# taz.de -- Kommentar Afghanische Flüchtlinge: Eine Abschiebung ist lebensgefährlich
       
       > Die Forderung des Innenministers, Afghanistan möge Asylsuchende
       > zurücknehmen, ist absurd. Es gibt nur eine Fluchtursache: mangelnde
       > Sicherheit.
       
 (IMG) Bild: Wirklich alles sicher hier? Thomas de Maizière macht keinen besonders entspannten Eindruck – im Polizeitrainingszentrum von Masar-i-Sharif.
       
       Trotz der chaotischen Zustände in Afghanistan versucht die Bundesregierung
       alles, um afghanische Flüchtlinge abzuschieben. Nur aus diesem Grund ist
       Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach Afghanistan gereist. Er
       will Kabul dazu bewegen, die Asylsuchenden zurückzunehmen. Berlin will den
       rückkehrwilligen Afghanen sogar eine finanzielle Starthilfe mit auf den Weg
       geben.
       
       Das klingt erst einmal gut, ist aber tatsächlich absurd, weil afghanische
       Flüchtlinge nicht wegen des Geldes oder aus wirtschaftlichen Gründen ihr
       Land verlassen haben. Die tatsächliche Ursache der Flucht ist die
       unzumutbare Sicherheitslage und die Instabilität in Afghanistan.
       
       Die Zahlen sprechen für sich: Nach der Vertreibung der Taliban kamen in
       2002 nicht weniger als 1,5 Millionen Afghanen aus den Nachbarländern
       Pakistan und Iran in ihre Heimat zurück. Dies zeigt die große Hoffnung auf
       ein friedliches Leben im eigenen Land. Diese Hoffnung dauerte jedoch nicht
       lange. Eine schwache Regierung, grassierende Korruption, immer mehr Gewalt
       und Fanatismus am Hindukusch ließen den Traum von Frieden und Entwicklung
       platzen.
       
       Nach 2002 sind in jedem Jahr weniger Flüchtlinge zurückgekehrt. In 2010
       waren es nur noch 30.000 Menschen, obwohl allein im armen und ebenfalls
       nicht sehr stabilen Pakistan noch immer zwei Millionen Afghanen leben. Seit
       2014 ist die Zahl derer, die Afghanistan in Richtung Nachbarländer
       verlassen wieder größer als die Zahl derer, die heimkehren.
       
       Um es ganz klar zu sagen: Der lange Versuch des Westens, in Afghanistan
       Stabilität zu schaffen, ist gescheitert. Das Land ist politisch gespalten.
       Die Regierung kontrolliert lediglich 72 Prozent des afghanischen
       Territoriums, heißt es in einem Bericht des US-Generalinspektors für den
       Wiederaufbau Afghanistans. Allerdings: Selbst diese 72 Prozent sind alles
       andere als sicher, denn hier terrorisieren die Taliban und inzwischen fast
       überall auch der so genannte Islamische Staat (IS) die Bevölkerung fast
       täglich mit Anschlägen.
       
       Die Menschen sind derzeit fest davon überzeugt, dass ein Ende des
       Kriegszustands nicht in Sicht ist. Mehr als eine Million Afghanen sind in
       den vergangenen vier Kriegsjahrzehnten bereits gestorben. Viele Menschen
       befürchten nun nach dem Abzug der westlichen Truppen nicht nur einen
       Bürgerkrieg, sondern dass die Taliban wieder an die Macht kommen.
       Gleichzeitig erhebt auch der IS Machtansprüche – in Konkurrenz zu den
       Taliban. Die Gefahr hat sich verdoppelt. Ohne ausländische Truppen in
       großer Zahl ist es nicht möglich, die Extremisten aufzuhalten.
       
       Nur wenn es gelingt, in Afghanistan Sicherheit und Zukunftsperspektiven zu
       schaffen, kann man den Zustrom der Flüchtlinge verringern.
       
       3 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mortaza Rahimi
       
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