# taz.de -- Debatte US-Luftangriff in Syrien: Nie wieder?
       
       > Es ist verführerisch, jetzt zu denken: „Endlich.“ Denn die Intervention
       > in Syrien ist richtig. Aber der Handelnde ist der falsche. Wo bleibt
       > Europa?
       
 (IMG) Bild: Särge für die Opfer des Angriffs
       
       „Ein guter Plan heute ist besser als ein perfekter Plan morgen“:
       US-Präsident Donald Trump hat am Freitag nach diesem Motto von General
       Patton (1885–1945) gehandelt. Um 4.40 Uhr syrischer Zeit befahl Trump den
       [1][Abschuss von 59 Tomahawkraketen auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt]
       Schairat. Trump ließ sich dabei auch von einem zweiten Motto des Generals
       leiten: „Lähmung durch Analyse“ zu vermeiden.
       
       Ein Militärschlag unter Trump-Regie kann nicht richtig sein. Schon der
       Versuch, Trumps Motive und mögliche weitere Handlungen analysieren zu
       wollen, muss scheitern. Sein politisches Interesse ist determiniert durch
       den jeweiligen Gesprächspartner oder das aktuelle Fernsehprogramm. Seine
       Überzeugungen liegen sicher verwahrt auf Bankkonten und in
       Immobilienportfolios. Nur weil er gestern mit den sterbenden syrischen
       Babys litt, heißt das nicht, dass er nicht morgen den syrischen Herrscher
       Assad als großartigen Strategen bezeichnen könnte. Das Weiße Haus hat
       keinen Plan. [2][Eine grundsätzliche Wende im Syrienkrieg zum Guten ist
       deshalb fraglich.]
       
       Wer Trumps Willen nicht folgt, ist schnell entfernt. In diesen Tagen jedoch
       scheiterte sein Gesundheitskonzept an den Republikanern. Es war eine für
       den US-Präsidenten beschämende Niederlage. Gerade hat er seinen engsten
       Berater Stephen Bannon aus dem Nationalen Sicherheitsrat abgezogen. [3][Der
       Muslimbann ist vorerst gescheitert]. Die Russlandkontakte seines Teams
       bergen Explosionsgefahr in sich. Warum sollte es überraschen, dass Trump
       nun einer anderen Herrschaftsdevise folgt: Wenn es innenpolitisch eng wird,
       dann versammele das Volk um die Fahne?
       
       In dem Hollywoodfilm „Wag the Dog“ (Wenn der Schwanz mit dem Hund wackelt,
       1997) setzt Robert De Niro als Washingtoner Berater einen angeblichen Krieg
       in Albanien mit der Kamera in Szene, um von einem Sexskandal des
       Präsidenten abzulenken. „Ein guter Plan heute“, wirbt Bean darin für seine
       Strategie, „ist besser als ein perfekter Plan morgen.“ Den Schurken Assad
       anzugreifen nutzt Donald Trump als Befreiungsschlag.
       
       ## Es fehlt eine Strategie
       
       Doch die internationale Gemeinschaft ist tatsächlich gelähmt. Der
       UN-Sicherheitsrat hat den Umstand in der gerade vergangenen Woche
       demonstriert. Es ist richtig, dass der Giftgasangriff erst untersucht
       werden muss, bevor man einigermaßen sicher sein kann, dass das Giftgas
       tatsächlich aus den Bombenarsenalen von Assad kam. Aber selbst besonnene
       Skeptiker in Deutschland wie der Linkspartei-Politiker Jan van Aken
       sprechen der russisch-syrischen Version vom Bombardement eines
       Giftgasarsenals der syrischen Rebellen eher den Charakter alternativer
       Fakten zu. Und all das ändert nichts daran: Das Morden und die
       Kriegsverbrechen Assads werden höflich an stilvollen Tischen in Wien
       verhandelt. Fortsetzung folgt. Das Bündnis aus Russland, Iran und China
       pflegt seine Strategie, die Türkei verfolgt die ihre, die anderen
       arabischen Staaten richten im erstarrten Status quo wenig aus.
       
       Eine militärische Intervention in Syrien birgt hohe Risiken, das ist das
       Mantra. Aber haben nicht die vergangenen fünf Jahre gezeigt, welche Risiken
       im Nichteingreifen stecken? Hat sich Russland aus dem Konflikt
       herausgehalten? Ist den gemäßigten Oppositionellen die Ausräucherung in
       ihren Quartieren erspart geblieben? Gerade die deutsche Linke stellt sich
       spätestens seit dem Krieg in Bosnien immer wieder dieselbe Frage: Was folgt
       eigentlich aus unserem entschiedenen „Nie wieder“? Was bedeutet das bei
       Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien? Wenn gar nichts folgt, ist
       es nichts wert.
       
       Die Auswirkungen von US-Interventionen in der Region waren am Irakkrieg zu
       studieren. Wenn jemand handeln kann, dann ein entschlossenes Europa. Diese
       Kraft – militärisch, politisch und ökonomisch – hätte längst aufgebaut
       werden müssen. In Zeiten von Donald Trump an der Spitze der stärksten
       Weltmacht noch viel entschiedener. Das wäre besser, als ihm billigen
       Beifall zu zollen.
       
       7 Apr 2017
       
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 (DIR) Barbara Junge
       
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