# taz.de -- Das war die Woche I: Erfolg erzwingt Konsequenz
       
       > Mit der Rekordzahl von über 100.000 Unterschriften hat der
       > „Volksentscheid Fahrrad“ eigentlich kein Mandat mehr zum Verhandeln – nur
       > zum Durchmarsch.
       
 (IMG) Bild: Nervig konsequenter Typ: Volksentscheids-Initiator Heinrich Strößenreuther
       
       Es ist die Zahl der Woche im politischen Berlin, vielleicht sogar des
       Jahres. Einhundertfünftausendvierhunderfünfundzwanzig Unterschriften
       karrten die Initiatoren des Fahrradvolksentscheids am Dienstag standesgemäß
       mit Lastenrädern vor die Senatsinnenverwaltung. Mehr als 100.000 haben
       unterschrieben, dass sie eine radikale Verkehrswende in der Stadt wollen:
       mehr Radwege, sicherere Kreuzungen, ja sogar mehr Fahrradpolizei – aber
       subito.
       
       Die Sammlung lief nicht mal vier Wochen. Dabei hätten laut Gesetz
       Initiatoren eines Volksentscheids sechs Monate Zeit, um nur 20.000
       Unterstützer zu finden. So schnell wie die Radler sammelte noch keine
       Initiative. Das Thema lag offensichtlich auf der Straße. Und dennoch wurde
       seine Dringlichkeit, sein Potenzial von allen Parteien und auch von den
       üblichen Verbänden entweder übersehen oder komplett verschlafen.
       
       Deshalb kann man der Volksinitiative erst mal nur gratulieren. Selbst der
       für Verkehr zuständige Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) sandte
       Glückwünsche. „Freue mich über so viel Rückenwind für gute
       Radinfrastruktur“, schrieb er bei Twitter, wo er sich ansonsten in den
       letzten Tagen ein giftiges Wortduell mit Heinrich Strößenreuther, dem
       Initiator des Radentscheids, lieferte, bei dem es nicht mehr um Inhalte
       ging, sondern nur um die Frage, ob, wann, wo und wie der Senat die
       Radaktivisten schon zum Gespräch eingeladen habe oder nicht. Ein herrliches
       Gezicke.
       
       ## Keine Kompromisse mehr
       
       Mittlerweile gibt es eine offizielle Einladung von Stadtentwicklungssenator
       Andreas Geisel (SPD). Das Problem aber ist: Es gibt gar nichts mehr zu
       verhandeln. Der Senat darf Angebote machen, klar. Aber Strößenreuther und
       seine Crew haben einfach nicht mehr das Mandat, Abstriche zu machen. Ihr
       überwältigender Erfolg verpflichtet sie geradezu, jetzt konsequent
       weiterzumachen – und sich nicht wie die Initiatoren des
       Mietenvolksentscheids im vergangenen Jahr auf einen Kompromiss mit dem
       Senat einzulassen. Der nicht schlecht ist, dem aber Charme und Schwung
       einer außerparlamentarischen Initiative fehlen, die nötig scheinen, um
       Missstände radikal zu beseitigen.
       
       Verhandeln mit Strößenreuther sollten vielmehr die Chefs der einschlägigen
       Parteien. Und zwar über die Frage, wie man diesen nervig konsequenten Typ
       ins Boot holt. Strößenreuther auf Wahlplakaten als ehrliches Versprechen an
       die Radler dieser Stadt, das würde wirklich etwas ändern. Sogar
       Wahlergebnisse.
       
       18 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gereon Asmuth
       
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