# taz.de -- Berlinale-Rezension „Midnight Special“: Mit biblischem Unterton
       
       > Der US-amerikanische Regisseur Jeff Nichols, Held des Independent-Kinos,
       > dreht mit „Midnight Special“ erstmals einen Science-Fiction-Film.
       
 (IMG) Bild: Joel Edgerton, Michael Shannon, Jaeden Lieberherr und Kirsten Dunst in „Midnight Special“. Jeff Nichols Film läuft im Berlinale-Wettbewerb
       
       Das Etikett „Independent-Filmer“ ist nicht mit viel Glamour verbunden. Aber
       es steht für eine eigene Handschrift, für Innovation, für „Unabhängigkeit“,
       im besten Fall für die von dominierenden Geschmäckern und kommerziellen
       Interessen. „Shotgun Stories“, Jeff Nichols’ Debüt, das 2007 bei der
       Berlinale lief, war so ein Fall.
       
       Er erzählte von einem Bruderzwist biblischen Ausmaßes mit den Mitteln eines
       sanften „Mumblecore“-Realismus. Auch in „Take Shelter – Ein Sturm zieht
       auf“, stand die Größe der Geschichte – ein Mann fürchtet den Weltuntergang
       oder ist paranoid, oder beides – im Kontrast zu den erzählerischen Mitteln.
       Wenn einer wie Nichols einen Science-Fiction-Film dreht, fühlt man sich
       alarmiert. Sci-Fi braucht oft ein größeres Budget. Heißt: automatisch
       weniger Unabhängigkeit.
       
       Solche Sorgen stellen sich in „Midnight Special“ als unberechtigt heraus.
       Nicht nur, dass wieder Michael Shannon mitspielt, auch in einem weiteren
       Punkt bleibt Nichols sich treu: im „biblischen“ Unterton, den die
       Vorgängerfilme hatten. Es braucht eine Weile, bis man der Geschichte auf
       die Spur kommt.
       
       Zunächst sind da zwei Männer, Roy (Shannon) und Lucas (Joel Edgerton), die
       einen 8-jährigen Jungen (Jaeden Lieberher) entführt haben. Man versteht
       schnell, dass sie keine Verbrecher sind. Zwiespältig bleibt die Rolle der
       Sekte, zu der der Junge gehörte, auch jene von FBI und NSA, die den
       Entführern auf der Spur sind.
       
       Die Plotwendungen eines solchen „Gejagten“-Szenarios mit Motels und
       Straßensperren sind fast allzu vertraut, aber Nichols hält die Spannung,
       indem er den gestressten und dann wieder seltsam entschlossenen Reaktionen
       seiner Figuren viel Platz einräumt. Doch das Rätsel um den Jungen ist
       schließlich so rätselhaft nicht, und wenn der Film seine Enthüllung
       beginnt, steht man als Zuschauer bereits mit Blick auf die Uhr im Ziel.
       
       Schade – weil die Schauspieler ihr Bestes im dialogarmen Minimalismus
       geben. Kirsten Dunstzeigt erneut, wie weit sie sich vom Blondie-Image
       verabschiedet hat, und Joel Edgerton als eine Art „erster Apostel“ verleiht
       dem Film den Grad an geerdetem Geheimnis, den man sich für den Rest
       gewünscht hätte.
       
       12 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Schweizerhof
       
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