# taz.de -- Brandanschlag in Salzhemmendorf: Kleinlaute Dorfnazis
       
       > Im Prozess um den Anschlag aufs Flüchtlingsheim in Salzhemmendorf wird
       > klar: Der Hauptverdächtige ist in der rechtsextremen Szene aktiv.
       
 (IMG) Bild: Tatort Salzhemmendorf: Jetzt stehen die Angeklagten vor Gericht.
       
       SALZHEMMENDORF taz | Zusammengekauert hocken der Arbeiter Dennis L. und der
       freiwillige Feuerwehrmann Sascha D. auf der Anklagebank. Beide haben den
       Molotowcocktail hergestellt, den Dennis L. am 28. August 2015 in ein
       Flüchtlingsheim in Salzhemmendorf bei Hameln geschleudert hat: Der mit
       Benzin und Heizöl gefüllte Brandsatz durchschlug eine doppelte
       Isolierglasscheibe, landete direkt unter dem Bett eines Kindes. Ein
       elfjähriger Junge aus Simbabwe wurde nur deshalb nicht verletzt, weil er
       ausgerechnet in dieser Nacht nebenan schlief, bei seiner Mutter.
       
       Seit zwei Wochen müssen sich der 31-jährige L. und der 25-jährige D. wegen
       versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung vor dem Schwurgericht Hannover
       verantworten. Beide haben die Tat gestanden, waren noch am gleichen Tag
       festgenommen worden – ein Augenzeuge hatte den aufgemotzten Golf II von D.
       am Tatort gesehen. Mitangeklagt ist die 24-jährige Saskia B.: Sie hat
       eingeräumt, die beiden alkoholisierten Männer zum Tatort chauffiert zu
       haben.
       
       Allmählich scheint den drei Angeklagten klar zu werden, dass ihnen
       langjährige Haftstrafen drohen könnten: Das dumm-zynische Grinsen von L.
       und D. ist verschwunden, auch das höhnische Gelächter ihrer
       Unterstützerclique im Zuschauerraum ist verstummt. Angeklagte und Publikum
       hatten so auf vor Gericht verlesene Whatsapp-Nachrichten reagiert, in denen
       sich L. zu einem „neuen Hitler“ erklärte: „Nix Zyklon B. Erhängt wird das
       Pack“, schrieb er an Robert S. „Sieg Heil und fette Beute!“, antwortete S.,
       der ausgerechnet Jugendwart der Freiwilligen Feuerwehr war.
       
       Am Donnerstag, dem dritten Prozesstag, geben sich L. und D. dagegen
       kleinlaut: halten ihre Köpfe gesenkt, die Gesichter der beiden Männer
       verschwinden fast. Zeugenaussagen von Polizisten des Staatsschutzes
       belasten beide schwer. Zum Bau des Molotow-Cocktails könnte – neben
       reichlich Alkohol – ein Gespräch über die fremdenfeindlichen Krawalle im
       sächsischen Heidenau geführt haben, habe L. eingeräumt. Bis zu 1.000
       NPD-Anhänger hatten rund eine Woche vor dem Anschlag versucht, den Bezug
       einer Flüchtlingsunterkunft zu verhindern. Dabei jagten sie auch Polizisten
       durch die Straßen, 31 Beamte wurden verletzt.
       
       ## Tätowierung mit der Odal-Rune
       
       Schon die erkennungsdienstliche Behandlung von L. habe klargemacht, dass
       dieser der Neonazi-Szene nahesteht, erklärte ein Polizist nun: Auf seiner
       linken Schulter trägt der 31-Jährige eine Tätowierung mit der Odal-Rune –
       Zeichen der SS und der 1994 verbotenen „Wiking-Jugend“. Auf dem rechten Arm
       prangt ein Wikinger mit dem Totenkopfring der SS. Nachfragen des
       Nebenklage-Vertreters Lukas Theune machten deutlich, dass L. Verbindungen
       zur rechtsextremistischen Kleinpartei „Der III. Weg“ hat. Deren Anhänger
       Christopher Knauf bedauerte L.s Verhaftung auch bereits bei Facebook.
       
