# taz.de -- Klimaschutzplan beschlossen: Gerupft, aber noch am Leben
       
       > Die Bundesregierung legt doch noch die 2050-Ziele fest. Dafür wurden der
       > Kohleausstieg und der Mindestpreis im Emissionshandel gestrichen.
       
 (IMG) Bild: Die Bundesumweltministerin muss nicht mit leeren Händen zur Klimakonferenz fahren
       
       Berlin taz | Nach langem Gezerre hat sich die Bundesregierung am Freitag
       doch noch auf einen „Klimaschutzplan 2050“ geeinigt. Demnach soll
       Deutschlands Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent und
       bis 2030 um bereits 55 Prozent sinken. Zudem legt die Regierung für 2030
       erstmals genau fest, welche Bereiche der Wirtschaft noch wie viel Klimagas
       ausstoßen dürfen.
       
       Im aktuellen Plan wird die Industrie etwas weniger belastet als in vorigen
       Entwürfen. Das Konzept soll schnell beschlossen werden, damit
       Bundesumweltministerin Barbara Hendricks es bei der UN-Klimakonferenz in
       Marrakesch nächste Woche vorstellen kann.
       
       Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte dem Plan einige Zähne
       gezogen. Das Papier war bereits letzte Woche von der Tagesordnung des
       Kabinetts genommen worden, Dienstagnacht war ein neuer Anlauf an Gabriels
       Veto gescheitert. Nun setzt Deutschland als erstes Land ein Versprechen der
       G-7-Staaten um: eine genaue Darstellung, wie die Wirtschaft bis 2050
       praktisch ohne Kohle, Öl und Gas auskommen will.
       
       Herzstück des Plans ist eine Tabelle mit einer klaren Verteilung der
       Aufgaben. Demnach soll gegenüber 1990 die Energiewirtschaft etwa 62 Prozent
       weniger CO2 ausstoßen, die Gebäude reduzieren die Emission um 67, der
       Verkehr soll 42, die Industrie 51 und die Landwirtschaft 34 Prozent
       einsparen. Wie die einzelnen Ressorts diese massiven Einsparungen erreichen
       wollen, müssen sie erst 2018, nach der nächsten Bundestagswahl, festlegen.
       Im selben Jahr soll auch geklärt werden, wo dabei Fortschritte gemacht
       werden und wo Nachhilfe nötig ist.
       
       ## Kohle bleibt im Spiel
       
       Gegenüber vorigen Entwürfen wurde dieser „Klimaschutzplan 2050“ in vielen
       Bereichen entschärft: Er sieht nicht mehr das Ende von Kohlekraftwerken und
       Tagebauen vor, sondern nur die „schrittweise Verringerung der
       Kohleverstromung“. Er fordert nicht mehr einen Mindestpreis für den
       EU-Emissionshandel, sondern nur die „Stärkung der Preissignale“. Und er hat
       die geplante Kommission für den Kohleausstieg umbenannt in eine „Kommission
       Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung“, die Perspektiven für die
       Reviere entwickeln soll, bevor über das Ende der Braunkohle entschieden
       wird.
       
       Ohnehin betont der Bericht in vielen Passagen, wie wichtig eine Zukunft
       ohne Strukturbrüche für diese Gegenden sei. Auch diese Kommission soll erst
       2018, also nach der Wahl, zusammentreten. Und einer neuen Bundesregierung
       steht es frei, das Konzept zu übernehmen oder zu verwerfen.
       
       Umweltministerin Hendricks zeigte sich „froh und erleichtert“, dass
       Deutschland im Klimaschutz handlungsfähig bleibe. Gabriel meinte, es habe
       „sich gelohnt, in den letzten Tagen noch einmal intensiv
       zusammenzuarbeiten“. Für die Energiegewerkschaft IG-BCE bleibt der Plan
       eine „große Herausforderung“; es sei fraglich, ob er „in einem vernünftigen
       Verhältnis“ zu Deutschlands Anteil am Klimaschutz stehe.
       
       Von der Opposition kam Kritik: Die Grüne Annalena Baerbock nannte ihn einen
       „enttäuschenden inhaltsleeren Korpus“, der „nahezu keine Lösungen oder
       konkrete Maßnahmen“ zeige. Für Eva Bulling-Schroeter von der Linken hat die
       Regierung „eine große Chance für mehr Planungssicherheit, ökologische
       Modernisierung und sozial flankierten Strukturwandel“ verpasst.
       
       11 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Barbara Hendricks
 (DIR) Ökologischer Fußabdruck
 (DIR) CO2-Emissionen
 (DIR) Pariser Abkommen
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Sigmar Gabriel
 (DIR) Pariser Abkommen
 (DIR) CO2-Emissionen
 (DIR) Energiewende
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Klimaschutz ist kein Wachstumskiller: Weltmeister der Dekarbonisierung
       
       Klimaschutz und Wachstum sind entgegen landläufiger Meinung miteinander
       vereinbar. Großbritannien hat es vorgemacht.
       
 (DIR) Neustart beim Emissionishandel: Das EU-Parlament knickt ein
       
       Die EU reformiert den umstrittenen Emissionshandel. Umweltschützer
       kritisieren, dass die Industrie sich mit ihren Forderungen durchgesetzt
       hat.
       
 (DIR) Kohleausstieg in Europa: Ein Ende mit Schrecken
       
       Die EU rühmt sich ihrer Klimaziele. Wenn sie die ernst nimmt, gibt es nur
       eins, sagt eine neue Studie: Sofort raus aus der Kohle!
       
 (DIR) Neue Initiative auf Klimakonferenz: Hoffen auf das Marracash
       
       Reiche Länder greifen den Entwicklungsländern bei der Umsetzung ihrer
       Klimaziele unter die Arme. Die Idee kam aus Deutschland.
       
 (DIR) Klimakonferenz in Marrakesch: Berber und Aktivisten protestieren
       
       Am Rande der Konferenz in Marrakesch haben verschiedene Gruppen
       demonstriert. Aber es gibt auch eine gute Nachricht zum Weltklima.
       
 (DIR) Klimakonferenz in Marrakesch: Und dann kam der Dämpfer …
       
       Ein Thema beherrscht die erste Woche der UN-Verhandlungen zum Klima: das
       große Rätselraten über die künftige Position der USA.
       
 (DIR) Klimaschutzplan der Bundesregierung: Von der Kohle-Lobby gestoppt
       
       SPD-Chef Sigmar Gabriel blockiert in letzter Minute einen Erfolg von
       Umweltministerin Hendricks. Die steht mit leeren Händen da.
       
 (DIR) Klimaschutzplan 2050: Kapitalisten fürs Klima
       
       Firmen haben nichts gegen einen „Klimaschutzplan 2050“, um den die
       Ministerien gerade ringen. Wo sind die Anknüpfungspunkte?
       
 (DIR) Kabinettsbeschluss am Mittwoch möglich: Weniger CO2, mehr Elektroautos
       
       Kann Deutschland doch noch etwas vorlegen bei der Klimaschutzkonferenz in
       Marokko? Die Bundesregierung diskutiert über den „Klimaschutzplan 2050“.
       
 (DIR) Kommentar Deutschlands Klimaschutz: Wir machen hier Energiewende
       
       Kritiker bemängeln, Deutschlands Gezerre um den Klimaschutzplan sei
       schlecht für die Vorbildfunktion. Falsch. So läuft ernsthafte
       Umweltpolitik.