# taz.de -- Demo von Rechten am Samstag in Berlin: Sie marschieren wieder gegen Merkel
       
       > Unter dem Motto „Merkel muss weg“ wollen am Samstag erneut hunderte
       > Rechtsextreme durch die Innenstadt ziehen. Linke wollen das verhindern.
       
 (IMG) Bild: „Merkel muss weg“-Demo von Rechten im Mai 2016 in Berlin
       
       Vor knapp einem Jahr begann es mit einem Paukenschlag: Mehr als 2.500
       Neonazis und Rechtspopulisten marschierten unter dem Motto
       „Merkel-muss-weg“ durch die Innenstadt, mit einer so hohen Teilnehmerzahl
       hatte im Vorfeld niemand gerechnet.
       
       Drei weitere dieser Demonstrationen folgten im letzten Jahr, dabei wurden
       es von Mal zu Mal weniger Teilnehmer, doch auch bei der letzten
       Veranstaltung im November kamen noch gut 500 Neonazis zusammen. Am Samstag
       steht nun die fünfte Ausgabe an, 1.000 Teilnehmer sind laut Polizei vom
       Veranstalter angemeldet. Bei Facebook haben mehrere tausend Menschen ihre
       Teilnahme angekündigt – erfahrungsgemäß ist diese Zahl bei den
       Demonstrationen aber stets höher als die reale Teilnehmerzahl.
       
       ## Mehr Teilnehmer erwartet
       
       Hinter den Aufmärschen steht der Rechtsextremist Enrico Stubbe, der bis
       Ende letzten Jahres im Bundesvorstand der Kleinstpartei Pro Deutschland
       saß, an den montäglichen Bärgida-Demos beteiligt ist und Verbindungen zum
       Spektrum der Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) hat. Dem in sozialen
       Netzwerken unter dem Label „Wir für Berlin – Wir für Deutschland“ sehr
       umtriebigen Marzahner gelang es zumindest bei der ersten Demonstration,
       über das übliche Neonazi-Spektrum hinaus zu mobilisieren.
       
       Das änderte sich später: Zwar waren auch auf den vergangenen
       Demonstrationen noch vereinzelt Lokalpolitiker der AfD zu sehen, zu einem
       großen Teil bestand das Publikum aber aus aggressiv auftretenden Neonazis.
       Viele von ihnen waren aus Brandenburg und teilweise auch aus anderen
       Bundesländern angereist.
       
       Für diesen Samstag geht die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR)
       davon aus, dass sich die Teilnehmerzahl wegen der langen Pause wieder
       erhöhen könnte – mit einer Zahl im oberen dreistelligen bis unteren
       vierstelligen Bereich müsse gerechnet werden.
       
       Bei der Liste der RednerInnen gibt es wenig Überraschungen: Erneut sprechen
       neben Stubbe unter anderem der Schweizer Rechtspopulist Ignaz Bearth, die
       in der rechten Szene als „Sachsenmädel“ bekannte Julia Schwarze sowie der
       Pegida-Aktivist Kay Hönicke, der auf Facebook zu der Bildung von
       „Kampfgruppen“ aufruft. Den Organisatoren sei es offenbar „nicht gelungen,
       in der Szene namhafte und überregional bedeutsame Redner_innen zu
       organisieren“, so die Einschätzung der MBR.
       
       Die Merkel-muss-weg-Demonstrationen sind Teil eines seit etwa 2014 zu
       beobachtenden Versuchs der rechtsextremen Szene, mit dem Thema
       Flüchtlingspolitik auch für das Spektrum der „besorgten Bürger“, die sich
       bislang nicht in Neonazistrukturen organisiert haben, anschlussfähig zu
       werden.
       
       Außerdem stellen sie den Versuch dar, verschiedene und zum Teil auch
       inhaltlich widersprüchliche rechtsextreme Strömungen unter ein gemeinsames
       Dach zu bringen. Unter der dehnbaren Selbstbezeichnung „Patrioten“
       versammeln sich hier klassische Neonazis, stramm rechte AfDler,
       antisemitische Verschwörungstheoretiker, gewaltorientierte rechte Hools und
       Reichsbürger.
       
       ## Aufruf zur Gegendemo
       
       Das Berliner Bündnis gegen Rechts ruft zu einer Gegendemonstration auf, die
       um 13 Uhr am Rosenthaler Platz beginnt und von dort zum Auftaktort der
       Neonazis am Washingtonplatz vor dem Hauptbahnhof führen soll. Das Bündnis
       aus verschiedenen Vereinen, Partei-Jugendorganisationen und
       antifaschistischen Gruppen gründete sich im letzten Jahr.
       
       Am Mittwoch gab das bisher parallel bestehende Bündnis Berlin Nazifrei
       bekannt, mit dem Berliner Bündnis gegen Rechts zu fusionieren – die
       Verwirrungen, die es im letzten Jahr zum Teil noch um die Gegenproteste
       gegeben hatte, dürften damit Geschichte sein.
       
       Auch die Grünen-Abgeordnete June Tomiak, Sprecherin ihrer Fraktion für
       Strategien gegen Rechtsextremismus, ruft zu den Gegenprotesten auf. In
       einer Anfrage an den Senat hat sie außerdem abgefragt, wie viele Straftaten
       im Rahmen der letzten drei Merkel-muss-weg-Demonstrationen begangen wurden.
       
       Das jetzt vorliegende Ergebnis: Fast 100 Delikte listet die
       Senatsverwaltung für Inneres für die letzten drei Veranstaltungen auf,
       darunter neben einer Reihe von Verstößen gegen das Versammlungsgesetz und
       anderen Delikten auch insgesamt neun Fälle von Körperverletzung und drei
       Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz. „Das zeigt, dass weder die
       Organisatoren noch die Demonstranten Interesse an einem friedlichen Protest
       haben“, kommentiert die Grünen-Abgeordnete das Ergebnis. Auch an diesem
       Samstag müsse deswegen erneut mit gewalttätigen Ausschreitungen gerechnet
       werden.
       
       Das Berliner Bündnis gegen Rechts übt derweil auch Kritik an Rot-Rot-Grün:
       „Anders als im Koalitionsvertrag versprochen, wurde auch vor diesem
       Aufmarsch die Route der Neonazis bis kurz vor knapp unter Verschluss
       gehalten – das erschwert zivilgesellschaftliche Gegenproteste erheblich“,
       sagt der Bündnissprecher Peter Smolinski. Die Polizei veröffentlichte die
       Demonstrationsroute erst am Donnerstag, auf Nachfrage gab sie an, dies habe
       mit dem späten Zeitpunkt des Anmeldergesprächs zu tun.
       
       4 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
       
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