# taz.de -- Nach Amoklauf in München: Möglicher Mitwisser festgenommen
       
       > Der Amokläufer von München soll vor der Tat Mitschülern mit dem Tod
       > gedroht haben. Die Polizei ermittelt nun gegen einen 16-jährigen Freund
       > des Täters.
       
 (IMG) Bild: Zeichen der Trauer: Kerzen, Schrifttafeln und Blumen erinnern an die Opfer von München
       
       München/Berlin dpa | Die Polizei geht dem dringendem Verdacht nach, dass
       der Amokläufer von München Mitwisser hatte. Ein Sondereinsatzkommando habe
       am Sonntag einen 16-jährigen Freund des Täters festgenommen, der
       möglicherweise wusste, dass am Freitagabend ein Amoklauf geplant war. „Wir
       wollen abklären, ob er das wusste“, teilte ein Polizeisprecher am
       Sonntagabend mit. Gegen den Jugendlichen werde wegen Nichtanzeigens einer
       geplanten Straftat ermittelt.
       
       Der 16-Jährige hatte sich bereits am Freitag unmittelbar nach dem Amoklauf
       mit neun Todesopfern bei der Polizei gemeldet, weil er den Täter kannte,
       der sich am Ende selbst erschoss. „Er wurde in Bezug auf seine Beziehung
       zum Täter vernommen“, teilte die Polizei mit. Die Ermittlungen hätten am
       Sonntag jedoch Widersprüche in seinen Aussagen aufgedeckt. Gegen ihn soll
       Haftbefehl beantragt werden.
       
       Die Ermittler prüfen, ob der Jugendliche auch für einen Facebook- Aufruf zu
       einem Treffen am Sonntag in einem Kino in der Nähe des Münchner
       Hauptbahnhofs verantwortlich ist. Dieser Aufruf hatte ein ähnliches Muster
       wie der Facebook-Aufruf des 18-jährigen Amokläufers, der über das soziale
       Netzwerk eine Einladung in ein Schnellrestaurant verschickt hatte, wo er
       dann den Amoklauf startete. Bei der Überprüfung des Kinos ergaben sich am
       Sonntag keine Auffälligkeiten.
       
       Der Amoklauf hatte am Freitagabend ganz München in Angst und Schrecken
       versetzt. Der 18-jährige Täter schoss in und vor einem Einkaufszentrum
       sowie in einem Schnellrestaurant um sich, tötete neun Menschen –
       überwiegend Jugendliche – und schließlich sich selbst. Drei Menschen sind
       noch in Lebensgefahr. Insgesamt gab es laut Landeskriminalamt 35 Verletzte.
       
       ## Täter soll gemobbt worden sein
       
       Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezweifelte, dass man
       das Vorhaben des Amokläufers von München früher hätte erkennen können. Die
       Ärzte, die den jungen Mann vorher wegen einer psychischen Erkrankung
       behandelt haben, hätten eher eine Suizidgefahr gesehen, sagte Herrmann am
       Sonntagabend in der ARD-Sendung „hart aber fair“. „Keiner hat gesagt, dass
       sie die Gefahr gesehen haben, dass er aggressiv gegenüber anderen Menschen
       werden könnte.“
       
       Die Reporterin der Süddeutschen Zeitung, Annette Ramelsberger, sagte
       dagegen, sie habe mit Mitschülerinnen des Amokläufers gesprochen, die von
       Drohungen des jungen Mannes berichtet hätten. Er habe gedroht, sie alle
       umzubringen oder ein Attentat zu verüben, berichtete die Journalistin in
       der Sendung.
       
       Nach bisherigem Stand der Ermittlungen gibt es unter den Opfern keine
       Mitschüler des Täters. Der 18-Jährige war nach Angaben der Ermittler nach
       Abschluss einer Mittelschule zuletzt auf einer Fachoberschule. Er soll im
       Jahr 2012 von Mitschülern gemobbt worden sein.
       
       Innenminister Thomas de Maizière warnte davor, Fehlinformationen über
       soziale Netzwerke zu verbreiten. „Zahlreiche Meldungen über weitere
       Schießereien in München haben sich als falsch herausgestellt und haben die
       Polizei in erheblichem Umfang beschäftigt“, sagte der CDU-Politiker den
       Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Ich kann hier nur zur Besonnenheit
       aufrufen.“ Der Minister verwies auf das deutsche Strafrecht, das den
       Missbrauch von Notrufen und die Behinderung von Rettungsmaßnahmen unter
       Strafe stellt.
       
       In der Passauer Neuen Presse sagte de Maizière, er beobachte eine „Tendenz
       zur Verrohung“. „Das fängt mit der Sprache an, vor allem in Sozialen
       Netzwerken und in Foren, wo – häufig unter dem Deckmantel der Anonymität –
       keine Hemmungen zu bestehen scheinen und häufig ein hasserfüllter Ton an
       der Tagesordnung ist.“ Er mache sich Sorgen, dass sich solche Worte nach
       und nach auch in Taten niederschlagen.
       
       ## Skepsis gegen Bundeswehreinsatz im Innern
       
       Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius wies die Forderung aus Bayern
       nach einem Einsatz der Bundeswehr im Innern in Fällen extremer Bedrohung
       zurück. „Solche Diskussionen ärgern mich geradezu“, sagte der SPD-Politiker
       der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Wenn Herrmann nach dem Amoklauf in
       München und der Bluttat in Würzburg einen solchen Einsatz fordere, dann
       frage er sich: „Was soll das?“
       
       Die Polizei sei sehr wohl in der Lage gewesen, die Situation zu meistern.
       „Aber will Bayern künftig Kampftruppen einsetzen?“, fragte Pistorius. „Und
       gegen wen?“ Er empfahl, Grundsätze des Grundgesetzes nicht leichtfertig
       über Bord zu werfen. „Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren in solchen
       Situationen ist nicht vorgesehen. Und so sollte es auch bleiben.“
       
       25 Jul 2016
       
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