# taz.de -- Schlachthof unter Verdacht: Rechnungshof wittert Betrug
       
       > Niedersachsens Rechnungshof kritisiert „unzulässige“ Millionen-Zuschüsse
       > an die Gemeinde Wietze. Davon soll allein ein Schlachthof profitiert
       > haben.
       
 (IMG) Bild: Werden in Wietze offenbar mit erschlichener Förderung umgebracht: Hühner.
       
       HANNOVER taz | Der niedersächsische Landesrechnungshof hat in seinem jetzt
       veröffentlichten Jahresbericht „unzulässige“ Fördermittel an die Gemeinde
       Wietze im Kreis Celle angeprangert. 2010 sollen rund 1,4 Millionen Euro aus
       EU-Fördertöpfen unrechtmäßig für ein Gewerbegebiet an die Gemeinde
       geflossen sein. In dem Industriegebiet befindet sich einzig ein Schlachthof
       der Celler Land Frischgeflügel GmbH.
       
       Der Rechnungshof berichtet, dass die Gemeinde Wietze 2009 für die
       „verkehrliche Erschließung neuer Gewerbeflächen“ einen Förderantrag bei der
       NBank Niedersachsen beantragt hatte. Die landeseigene Investitions- und
       Förderbank ist in Niedersachsen zuständig für die Bewilligung von
       Fördermitteln aus EU-Töpfen.
       
       Die Kosten einer verkehrlichen Erschließung für die Gemeinde würden laut
       Richtlinie des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zu 75
       Prozent aus EU-Geldern bezahlt, sofern dort die Aussicht auf Ansiedlung
       mehrerer Unternehmen gegeben sei. Komme die Förderung hingegen einem
       einzelnen Unternehmen zugute, sei nur ein Zuschuss in Höhe von zehn Prozent
       der Erschließungskosten aus EU-Fördertöpfen rechtmäßig, berichtet der
       Rechnungshof.
       
       Die Gemeinde habe einen Antrag auf die Bereitstellung von Fördermitteln in
       Höhe von 75 Prozent gestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Gemeinde
       allerdings bereits bekannt gewesen, dass „die Flächen nur einem einzigen
       Endnutzer zugute kommen würden“. Die Gemeinde habe damals dennoch
       behauptet, es gebe mehrere Interessenten. „Da wurde getrickst“, sagt Lutz
       Badelle von niedersächsischen Landesrechnungshof. Stück für Stück habe dort
       einzig die Celler Land Frischgeflügel GmbH Flächen aufgekauft.
       
       Das zuständige Wirtschaftsministerium wollte sich gegenüber der taz
       zunächst nicht zu dem Fall äußern. Laut Landesrechnungshof vertrete das
       Ministerium allerdings die Ansicht, dass kein Betrug stattgefunden habe.
       Der verkehrliche Ausbau zum Gewerbegebiet komme nämlich auch einem anderen
       Gewerbegebiet zugute, meint das Ministerium. Der Rechnungshof wiederum
       bewertet diese Ansicht als „Schutzbehauptung, die eine unzulässige
       Erschließung nach Maß verschleiern soll“.
       
       Der Landesrechnungshof fordert nun die NBank auf, sich das von ihr
       bewilligte Geld zurückzuholen. Laut Badelle ist es offensichtlich, dass
       gegen die Förderrichtlinie „gravierend verstoßen“ wurde. Der Sprecher der
       NBank, Bernd Pütz sagt, dass man die 75-prozentige Förderung für die
       verkehrliche Gewerbeförderung und die 10-prozentige Förderung für einzelne
       Unternehmen „nicht in Verbindung setzen könne“.
       
       Der Schlachthof hat bereits seit der Bauplanung 2009 für Diskussionen
       gesorgt. Regelmäßig fanden vor dem Werk Demonstrationen von
       TierschützerInnen statt. Die lokale Bürgerinitiative gegen das Werk hatte
       bis zu 1.500 Mitglieder. 2013 demonstrierten rund 7.000 Menschen in Wietze
       gegen Massentierhaltung und die industrielle Tierschlachtung. Andererseits
       ist der Schlachthof der größte Arbeitgeber in der Gemeinde. Laut der
       Website des Unternehmens sind dort über 700 Menschen beschäftigt.
       
       Der Rechnungshof glaubt deshalb auch nicht an eine Rückzahlung der 1,4
       Millionen Euro. Badelle ist skeptisch, dass die NBank der Aufforderung des
       Rechnungshofs Folge leisten wird. Zudem würde die Gemeinde „das Geld wohl
       auch gar nicht aufbringen können“, glaubt Badelle. Dass die Gemeinde
       wiederum ihren größten Arbeitgeber zur Rückzahlung des Betrags auffordern
       werde, ist für Badelle „ebenso unwahrscheinlich“.
       
       3 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
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