# taz.de -- Streit um AKP-Wahlkampf in Deutschland: Der Fake-Newsletter vom Bosporus
       
       > Der AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroğlu wirft der ARD eine
       > Desinformationskampagne vor. Dabei nimmt er es mit Fakten offenbar selbst
       > nicht so genau.
       
 (IMG) Bild: Der AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroğlu zu Gast in der Talkshow Maybrit Illner im ZDF
       
       Berlin taz | Zuletzt hat es Mustafa Yeneroğlu auf die ARD abgesehen. [1][In
       einer Pressemitteilung], auf Deutsch und auf Türkisch, machte der
       AKP-Abgeordnete dem Fernsehsender am Donnerstag Vorwürfe. Von Fake-News
       sprach er darin, von Propaganda und von einer Desinformationskampagne. All
       das, weil ihm ein Nachrichtenbeitrag über das türkische
       Verfassungsreferendum zu unausgewogen war.
       
       In [2][2 Minuten und 18 Sekunden] hatte die Tagesschau-Redaktion erklärt,
       was sich durch die neue Verfassung in der Türkei ändern würde.
       Entscheidende Details, so Yeneroğlu, habe die ARD aber weggelassen. Der
       Moderator behaupte etwa, der Präsident könne in Zukunft jederzeit das
       Parlament auflösen – er erwähne aber nicht, dass „mit der Ausrufung von
       Neuwahlen für das Parlament auch der Präsident neu gewählt wird“. Der
       Fernsehsender verbreite also „‚Fakenews‘ aus der untersten Schublade“.
       
       Ein kühner Vorwurf. Für einen Mann, der derzeit selbst unter
       Fakenewsverdacht steht, vielleicht sogar tollkühn.
       
       Mustafa Yeneroğlu ist Erdoğans Mann in Deutschland. Der Jurist, in
       Deutschland aufgewachsen, war jahrelang Funktionär der Islamischen
       Gemeinschaft Milli Görüş in Deutschland. Im Jahr 2015 ließ er sich dann für
       die Istanbuler AKP ins türkische Parlament wählen. Seitdem vertritt er in
       deutschen Medien regelmäßig die Positionen der Erdoğan-Partei, sei es als
       Talkshowgast, auf seiner Facebookseite mit über 40.000 Abonnenten oder per
       Pressemitteilung.
       
       ## Türkische Minister in Deutschland
       
       In einer davon hatte er schon am vergangenen Wochenende [3][heftige
       Vorwürfe erhoben]. Es ging um Auftritte türkischer Minister in Deutschland,
       die auf der Kippe standen oder ausfielen, weil Vermieter mehrerer
       Veranstaltungsorte abgesagt hatten. In der Pressemitteilung behauptete
       Yeneroğlu nun, im Kölner Vorort Frechen hätten „etwa 20 Polizisten“ einen
       Hallenbetreiber „mit der geplanten Veranstaltung für einen türkischen
       Minister konfrontiert und dazu bedrängt, den Mietvertrag einseitig zu
       kündigen“.
       
       Und mehr noch: Sogar eine für vergangenen Samstag geplante
       Schulungsveranstaltung in Köln habe die Polizei verhindert. „Dort sollten
       Wahlhelfer in einer nicht öffentlichen Veranstaltung bezüglich ihrer
       Aufgaben an den Wahlurnen für das anstehende Referendum geschult werden“,
       schrieb Yeneroğlu. Auch hier hätte ein Polizeiaufgebot den Vermieter und
       den Eigentümer „mit Sanktionsandrohungen dazu getrieben, den Saal nicht zur
       Verfügung zu stellen“.
       
       Doch zumindest von der Wahlhelferschulung wissen die Kölner Behörden
       nichts. Ein Sprecher der Polizei sagt: „In unserem Zuständigkeitsbereich
       ist uns eine solche Veranstaltung nicht bekannt.“ Die Beamten in Köln seien
       an besagtem Wochenende nicht gegen Schulungen der AKP oder anderer
       türkischer Veranstalter vorgegangen. Auch die türkische Botschaft
       bestätigte auf wiederholte Anfrage nicht, dass in Köln eine Veranstaltung
       für Wahlhelfer verhindert wurde.
       
       ## Betreiber verweist auf Mietvertrag
       
       Im Vorort Frechen dagegen musste tatsächlich eine Veranstaltung verlegt
       werden: Der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekçi wollte in einer
       Veranstaltungshalle sprechen. Der Betreiber der Räumlichkeiten sagte aber
       kurzfristig ab und verwies auf seinen Mietvertrag mit dem Eigentümer der
       Halle. Darin seien politische Veranstaltungen explizit verboten.
       
       Wurde dieser Schritt von einem Polizeiaufgebot erzwungen? Es seien Beamte
       vor Ort gewesen, sagt ein Sprecher der zuständigen Polizei des
       Rhein-Erft-Kreises. Diese hätten sich aber nur ein Lagebild gemacht. „Wir
       haben niemanden bedrängt und es waren mit Sicherheit keine 20 Polizisten
       dort“, sagt der Sprecher.
       
       Auch ein Anruf beim Hallenbetreiber ergibt kein anderes Bild. „Die Polizei
       hat uns nicht bedroht“, sagt ein Mitarbeiter. Man sei an die Klausel im
       Mietvertrag erinnert worden – von wem, das wird im Gespräch nicht ganz klar
       – und habe den Veranstaltern daraufhin abgesagt. Probleme habe es keine
       gegeben, beteuert der Mann, ansonsten will er das Thema auf sich beruhen
       lassen. Nur eines noch: Er hoffe, dass sich die Beziehungen zwischen
       Deutschland und der Türkei schnell wieder verbessern.
       
       Bleiben also unterm Strich: zahlreiche Widersprüche gegen die Behauptung
       des AKP-Abgeordneten Yeneroğlu und kein einziger Beleg dafür. Vier Mal hat
       die taz den Politiker seit vergangenem Samstag um Details, Zeugen und
       Beweise gebeten. Bis Freitagnachmittag blieben sämtliche Anfragen ohne
       Antwort.
       
       10 Mar 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.mustafayeneroglu.com/ard-desinformiert-uber-turkische-verfassungsreform-mit-fake-news/
 (DIR) [2] http://www.tagesschau.de/multimedia/kurzerklaert/erdogan-praesidialsystem-101.html
 (DIR) [3] http://www.mustafayeneroglu.com/informationsveranstaltungen-der-ak-partei-werden-inzwischen-systematisch-unterbunden/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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