# taz.de -- Kommentar Wahlverfahren Bremerhaven: Zeitdruck schadet der Demokratie
       
       > Weder von Wahlbetrug noch von Manipulation kann bei der Bremer
       > Bürgerschaftswahl die Rede sein. Hier gab es dem Zeitdruck geschuldete
       > Flüchtigkeitsfehler.
       
 (IMG) Bild: WahlhelferInnen haben keinen leichten Job
       
       Noch ist das Urteil des Bremer Staatsgerichtshofs nicht gesprochen. Bis
       September herrscht also Ungewissheit über Bremerhavens Ergebnis bei der
       Wahl zur Bremischen Bürgerschaft Anfang Mai 2015. Aber zwei Dinge lassen
       sich schon jetzt aus dem Verfahren lernen.
       
       Erstens: Von Betrug kann keine Rede sein. Auch die Neuauszählung, für die
       der Staatsgerichtshof eine ganze Woche Zeit hatte, ergab keine Hinweise auf
       Manipulationen, derer die AfD und Journalisten von Die Welt die meist
       minderjährigen WahlhelferInnen bezichtigt hatten. Anständige Menschen
       würden sich dafür jetzt entschuldigen. Dagegen deutet alles auf
       Flüchtigkeitsfehler hin, relevant wegen des knappen Wahlausgangs: 15
       Stimmen fehlen Thomas Jürgewitz zum Sitz.
       
       Die zweite Lehre des Verfahrens: Zeitdruck schadet der Demokratie. Er
       gefährdet sie sogar. Dafür gibt es drastischere Beispiele als Bremerhaven:
       In Österreich haben die Stressbewältigungsstrategien der AuszählerInnen zur
       Annullierung der Präsidentenwahl geführt. Zu einer Wiederholungswahl wird’s
       in Bremerhaven kaum kommen. Aber augenfällig ist, dass in Bremen-Stadt
       keine vergleichbaren Fehler entdeckt und anders als in Hamburg keine
       fälschliche Mandatszuteilungen vorgenommen wurden. Gravierendster
       Unterschied: Bremens Wahlleiter hatte, obwohl der Politikchef des örtlichen
       Rundfunks dagegen giftete, mehrere Tage Zeit fürs Zählen eingeräumt.
       
       Das passt zu einem komplexeren Stimmrecht: Ein Wahlheft mit mehreren über
       die Seiten verteilten Kreuzchen auszuwerten, ist eine intellektuell
       anspruchslose, ja stumpfsinnige Tätigkeit – die hohe Konzentration
       verlangt. Die aber leidet unter einem Zeitdruck, der umso unnötiger
       erscheint, wenn das Ergebnis doch vier Jahre Bestand haben – und eben nicht
       Jahre lang geprüft und am Ende wegen Flüchtigkeitsfehlern repariert werden
       sollte.
       
       2 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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