# taz.de -- Vereinte Nationen zur Klimapolitik: Kritik an deutscher Kohle
       
       > Die UN-Sondergesandte Mary Robinson sieht die Braunkohle-Prämie als
       > Widerspruch zu den Pariser Zielen. Die Bundesregierung weist das zurück.
       
 (IMG) Bild: Sorgen nicht nur für schlechte, sondern auch für dicke Luft: Braunkohlekraftwerke, wie das hier in Schkopau
       
       Berlin taz | Lange galt Deutschland auf internationaler Ebene als Vorreiter
       in Sachen Klimaschutz, doch jetzt beginnt sich der Wind zu drehen. Mit der
       UN-Sonderbotschafterin für Klimaschutz, Mary Robinson, hat erstmals eine
       hochrangige Vertreterin der Vereinten Nationen offene Kritik an der
       deutschen Energiepolitik geübt und einen Abschied von der klimaschädlichen
       Kohle gefordert.
       
       „Wir hätten gern eine sauberere, echte Zusage über den Weg, aus der Kohle
       auszusteigen“, sagte die frühere Präsidentin Irlands [1][dem]
       [2][Guardian]. Kein Verständnis hat sie für die von
       Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingeführte Prämie für alte
       Braunkohlekraftwerke, die heruntergefahren werden, aber in Bereitschaft
       bleiben.
       
       Damit schaffe die Bundesregierung „neue Mechanismen, die Zahlungen an
       Energiekonzerne geben“ – und zwar auch für „umweltverschmutzende Formen“
       wie Kohle. „Das ist eine uneinheitliche Politik, um es freundlich
       auszudrücken“, sagte Robinson unter Bezug auf die aktive Rolle Deutschlands
       bei den Klimaverhandlungen und der Unterstützung für Entwicklungsländer.
       
       Die UN-Sonderbeauftragte unterstützt damit die Forderung von
       Umweltverbänden und Oppositionsparteien nach einem schnellen Ausstieg aus
       der Kohle. Diese argumentieren, nur so sei die Verpflichtung des Pariser
       Klimaschutzabkommens zu erreichen, den Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100
       auf maximal 2 Grad Celsius, möglichst sogar auf 1,5 Grad zu begrenzen. Auch
       Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hatte sich zeitweilig für einen
       Kohleausstieg innerhalb von 20 bis 25 Jahren ausgesprochen. Später war sie
       aber zurückgerudert; im aktuellen Entwurf des deutschen Klimaschutzplans
       findet sich kein Enddatum für die Kohlenutzung.
       
       Die Kritik von Robinson wies das Umweltministerium zurück. Die neue
       Vergütung für die Kohlekraftwerksbetreiber sei „keineswegs eine
       ‚Subvention‘ für Kohleverstromung, sondern im Gegenteil eine Kompensation
       für die Stilllegung von Braunkohle-Blöcken“, sagte ein Ministeriumssprecher
       der taz. Das Wirtschaftsministerium verteidigte die Abgabe ebenfalls als
       Beitrag zum Klimaschutz.
       
       Auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien schwächelt das einstige
       Klima-Vorbild Deutschland deutlich. Wie aus der am Montag veröffentlichten
       [3][Halbjahresbilanz] des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE)
       hervorgeht, stieg der Anteil im Stromsektor zwar von 30,8 Prozent im ersten
       Halbjahr 2015 auf 32,8 Prozent in der ersten Jahreshälfte 2016, was vor
       allem an der Fertigstellung mehrere Offshore-Windparks lag. Im Wärmebereich
       blieb der Anteil mit 13,3 Prozent nach 13,2 Prozent im Vorjahr aber
       praktisch konstant, beim Verkehr gab es sogar einen Rückgang von 5,6 auf
       5,4 Prozent.
       
       Insgesamt liegt Deutschland damit unter dem EU-Durchschnitt: Über alle
       Sektoren zusammen bleibt nur ein minimaler Anstieg von 14,8 auf 15,1
       Prozent, teilte der BEE mit. Zur in Paris beschlossenen „Dekarbonisierung“
       fehlten damit noch 85 Prozent, sagte BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. „Die
       Bundesregierung hat die Ratifizierung des Abkommens zwar bereits auf den
       Weg gebracht, leitet aber gleichzeitig Schritte ein, die dem Ausbau der
       erneuerbaren Energien entgegenstehen“, kritisierte er.
       
       19 Jul 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.theguardian.com/environment/2016/jul/18/un-criticises-uk-and-german-for-betraying-the-spirit-of-the-paris-climate-deal
 (DIR) [2] https://www.theguardian.com/environment/2016/jul/18/un-criticises-uk-and-german-for-betraying-the-spirit-of-the-paris-climate-deal
 (DIR) [3] http://www.bee-ev.de/home/presse/mitteilungen/detailansicht/halbjahresbilanz-2016-dekarbonisierung-noch-in-weiter-ferne/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Braunkohle
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Weltklimakonferenz
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Braunkohle
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Pariser Klimaabkommen: Nicht mehr verstecken
       
       Die EU-Kommission präsentiert ihren Vorschlag, wie beim Verkehr, in der
       Landwirtschaft und beim Abfall Treibhausgase sinken sollen.
       
 (DIR) Klimaschutzpläne der Regierung: Ab 2050 nur noch Ökostrom
       
       Bis 2050 soll es nach Willen der Regierung nur noch Strom aus erneuerbaren
       Quellen und E-Autos geben. Für den Kohleausstieg gibt es kein Datum.
       
 (DIR) Appell für Klimaschutz: 40 Organisationen wollen mehr
       
       Germanwatch, Greenpeace, BUND, Nabu und viele mehr fordern zu Kohleausstieg
       und Energiesparen auf. Bisherige Pläne gehen dem Bündnis nicht weit genug.
       
 (DIR) Deutschland nach dem Klimagipfel: Hendricks sucht den Kohlekonsens
       
       Vom Jubel in Paris zurück in die Mühen der deutschen Ebene: Die
       Umweltministerin will nun den Ausstieg aus fossilen Energieträgern angehen.
       
 (DIR) Vergütung für Kraftwerkbetreiber: Viel Geld für weniger Kohle
       
       Das Kabinett beschließt eine teure „Sicherheitsbereitschaft“ für
       Braunkohlekraftwerke. Die Reserve wird wohl nie eingesetzt.