert auch mal, Macron hat immerhin Recht und Horst Mahler
       > ist bedauerlicherweise noch auf freiem „Fuß“.
       
 (IMG) Bild: Vielleicht wird Horst Mahler bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch den Blitzermarathon gestoppt
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Die FDP (blau-magenta) und die Grünen
       (grün-magenta) gegen die SPD (blau-rot) und die AfD (blau-rot). Die
       langweiligsten Plakate von der CDU, Orangenbrei.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Orangenbrei rules, Farbpsychologen müssen umdenken.
       
       Deutschland diskutiert das Ergebnis des Türkeireferendums. Vor allem über
       die Rolle der Deutschtürken: Viele von ihnen haben mit „Ja“ gestimmt. Ein
       Zeichen gescheiterter Integration? 
       
       Dann gäbe es nichts zu diskutieren. Dann wären sie heim ins Osmanische
       Reich, mehr manisch als os, und in Deutschland triumphierten die Rassisten.
       Erdoğan hat das Gegenteil erreicht. Ganz offenbar ist es eine überfällige
       Debatte. Die deutsche Wirtschaft hat sich billige Hände geholt, der Staat
       meinungslose Kuscher, und was an Integration gelang, geht auf ein paar
       engagierte Visionäre und die Vernunft in den preiswerten Mietgegenden und
       an den schlecht bezahlten Arbeitsplätzen. Erdoğan war erfolgreich, das tief
       verletzte Selbstwertgefühl türkischstämmiger Deutscher zu triggern.
       
       Doch er ist auch gänzlich damit gescheitert, Gewalt zu schüren: „… kein
       Europäer … wird … sicher und beruhigt einen Schritt auf die Straße setzen
       können.“ Ja, Bullshit. Biodeutsche Rechte müssten einen hardcore
       Identitären wie Erdoğan toll finden, türkdeutsche Demokraten den türkischen
       Pass zurückgeben: Es ist ein Emanzipationsschub und eine Klärung. Well
       done.
       
       Der französische Präsidentschaftskandidat Macron kritisiert, dass
       Deutschland mit seinen hohen Handelsüberschüssen der Eurozone schade. Was
       ist da dran? 
       
       Viel. Wer viel ins Ausland verkaufen will, muss sich drum scheren, dass das
       Ausland auch Geld hat. Bisher schauten die Deutschen zu, wenn die Nachbarn
       sich verschuldeten, um bei uns einzukaufen. Immerhin kündigt Macron auch
       für Frankreich „strukturelle Reformen“ an, genaueres nach der Wahl, wenn er
       bei Pappe ist.
       
       Frauke Petry verzichtet auf die AfD-Spitzenkandidatur und gibt sich als
       Gegnerin des braunen Flügels. Sollten wir sie mit offenen Armen
       reintegrieren? 
       
       Schon sexy, wie Petry mit der Forderung, eine inhaltliche Debatte zu
       führen, aus dem Kölner Parteitag eine reine Petry-Personality-Show gemacht
       hat. Ihr Programm bewarb sie als kürzeren Weg zu Macht und Einfluss gegen
       „das, was Merkel und Schulz nach zehn Jahren von Deutschland überlassen.“
       Wo ist da der Unterschied zwischen Petry und „braun“? Mit Gauland geht aus
       dem Gemetzel ein Sieger hervor, der sich „40 Jahre keine Schnitte gegen
       Merkel“ auf sein CDU-Parteibuch tätowieren lassen kann. Die AfD als älteste
       Altpartei, Handwerk besiegt Naivität, die alten Säcke machen die
       übereifrige Frau nieder – alles beim rechten in der AfD.
       
       Für die AfD läuft es allgemein gerade nicht so gut – hat sie mit dem Kölner
       Parteitag das Ruder rumgerissen? 
       
       Petry war der ideale Kissenbezug für den bemosten Moder, den sie nach außen
       allein vertreten wollte. Sie pokert nun auf fallende Umfragewerte und ein
       reumütiges Mayday ihrer Partei. Bei der Bundestagswahl wäre sie
       aussichtsreicher als das Rudel Gehhilfen-Gehilfen um sie herum.
       
       Endlich wieder Blitzermarathon! Einen Tag lang hat die Polizei gezielt
       Raser im Visier. Sinnvolle Maßnahme oder Verschwendung von Steuergeldern? 
       
       NRW hat ausgesetzt, offiziell weil alle Polizisten auf Köln aufpassen
       mussten. Inoffiziell mag auch Innenminister Jäger dämmern, dass sich
       Knöllchen im Briefkasten mit Wahlbenachrichtigungen zu ganz unzüchtiger
       Brut paaren könnten.
       
       Der 81-jährige Holocaustleugner Horst Mahler kann nach einer
       Haftaufforderung wohl unerkannt aus Deutschland fliehen. Darf sich die
       Dorf-Antifa jetzt wichtig fühlen, weil sie immerhin konsequenter vom
       Verfassungsschutz beobachtet wird? 
       
       Zunächst geht der Literaturpreis für Einarmige Banditen an das Göttinger
       Tageblatt für den gekonnten Satz „Mahler befand sich seit einer schweren
       Sepsis und der Amputation des linken Unterschenkels auf freiem Fuß.“ Dann
       mag man fragen, wie ein 81-jähriger Beinamputierter, dem vor Jahren der
       Pass entzogen wurde, unbemerkt das Land verlassen kann. Und schließlich
       kann man diesem verpfuschten Leben eines Hochbegabten in seiner Tragik nur
       stets das wünschen, was er hasst: den Rechtsstaat.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Uli Hoeneß nur noch auf Platz zwei der kriminellsten Börsenzocker ever. Die
       Belegschaft zu ermorden, um am Kurssturz zu verdienen – diese Allegorie
       wäre einem von Freunden der freien Marktwirtschaft übelst angekreidet
       worden.
       
       23 Apr 2017
       
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