       Schwer belastet wurde auch Feuerwehrmann D.: Fahrerin Saskia B. habe
       geschildert, dass er sich vor dem Brandanschlag nach Hause fahren ließ, um
       seinen Feuer-Alarmmelder zu holen. Auf der Fahrt zum Flüchtlingsheim habe
       D. dann L. beschrieben, wo in der ehemaligen Schule die Wohnung liege, „in
       der die Neger wohnen“. Als der Alarmmelder nach dem Brandanschlag
       tatsächlich losging, hätten beide Männer „gegrinst“. Dann habe sich D. zur
       Feuerwache fahren lassen, um bei den Löscharbeiten dabei zu sein.
       
       Immerhin: Sein Feuerwehr-Kumpel Robert S., der noch vor einer Woche im
       Zeugenstand getönt hatte, er habe nur auf Druck „der Medien“, nicht aber
       der örtlichen Politik als Jugendwart zurücktreten müssen, darf die Uniform
       zunächst einmal nicht mehr tragen. „Zumindest vorläufig“ sei S. wegen
       seiner fremdenfeindlichen Neonazi-Sprüche bei Whatsapp aus der Feuerwehr
       ausgeschlossen worden, sagte Salzhemmendorfs Bürgermeister Clemens
       Pommerening zur taz. „Für alle Zeiten“ gelte das aber nicht: „Die Feuerwehr
       war sein einziges Hobby“, sagt der Verwaltungschef – „wenn wir Robert S.
       das für immer nehmen, besteht die Gefahr, dass er sich weiter
       radikalisiert.“
       
       Der Prozess wird fortgesetzt.
       
       18 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Salzhemmendorf
 (DIR) Geflüchtete
 (DIR) Brandanschlag
 (DIR) Nazis
 (DIR) Schwerpunkt Neonazis
 (DIR) Brandanschlag
 (DIR) Schwerpunkt Neonazis
 (DIR) Brandanschlag
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahlen
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Salzhemmendorf
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nazi-Symbol beim Wikinger-Fest: Mit Rüstung und Hakenkreuz
       
       Beim Wikinger-Fest in Schleswig kämpft ein Darsteller mit einem
       Hakenkreuz-Symbol. Die Unterwanderung durch Rechte sei ein Problem, so
       Forscher.
       
 (DIR) Sommerlager für deutsche Rechte: Gestählt in Schweden
       
       In der Abgeschiedenheit Südschwedens richtet die rechte Splittergruppe
       „Sturmvogel“ für Kinder und Jugendliche ein Sommerlager aus.
       
 (DIR) Angriff in Salzhemmendorf: Acht Jahre für Brandanschlag
       
       Zwei Männer und eine Frau müssen ins Gefängnis, weil sie eine
       Asylunterkunft angegriffen haben. Das Gericht spricht im Urteil von einem
       rassistischen Motiv.
       
 (DIR) Neonazi-Anschlag von Salzhemmendorf: „Viel Vergnügen beim Verrecken“
       
       Nach dem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft plädiert die
       Staatsanwältin auf versuchten Mord. Der Anwalt der Nebenkläger wird von
       Neonazis bedroht.
       
 (DIR) Mutmaßliche Anschläge auf Flüchtlinge: Dreimal Brandstiftung in Wohnheimen
       
       In Sonneberg (Thüringen) brennt ein Haus, in Celle (Niedersachsen) findet
       man Brandbeschleuniger, in Bahrendorf (Sachsen-Anhalt) legen Unbekannte
       Feuer.
       
 (DIR) Rechte Parteien bei den Landtagswahlen: Mehr Street-Credibility als die NPD
       
       Nicht nur die AfD nimmt der NPD die Wähler weg. Auch radikalere
       Kleinstparteien machen ihr vor den Landtagswahlen zu schaffen.
       
 (DIR) Rechtsextreme bei der Feuerwehr: Feuerwehrmann und Brandstifter
       
       Nach dem Brandanschlag in Salzhemmendorf steht ein rechtsextremer
       Feuerwehrmann vor Gericht. Einer seiner Kumpane trägt die Uniform noch
       heute.
       
 (DIR) Rechte Gewalt gegen Flüchtlingsheime: Zündeln aus der Mitte
       
       Die Polizei fasst nur wenige Täter der Brandanschläge auf Asylunterkünfte.
       Viele waren vorher nicht bekannt. Inzwischen reagiert die Justiz härter.
       
 (DIR) Gerichtsprozess wegen Brandanschlag: Alkohol, Rechtsrock und dumpfer Hass
       
       Eine alleinerziehende Mutter, ein Arbeiter und ein Feuerwehrmann setzten
       ein Flüchtlingsheim in Brand. Sie sehen sich nicht als rechtsextrem.