# taz.de -- Pressefreiheit im Iran: Selbstzensur statt Fremdzensur
       
       > Die iranische Regierung plant ein neues Mediengesetz. Es soll
       > Journalisten mehr Spielraum geben – und erreicht eher das Gegenteil.
       
 (IMG) Bild: Iranische Journalisten hatten es ohnehin schon nicht leicht – das Foto zeigt Redaktionsmitglieder einer oppositionellen Zeitung im Jahr 2009
       
       Die iranische Regierung hat ein neues Mediengesetz vorbereitet, das nun dem
       Parlament zur Verabschiedung vorgelegt werden soll. Laut Regierung soll das
       Gesetz Journalisten vor der Willkür der Zensurbehörde und der Justiz
       schützen, indem es die Rahmenbedingung für journalistische Arbeit neu
       definiert. Viele Journalisten fürchten hingegen, dass das Gesetz mehr als
       bisher die Medien unter die Kontrolle des Staates und damit auch unter
       Selbstzensur stellen wird.
       
       Erarbeitet wurde der Gesetzentwurf bereits vor zwei Jahren vom Ministerium
       für Kultur und islamische Führung in Zusammenarbeit mit dem Verband der
       Journalisten, dem Kulturausschuss des Parlaments und dem staatlichen
       Medienforschungszentrum. „Es ist ja bislang auch nicht so, dass
       Journalisten niemandem gegenüber verantwortlich sind. Aber wir brauchen
       endlich klare Gesetze für journalistische Arbeit“, erklärte Kulturminister
       Ali Dschannati. Die Absicht der Regierung sei es, Gesetze zu verabschieden,
       in deren Rahmen die Journalisten die Kontrolle der Medien selbst
       übernehmen.
       
       Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass das Gesetz eine doppelte
       Kontrolle der Medien vorsieht: eine durch den Staat und eine durch
       Selbstzensur. Der Vorlage nach müssen Journalisten künftig beim
       Kulturministerium eine Zulassung für ihren Beruf einholen. Zudem sind sie
       für jeden Bericht, den sie verfassen, einem Gremium gegenüber
       verantwortlich, das aus Vertretern des Kulturministeriums, der Justiz, der
       Geistlichkeit und der Presse besteht.
       
       Das Gremium ist befugt, etwaige Verstöße gegen das Mediengesetz zu ahnden
       und Journalisten vorübergehend oder für immer die Berufserlaubnis zu
       entziehen. Gerade diese drohenden Sanktionensmöglichkeiten werden
       Journalisten zur Selbstzensur zwingen, meinen Kritiker. „Die Last der
       Zensur soll auf die Journalisten übertragen werden“, sagte ein
       Fernsehjournalist, der anonym bleiben möchte.
       
       Kulturminister Dschannati hatte, nachdem der Gesetzentwurf auf heftige
       Kritik von Journalisten gestoßen war, gesagt, es gebe unterschiedliche
       Reaktionen auf das Vorhaben der Regierung. Einige seien grundsätzlich gegen
       das Gesetz, andere hätten Änderungsvorschläge. „Wir haben versprochen, dass
       wir diese Meinungen berücksichtigen werden, denn wir wollen, dass das
       Gesetz von Journalisten unterstützt wird.“
       
       Nur scheint von dieser Haltung nicht mehr viel übrig zu sein: Ohne dass er
       in den vergangenen Jahren mit den Journalisten einen Konsens angestrebt
       hätte, erklärte der Minister nun überraschend, er werde das Gesetz dem
       Parlament zur Abstimmung vorlegen.
       
       ## Chamenei mag die Pressefreiheit nicht
       
       Die Regierung folgt damit offenbar den wiederholten Anweisungen des
       Revolutionsführers Ali Chamenei, der immer wieder betont, dass die
       Pressefreiheit eingeschränkt werden müsse. „Der beste Weg, das kulturelle
       Chaos zu bezwingen, sind Gesetze, die die Schranken der Freiheit der Presse
       festlegen und institutionell die Meinungsäußerung in Übereinstimmung mit
       dem islamischen Glauben bringen“, hat Chamenei einmal gesagt.
       
       Die Journalistin Mahsa Ali Beygi meinte, der Gesetzentwurf bedeute nichts
       anderes als eine „Verstaatlichung der gesamten Presse“. Es sei lächerlich,
       wenn in dem Entwurf den Journalisten zum Beispiel das Recht zugestanden
       werde, elektronische Geräte zu nutzen, es gleichzeitig nicht einmal
       vorgesehen sei, dass Journalisten einen eigenen Berufsverband gründen
       dürften, für den sie seit Jahren kämpfen.
       
       „Der Entwurf erleichtert dem Staat, sich still und leise in Angelegenheiten
       des unabhängigen Journalismus einzumischen“, schreibt der Journalist Pejam
       Mussavi. „Diese Einmischung bedeutet den Tod der freien Presse.“ Und das in
       einem Land, in dem von freier Presse bislang sowieso nicht die Rede sein
       kann: Reporter ohne Grenzen führt den Iran auf seiner Rangliste der
       Pressefreiheit bisher auf Platz 169 von 180.
       
       12 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bahman Nirumand
       
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