# taz.de -- Kolumne Draußen im Kino: Der Mann, der seine Frau filmt
       
       > Ständig sieht man tolle Filme und genießt jede Nacht bei
       > Berlinale-Partys? Schön wär‘s. Man ist schon hinüber vom vielen Rauchen
       > beim Schreiben.
       
 (IMG) Bild: ​Szene aus „While the Women Are Sleeping“.
       
       Viele Leute beneiden einen um die Berlinale-Akkreditierung. Ständig sieht
       man schöne Filme und genießt jede Nacht auf tollen Berlinale-Partys
       Highlife in Tüten, wie damals, Anfang der 80er, bei „Uncle Howard“ mit
       William S. Burroughs, Madonna, Spike Lee und den anderen Beatniks. Would
       that it were so simple. In echt ist man schon hinüber vom vielen Rauchen
       beim Schreiben.
       
       Ich schaue einen chinesischen Forums-Film, „Life after Life“ von Zhang
       Hanyi, der ganz das Gegenteil von „Trivisa“, dem disparaten oder
       desperaten, aber letztlich doch auch tollen Genrefilm aus Hongkong, ist. Es
       ist ein sehr langsamer Film. Vater und Sohn sammeln Holz in einem
       dahinsiechenden Wald. Auf toten Bäumen suchen Ziegen Schutz. Langsam geht
       die Arbeit voran.
       
       Kurz ist der Junge weg. Als er wiederkommt, spricht er mit der Stimme von
       Xiuying, seiner toten Mutter, die noch eine wichtige Aufgabe zu erledigen
       hat. Der alte Baum vor ihrem leer stehenden Haus muss verpflanzt werden.
       Das ist schwierig. Könnte man nicht stattdessen diesen anderen,
       tausendjährigen Baum verpflanzen? Das geht nicht, sagt Xiuying, der andere
       Baum hat so viele Leute gesehen.
       
       ## Auf toten Bäumen
       
       Behutsam wandert der Blick durch graue Landschaften. In der Nähe eine
       Kohlemine. Auf toten Bäumen suchen Ziegen Schutz. Langsam geht die Arbeit
       voran.
       
       Während ich nachdenklich an der SPD vorbeigehe, ruft mich Dorothee Wenner
       vom Forum an. Nach zwei Sätzen merkt sie, dass sie eigentlich mit einem
       anderen Detlef hatte sprechen wollen, fühlt sich aber umso mehr
       verpflichtet, noch ein paar Worte mit mir zu plaudern. Sie sagt, du musst
       unbedingt nachher zum Zookino gehen, um dir die saudi-arabische
       Liebeskomödie „Barakah yoqabil Barakah“ von Mahmoud Sabbagh anzugucken.
       
       Dann dauert das selbst verordnete Runterkomm- und
       Filme-für-morgen-Aussuch-Programm aber zu lange. Ich esse gedeckten
       Apfelkuchen und zwei Gesundheitsbrötchen mit Wurst, Braten und Käse, trinke
       zwei Bier, deliriere noch ein wenig am Schreibtisch und gehe früh zu Bett.
       Beim Einschlafen denke ich an den Schauspieler Daniel Brühl, der zum roten
       Teppich gefahren wird. Er sitzt auf dem Beifahrersitz des A8 L W12. Hinter
       ihm sitzt seine Freundin Felicitas Rombold. Beide sind erstaunt über das
       selbst fahrende Auto, hört man.
       
       ## Später gucke ich Schauspielerfilme
       
       Am nächsten Morgen genieße ich es, schon um neun im Berlinale-Palast zu
       sitzen. Dass „Soy Nero“ von Rafi Pitts etwas enttäuscht, stört nicht
       weiter. Später gucke ich Schauspielerfilme; „While the Women are sleeping“
       von Wayne Wang mit Beat Takeshi und „The End“ mit Gérard Dépardieu.
       
       „While the Women are sleeping“ ist ein Film über Männlichkeit, der umso
       besser wird, je länger man über ihn nachdenkt. Kenji (Hidetoshi Nishijima,
       auch in dem schönen Horrorthriller „Creepy“ von Kiyoshi Kurosawa zu sehen)
       ist ein gut aussehender Schriftsteller in der Schaffenskrise und macht mit
       seiner Frau, die im Verlagswesen arbeitet, Ferien in einem Hotel am Meer.
       
       Sie treffen auf ein seltsames Paar: einen älteren Mann namens Sahara (Beat
       Takeshi) mit seiner sehr viel jüngeren Freundin Miki, die er schon seit
       Jahren filmt, während sie schläft.
       
       Zunächst folgt man als Zuschauer dem nach Inspiration suchenden
       Schriftsteller. Später wechselt die Perspektive auf den in sich ruhenden,
       wenn auch perversen, alten Löwen Sahara. Kenji scheint nur noch ein gut
       aussehender und gut riechender Künstler ohne eigenes Leben zu sein.
       
       18 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Detlef Kuhlbrodt
       
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