# taz.de -- Die Linkspartei und Sahra Wagenknecht: Verärgert über die Querschüsse
       
       > Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine treiben ihre Partei mit
       > Sticheleien zur Flüchtlingspolitik vor sich her. Nach dem taz-Interview
       > sind viele genervt.
       
 (IMG) Bild: Stoßen bei ihren Parteikollegen zunehmend auf Unverständnis: Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht
       
       Die Linke ist jetzt noch linker: In der Berliner Parteizentrale haben sie
       den traditionell roten Hintergrund, vor dem jeden Montag die
       Parteivorsitzenden zu aktuellen Themen Stellung nehmen, mit weißen „Die
       Linke“-Schriftzügen besprenkelt. So wissen auch Farbenblinde, wo sie sind.
       Denn so manche Äußerungen aus der Partei hatten in den letzten Wochen schon
       einen leicht AFD-blauen Touch.
       
       Im Januar billigte ausgerechnet die Fraktionsvorsitzende im Bundestag Sahra
       Wagenknecht Flüchtlingen plötzlich nur noch ein „Gastrecht“ statt des
       Asylrechts zu und erklärte danach mehrfach, dass Deutschland nicht alle
       Flüchtlinge aufnehmen könne. An diesem Montag bekräftigte sie das in der
       taz und nahm die islamfeindliche AfD und deren Wähler in Schutz: Es sei
       „falsch, alle AfD-Wähler als rassistisch zu denunzieren“.
       
       Ihr Mann, der saarländische Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine, hatte
       zuvor im Spiegel erneut eine Obergrenze für Flüchtlinge angemahnt – „Für
       alles gibt es leider Ausgabenobergrenzen, daher kann eine Partei, die ernst
       genommen werden will, nicht sagen: aber für die Aufnahme von Flüchtlingen
       nicht.“ Lafontaine teilte auch gegen die Parteivorsitzende Katja Kipping
       aus – es sei schlechter Stil, wenn man Parteifreunde in die Nähe der AfD
       rücke.
       
       Parteifreunde sind genervt von den fortwährenden Sticheleien des Duos
       infernale, widersprechen sie doch einstimmig gefassten Beschlüssen des
       Parteivorstands und der Fraktion, die da lauten: Willkommenskultur stärken,
       offene Grenzen für alle. „Diese Querschüsse sind ein Problem, denn sie
       schaffen völlig unnötige Unruhe und können Flüchtlingshelfer verunsichern“,
       meint Axel Troost, einer vor vier stellvertretenden Parteivorsitzenden, zur
       taz. Dass Wagenknecht und Lafontaine ihre Positionen vor allem über die
       Medien spielten mache die Sache nicht einfacher.
       
       Troost rät deshalb bei Wagenknecht-Äußerungen zur Zurückhaltung, nach dem
       Motto: „Die Klügere gibt nach.“ Gemeint ist Parteivorsitzende Katja
       Kipping, die Wagenknechts Bemerkungen als „nicht hilfreich“ kritisiert
       hatte. Auch wenn Lafontaine nun wieder gegen Kipping keilt? „Ach,
       Lafontaine sei doch im Grunde ein „nicht mehr sonderlich bedeutender
       Regionalpolitiker“, meint Troost.
       
       In der Fraktion beobachtet man das Gebaren der Fraktionsvorsitzenden mit
       resignierter Verärgerung. „Man kann dazu auch etwas sagen, wenn man nix
       sagt“, meint Fraktionsvize Jan Korte. Die Abstimmungsergebnisse seien klar.
       Dietmar Bartsch, Kovorsitzender der Linksfraktion neben Wagenknecht,
       stellte sich am Sonntag sogar ostentativ vor sie. Im Bericht aus Berlin
       betonte er: „Es ist eine Unverschämtheit, Sahra Wagenknecht AfD-nahe
       Positionen zu unterstellen.“
       
       ## Eine heikle Aufgabe
       
       Bartsch kann sich keine Debatte über Wagenknechts Eignung als
       Fraktionsvorsitzende leisten. Die beiden wurden im Herbst 2015 im
       Doppelpack an die Fraktionsspitze gewählt. Muss Wagenknecht als Vertreterin
       des linken Flügels gehen, fällt auch der Reformer Bartsch. Auf beide wartet
       zudem in den nächsten Tagen eine heikle Aufgabe, die Fingerspitzengefühl
       erfordert: ein Gespräch mit Gregor Gysi.
       
       Der einstige Star der Linken fühlt sich unterfordert und will endlich
       wieder auf die Politbühne. „Seit dem Wechsel im Fraktionsvorsitz habe ich
       kein einziges Mal mehr im Bundestag gesprochen“, hatte Gysi in der
       vergangenen Woche in einem Brief an seine Nachfolger geschrieben. Er droht
       damit, nicht mehr zu kandidieren.
       
       In der Fraktion war man überrascht, dass Gysi seine selbstgewählte
       Schonzeit so abrupt beenden will. Doch dass er nicht mehr antritt, will
       keiner. Deshalb werde jetzt nach einer Aufgabe für Gregor gesucht.
       
       18 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
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