# taz.de -- Kommentar türkisches Sexualstrafrecht: Frauenpower gegen Despoten
> Protest von Frauen in der Türkei hat den als Kinderehe getarnten
> Missbrauch von Minderjährigen gestoppt. Der Opposition sollte das
> Hoffnung geben.
(IMG) Bild: Erfolgreicher Protest: Die AKP-Regierung reagiert auf Widerspruch
Erfolge gegen Autokraten sind möglich. Offenbar haben vor allem Frauen das
Potenzial, patriarchalischen Despoten wie Jarosław Kaczyński oder Recep
Tayyip Erdoğan empfindliche Niederlagen beizubringen. So wie es in Polen
einer breiten Frauenbewegung gelungen ist, den katholischen
Fundamentalisten Kaczyński zu zwingen, sein Vorhaben eines absoluten
Abtreibungsverbots aufzugeben, muss nun Erdoğan darauf verzichten, den als
Kinderehe getarnten Missbrauch von Minderjährigen straffrei zu stellen.
Beide Beispiele zeigen, dass gesellschaftliche Rückschritte selbst unter
nahezu diktatorischen Bedingungen zu verhindern sind, wenn die Frauen in
einer Gesellschaft sich einig sind. Es ist ein kleiner Hoffnungsschimmer
für die Türkei, dass selbst muslimische Frauenverbände nicht bereit sind,
jede männliche Perversion unter dem Deckmantel des Islam zu entschuldigen.
Damit ist die weitere Islamisierung der Türkei noch nicht gestoppt und auch
Erdoğan nicht ins Wanken gebracht. Aber für viele, viele Türkinnen und
Türken, die seit der gnadenlosen Repression gegen jede noch so kleine
Kritik am Regime schon in völliger Depression zu versinken drohten, ist es
doch ein Hoffnungsschimmer. Vielleicht geht ja doch noch etwas – vor allem
im Hinblick auf die Präsidialvollmachten, die Erdoğan sich im kommenden
Jahr mit einer neuen Verfassung zulegen will.
Diese Verfassung muss per Referendum abgesegnet werden. Wenn Erdoğan damit
durchkommt, werden demokratische Entscheidungen in der Türkei für viele
Jahre nicht mehr stattfinden.
Bislang sah es so aus, als würde der Durchmarsch des Autokraten unter den
Bedingungen des Ausnahmezustands unmöglich zu verhindern sein. Die
depressive Stimmung großer Teile der Opposition hellt sich nun womöglich
wieder etwas auf. Wenn viele mitmachen, ändert sich vielleicht doch noch
etwas.
22 Nov 2016
## AUTOREN
(DIR) Jürgen Gottschlich
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