# taz.de -- Bundeswehr wirbt gezielt Jugendliche an: Militärpost an Minderjährige
       
       > Mehr als eine Million Jugendliche bekamen dieses Jahr
       > Informationsbroschüren der Bundeswehr. Das zeigt eine Anfrage der Grünen.
       
 (IMG) Bild: Jugendliche besichtigen das Cockpit eines Tornado-Kampfflugzeuges auf der Jugendmesse „You 2016“
       
       Berlin taz | Die Bundeswehr hat in diesem Jahr bereits mehr als eine
       Million Jugendliche in Deutschland zu Werbezwecken angeschrieben. Das geht
       aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des
       Bundestagsabgeordneten Özcan Mutlu (Grüne) hervor, die der taz vorliegt.
       
       Demnach verschickte das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr in
       Köln im laufenden Jahr „Informationsschreiben“ an 1.033.043 Personen, die
       nach Angaben der Meldebehörden im kommenden Jahr volljährig werden. Zum
       Zeitpunkt des Versandes können die Angeschriebenen also noch 16 Jahre alt
       sein.
       
       „Es ist skandalös, dass Minderjährige bundesweit gezielt angeworben werden.
       Das ist meines Erachtens ein unerlaubter Versuch von Einflussnahme“, sagte
       Mutlu der taz. Auch seine 16-jährige Tochter hat Post aus Köln bekommen. Im
       Anschreiben des Briefes wird sie aufgefordert, der Bundeswehr beizutreten.
       „Du weißt schon genau, wo du hinwillst? Dann steig doch ein als Soldatin
       oder Soldat auf Zeit! Hier qualifizierst du dich bestmöglich, um engagiert
       für unsere Gesellschaft und die Sicherheit einzutreten.“
       
       Dem Brief sind Schaubilder beigefügt, auf denen verschiedene
       Einsatzmöglichkeiten im Freiwilligen Wehrdienst (Heer, Luftwaffe, Marine,
       Sanitätsdienst, Streitkräftebasis) sowie die Monatsgehälter des
       gestaffelten „Wehrsolds“ aufgelistet sind. Wer mit der Grundausbildung
       anfängt, erhält 837,30 Euro ohne Zuschläge. Ab dem 19. Monat sind dann
       1.206,30 Euro und mehr drin. Weitere Vorzüge des Arbeitgebers: Zuschlag für
       Auslandsaufenthalte und besondere Vergütung zum Beispiel für
       Fallschirmspringer.
       
       Für Mutlu ist damit eine Grenze überschritten: „In dem Brief wird ganz klar
       Werbung für die Bundeswehr gemacht. Minderjährige Jugendliche unter 18
       Jahren sind aber schutzbedürftig.“
       
       In ihrer Antwort auf Mutlus Anfrage rechtfertigt die Bundesregierung den
       Versand mit der „erklärten Absicht des Gesetzgebers zur umfassenden
       Information“ und bezieht sich auf Paragraf 58c des Soldatengesetzes. Der
       erlaubt die Weitergabe personenbezogener Daten wie Name und Anschrift. Kein
       sehr stichhaltiges Argument, findet Mutlu. „Warum kommen dann nicht auch
       andere Bundesbehörden dieser Pflicht nach und verschicken
       Informationsbroschüren?“.
       
       ## Charmeoffensive der Bundeswehr
       
       Seit Aussetzung der Wehrpflicht 2011 ist die Bundeswehr unter Zugzwang.
       Deshalb halten Offiziere jedes Jahr Tausende Vorträge an Schulen,
       kooperieren mit Vereinen oder leiten Abenteuercamps auf Sardinien; deshalb
       schaltet die Bundeswehr Anzeigen in Tageszeitungen, plakatiert
       Bushaltestellen („Mach, was wirklich zählt“) und stellt neuerdings eigen
       produzierte Videos ins Netz.
       
       Die 8 Millionen Euro teure Reality-TV-Sendung „Die Rekruten“ über die
       Grundausbildung, die Anfang November auf You Tube startete, hatte nach zwei
       Wochen 200.000 Abonnenten. Nach eigenen Angaben stellt die Bundeswehr jedes
       Jahr 20.000 Personen neu ein. Wie viele davon durch die Werbung per Post
       geworben werden, und wie viele durch andere Kanäle, teilte das Personalamt
       der Bundeswehr bis Redaktionsschluss nicht mit.
       
       21 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Pauli
       
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