# taz.de -- Agentur-Ideen für die Zukunft der SPD: Abwärts ist das neue Vorwärts
       
       > Eine Agentur rät der SPD, auf Wählerdemobilisierung zu setzen. Prima
       > Idee, aber beileibe nicht radikal genug, um die Partei zu revitalisieren.
       
 (IMG) Bild: Wintersportler und Sozialdemokraten wissen, dass der richtige Weg nach unten führt
       
       Eines Morgens beschloss Sisyphos, dass der Stein den Berg nicht hinauf-,
       sondern hinuntergerollt werden müsste. Ab da versah sich das Tagewerk
       praktisch von selbst, der Stein war ja schon unten – Erfolg auf der ganzen
       Linie. 
       
       Eine Werbeagentur rät der SPD in Baden-Württemberg (12,7%) angesichts der
       Erfolge der AfD zur [1][„Demobilisierung“ der WählerInnen]. Schließlich sei
       es besser, notorische Wahlverweigerer blieben zu Hause, statt ihr Kreuz bei
       der falschen Partei zu machen.
       
       Was wie ein schräger Witz klingt, scheint der „Network Media“ (NWMD)
       vollster Ernst zu sein. Man müsse schon aus Gründen des nachhaltigen
       Ressourceneinsatzes überlegen, ob man in bestimmten Gegenden einfach nicht
       mehr präsent sein wolle.
       
       Einfach nicht mehr präsent? Das mag aus Sicht der Werber durchaus
       vernünftig klingen, aber wie eine Volkspartei den Verzicht auf einen
       flächendeckenden Wahlkampf vor sich selber rechtfertigen will, wäre
       interessant zu beobachten.
       
       Ja, eine Volkspartei! Die Älteren werden sich gewiss noch ins Gedächtnis
       rufen können, dass der SPD gelegentlich sogar zugetraut wurde, eine
       Bundestagswahl zu gewinnen. Noch ältere mögen sich gar an die geradezu
       dynastische Weitergabe sozialdemokratischer Werte von Eltern zu Kindern, in
       Vereinen und auf dem Sportplatz erinnern.
       
       ## Einfach nicht mehr antreten
       
       Dass diese tiefe Verankerung der Sozialdemokratie in breiten
       Bevölkerungsschichten inzwischen der Vergangenheit angehört, ist eine
       absolut nachvollziehbare Beobachtung. Doch wie genau soll die
       Demobilisierung dieses Problem der SPD lösen? Wird es ihr wirklich
       gelingen, durch den Abbau der eigenen Wahlkampfständen künftige Wahltermine
       vor AfD-AnhängerInnen zu verheimlichen und somit den relativen Stimmanteil
       der anderen zu erhöhen?
       
       Wird die SPD in den mittelsächsischen Wahlkreisen und im Erzgebirge, wo es
       nicht wenige Orte gibt, in denen die Partei schon seit Jahren im
       einstelligen Prozentbereich siecht, ganz auf den Wahlkampf verzichten? Da
       kann die Agentur, die den letzten Landtagswahlkampf der Partei in Sachsen
       betreute (Überraschung: NWMD, Ergebnis der SPD: 12,4%), das nächste Mal für
       erheblich weniger Aufwand das selbe Geld kassieren.
       
       Warum also nicht einfach mal probieren, was passiert, wenn mangelnder
       Präsenz mittels noch weniger Präsenz begegnet wird. Eventuell hilft es ja,
       ganz radikal gleich gar keine Kandidaten mehr aufzustellen. Und zwar
       überall! Das spart auch jede Menge Ressourcen und dazu den ermüdenden
       Prozess der Programmparteitage und überhaupt der Erarbeitung eines
       politischen Programms.
       
       Die Agentur NWDM ist übrigens nicht irgendeine Werbeklitsche, die Seife
       verkauft, wenn grad kein SPD-Landesverband weniger Wahlkampf machen möchte.
       Sie ist eine auf politische Kommunikation spezialisierte Tochterfirma des
       seit 140 Jahren sozialdemokratischen [2][Vorwärts-Verlages].
       
       Entweder sitzen wir also mit den Thesen der Firma einem sehr elaborierten
       Aprilscherz aus dem Paul-Singer-Haus auf oder wir werden ZeugInnen eines
       weiteren Schritts bei der Selbstdemontage der deutschen Sozialdemokratie.
       Denn mit der geht es auch ohne Hilfe von Kommunikationsprofis wie der NWDM
       rasant bergab.
       
       2 Apr 2016
       
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