# taz.de -- Kommentar zu Lafontaines Facebook-Post: Oskars Rage
       
       > Es ist traurig. Oskar Lafontaine hat politisch oft Haltung bewiesen.
       > Jetzt hat er auf Facebook ausgeteilt, weil ihm ein Bericht in der taz
       > nicht passte.
       
 (IMG) Bild: Weitsichtig war das nicht: Oskar Lafontaine nennt die taz „neoliberale Kampfpresse“
       
       Der Mann, der einst die SPD begeisterte. Der Mann, der 1995 mit einer Rede
       den Mannheimer Parteitag entschied. Der Mann, der Kohl blockierte. Der
       Mann, der als Bundesminister gegen die Entfesselung der Finanzmärkte
       kämpfte, noch bevor irgendwer das Wort Bankenkrise kannte. Der Mann, dessen
       Herz links schlägt.
       
       Dieser Mann sitzt nun im Saarland und schreibt auf Facebook. Am Montag
       [1][postete er etwas über die taz.] Er schimpfte, sie gehöre zu einer
       „neoliberalen Kampfpresse“.
       
       Es ist traurig.
       
       Lafontaine regt sich auf [2][wegen eines taz-Berichts] über ein gemeinsames
       Interview, das Sahra Wagenknecht, seine Ehefrau, gemeinsam mit der
       AfD-Chefin Frauke Petry in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
       gegeben hat. In dem taz-Beitrag wurde beschrieben, wie schwach sich die
       Chefin der Linksfraktion von der Rechtspopulistin abgrenzt. Es ging auch um
       Wagenknechts Kalkül, Menschen zurückzuholen, die nicht mehr die Linke
       wählen, sondern die AfD. „Rechter Schmieren-Journalismus“, schreibt
       Lafontaine dazu.
       
       Die taz macht es ihm nicht recht. Sie ist ihm nicht Partei genug. Aber
       selbst eine Parteizeitung wäre ihm wohl zu kritisch. Er braucht eine
       Zeitung, die eins ist mit ihm, eine Einheitszeitung, eine
       Lafontainezeitung.
       
       Die hat er gefunden: in Facebook, einem Medium, in dem Lafontaine
       Lafontaine herausgibt und recht gibt. Die Öffentlichkeit nimmt sogar noch
       Notiz. Gäbe es Facebook nicht, dann wäre seine Tirade untergegangen
       irgendwo an der Saar zwischen einem schönen Glas Médoc und Dibbelabbes.
       
       Falsch wäre es, nun Lafontaines Verhalten Sahra Wagenknecht anzulasten. Sie
       hat zwar nach dem Anschlag von Ansbach im Sommer gezielt einen Zusammenhang
       mit Merkels Flüchtlingspolitik hergestellt. Und ja, als sie jetzt das
       Interview mit Petry gab, hat sie selbstverständlich das
       Verwechslungspotenzial gesehen. Aber Wagenknecht ist nicht Lafontaine. Die
       Frau ist nicht der Mann. Sie, die herausragende Denkerin, hat eine
       politische Zukunft. Lafontaine hat seine Zukunft hinter sich.
       
       Dass er erstaunliche Schwierigkeiten mit Kritik hat, ist nicht neu. Denn
       Oskar Lafontaine ist auch der Mann, der als saarländischer
       Ministerpräsident 1994 das Presserecht verschärfte: Im Saarland wurden
       vorübergehend Gegendarstellungen möglich, die die Redaktionen nicht
       unmittelbar kommentieren durften, selbst wenn in der Gegendarstellung
       unwahres Zeug stand.
       
       ## Der Vorwurf „neoliberal“ ist hier schlicht bizarr
       
       Das Spiel mit Ängsten vor Einwanderung ist ihm ebenfalls vertraut. Er ist
       der Mann, der 2005 in Chemnitz Familienväter und Frauen vor
       Arbeitslosigkeit warnte, „weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die
       Arbeitsplätze wegnehmen“. Und er ist auch der Mann, der heute noch gern
       erzählt, wie er Anfang der neunziger Jahre die Aushöhlung des Asylrechts
       mitgetragen hat.
       
       Den taz-Artikel, den Lafontaine als Ergebnis neoliberaler Kampfpresse
       schmäht, hat ausgerechnet Ulrike Herrmann geschrieben: unsere
       wirtschaftspolitische Korrespondentin, die kundig wie keine andere im Land
       neoliberale Politik auseinandernimmt. Bizarr, ausgerechnet diese
       Korrespondentin greift er an. Es ist ein Detail, aber es gehört zur Tragik
       dieses Mannes, der einmal die Courage selbst war und dem nun nur noch die
       Rage geblieben ist.
       
       5 Oct 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.facebook.com/oskarlafontaine/photos/a.198567656871376.47953.188971457830996/1189951274399671/?type=3&theater
 (DIR) [2] /Interview-mit-Wagenknecht-und-Petry/!5340887
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Löwisch
       
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