# taz.de -- Kolumne Mittelalter: Schmucke Mauern, spitze Zäune
       
       > Auf dem Land ist Platz für Flüchtlinge, sagt ein Bundesinstitut. Aber wer
       > schützt die Neusiedler vor den Eingeborenen?
       
 (IMG) Bild: Wer um Mauern rumläuft, kann immer noch erschossen werden. Reste des antifaschistischen Schutzwalles am Potsdamer Platz in Berlin.
       
       In Deutschland stehen rund zwei Millionen Wohnungen leer – mehr als 600.000
       seien sofort verfügbar! [1][Sagt] der Direktor des Bundesinstituts für
       Bau-, Stadt- und Raumforschung, Harald Herrmann.
       
       Das klingt wie eine Spammail mit dem Betreff „Habe gerade überwiesen“. Wo,
       fragt man sich als Kind des Spätkapitalismus, ist hier der Haken?
       
       Ist es die in der Meldung nachgeschobene Tatsache, dass freie Räume vor
       allem in der Pampa vorhanden sind?
       
       Nicht unbedingt: Erstens ist Landleben Trend. Zweitens liest man immer
       wieder, dass etwa die Latinos in den USA viele Gemeinden im verödeten
       Mittelwesten erfolgreich wiederbelebt haben.
       
       Da wir aber in Deutschland sind, wo Freiheit kein Wert an sich ist, sondern
       dem Verdacht des Zügellosen unterliegt, fordert das Institut, Flüchtlinge
       auf bestimmte Wohnorte zu verpflichten, „um dort leerstehende Wohnungen zu
       füllen und den Druck von den Ballungsräumen zu nehmen“.
       
       ## An der Waffe ausbilden
       
       Ich wohne in Berlin direkt an der alten [2][Zollmauer]. Bis Mitte des 19.
       Jahrhunderts sollte sie verhindern, dass verdächtige Subjekte die Stadt
       Berlin unregistriert beträten. Das „Akzisemauer“ genannte Machwerk wirkte
       aber auch in die andere Richtung, indem es die armen preußischen Soldaten
       von der Desertion abhalten sollte.
       
       Solche Begrenzungen um schmucke, aber halb leere deutsche Landgemeinden
       könnten – den Plan von H. Herrmann weiterdenkend – durch Bürgerwehren
       bewacht werden, die vorher selbstverständlich von Frau Petry und ihren
       Klonen an der Waffe ausgebildet wurden: Nicht dass ein Flüchtlingsteenager
       meint, mal eben in die Großstadt ausbüxen zu können.
       
       Aber Ernst beiseite. Das eigentliche Problem mit dem Vorschlag des
       Direktors des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung ist ein
       anderes: das Fehlen einer Bevölkerungs- und Sicherheitsforschung.
       
       Handelt es sich bei den von ihm für die Flüchtlinge ins Zielfernrohr
       genommenen Regionen doch um: Nordrhein-Westfalen (!),
       Mecklenburg-Vorpommern (!!) und Sachsen (!!!). In diesen unsicheren
       Zielländern Flüchtlinge zwangsanzusiedeln gleicht tödlich leichtsinnigen
       kolonialen Unternehmungen etwa im frühneuzeitlichen Amerika, wo die
       Neuankömmlinge kaum einmal den ersten Winter in einer feindlichen Umgebung
       überleben konnten.
       
       ## Maschendrahtzaun
       
       Und kann es für einen Flüchtling ungeeignetere Siedlungsgebiete geben als
       Sachsen und MVP – von den Verhältnissen in NRW (Domplatte, Duisburg,
       Domkölsch) ganz zu schweigen?
       
       In Italien schickt man in Gebiete, in denen die Institutionen von
       organisierter Kriminalität unterwandert sind, immer mal wieder die
       [3][Armee], um ein Minimum von zumindest gefühlter Sicherheit zu
       garantieren.
       
       Für Deutschland muss man wohl einen [4][Vorschlag] aus dem
       Landtagswahlprogramm der Partei „Die Rechte“, Gau S-A, in Erwägung ziehen:
       „ein gesicherter drei m hoher Maschendrahtzaun um das Bundesland
       Sachsen-Anhalt zum Schutz seiner Bürger vor weiteren Invasoren“.
       
       Damit kein Funktionär mehr schutzsuchende Menschen zu den Barbaren schicken
       kann.
       
       21 Feb 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.deutschlandfunk.de/immobilienmarkt-zwei-millionen-wohnungen-stehen-leer.1818.de.html?dram%3Aarticle_id=345772
 (DIR) [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Zollmauer
 (DIR) [3] http://www.rainews.it/dl/rainews/articoli/Camorra-esercito-Napoli-Omicidi-Alfano-97259332-5539-4070-a543-86fe4fe20010.html
 (DIR) [4] http://www.stern.de/politik/deutschland/die-rechte-will-zaun-um-sachsen-anhalt-errichten---maschendrahtzaun-im-gespraech-6702688.html
       
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