# taz.de -- Kolumne Mittelalter: Das globalisierte Bordell
       
       > Worüber wir reden und was wir wann senden, sagt mehr über unsere Zeit als
       > der Koran und „Mein Kampf“ zusammen.
       
 (IMG) Bild: Blonde Frauen wehren sich gegen arabische Horden - so vielleicht?
       
       Während die Schändung deutscher Frauen durch nordafrikanisch-asiatische
       Horden auch am Montagabend im deutschen TV wieder zur [1][Primetime]
       diskutiert wurde, mussten die körperlich wie seelisch schwerverletzten
       rumänischen sechzehnjährigen Zwangsprostituierten in Berliner Bordellen
       noch ein wenig warten.
       
       Die ursprünglich im Ersten auf dem attraktiven 23.10-Uhr-Sendeplatz
       platzierte Reportage [2][„Ware Mädchen – Prostitution unter Zwang“] wurde
       nochmal um zehn Minuten nach hinten geschoben; schließlich war David Bowie
       gestorben – und seiner galt es nicht zuletzt als sexuelle Zwangsgrenzen
       sprengender Ikone gebührend zu [3][gedenken].
       
       Nun ging es in der Reportage von Nadya Luer und Jo Golla eben auch nicht um
       eingewanderte Täter, sondern um importierte Opfer. Auch die rumänischen
       Menschenhändler waren so banale wie christlich-orthodoxe Menschen, und wenn
       die in dem Beitrag geschilderten Verbrechen einer blond-deutschen
       Sklavenhalterin nur mit einer Bewährungsstrafe geahndet wurden, dann wird
       man die Kölner Täter kaum härter belangen können.
       
       Also Business as usual in einer globalisierten Welt, auf die wir als
       Exportnation nicht verzichten wollen; in einer umkämpften Republik, die nun
       so langsam – diese Kolumne heißt Mittelalter – in die einst in den
       langweiligen 1980er Jahren vom Feuilleton heiß ersehnten Weimarer Zustände
       abzudriften scheint. Die Zeit der Kuscheldebatten um Klimawandel,
       Energiewende und Literaturkanones scheint ihrem Ende zuzugehen. Klare Worte
       sind gefragt, Freund-Feind-Denken – und immer eine Hitlergrußlänge Abstand
       halten.
       
       ## Moralischer Disclaimer
       
       Wenn es um klare Worte zur Lage ging, wurde früher gern das „Hic Rhodus,
       hic salta“ zitiert. Dieses Sprüchlein aus einer alten Fabel will sagen, das
       man hier und jetzt beweisen möge, was man draufhat und zu sagen hat, und
       nicht erst dann, wenn der Sturm vorübergezogen ist.
       
       Daran musste ich denken, als mir bei gleich mehreren – und nicht ohne
       Gewinn gelesenen – Texten zu Köln die Wendung auffiel, dass man nun
       „natürlich“ müsse fragen dürfen, „ob das Frauenbild in Teilen der
       sogenannten islamischen Welt ein problematisches Verhalten Frauen gegenüber
       begünstigt“ (Khola Maryam Hübsch in der [4][taz]) beziehungsweise dass man
       jetzt „natürlich über Geschlechterordnungen in arabischen und
       nordafrikanischen Ländern sprechen“ müsse (Margarete Stokowski im
       [5][Spiegel]): und man es dann aber nicht tat, sondern es wie einen
       moralischen Disclaimer stehen ließ.
       
       Ich weiß gar nicht, ob man darüber sprechen muss – vor meinen Augen stehen
       noch die christlichen Menschenhändler mit EU-Staatsbürgerschaften. Aber
       wenn man es „natürlich“ muss – dann jetzt. Dann muss man unbequeme
       Forderungen aufstellen, erzieherische Forderungen wohl vor allem. Und Geld
       in die Hand nehmen. Und vor allem den guten alten Koran mal Koran sein
       lassen. Es ist nur ein Buch, von toten Menschen für tote Menschen
       geschrieben wie die Bibel oder „Mein Kampf“. Unsere Probleme entstehen in
       unserer Zeit, in dieser einen, grenzenlosen Welt.
       
       13 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.spiegel.de/kultur/tv/hart-aber-fair-mit-frank-plasberg-zu-uebergriffen-in-koeln-eine-grenzwertige-diskussion-a-1071531.html
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=-ywONxKClMc
 (DIR) [3] http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/die-vielen-gesichter-des-david-bowie-100.html
 (DIR) [4] /Der-muslimische-Mann/!5263585/
 (DIR) [5] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/margarete-stokowski-ueber-sexualisierte-gewalt-a-1070905.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ambros Waibel
       
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