# taz.de -- Bauwagenplatz in Flensburg: Luftschlossfabrik droht die Räumung
       
       > Die Stadtverwaltung will den Bauwagenplatz und die Kulturstätte
       > „Luftschlossfabrik“ räumen. Stadtratsfraktionen fordern einen Aufschub.
       
 (IMG) Bild: Wo mal Boote fliegen sollten: Der Bauwagenplatz „Luftschlossfabrik“ an der Flensburger Förde
       
       Hamburg taz | Für das Areal an der Flensburger Harniskai-Spitze mit dem
       bunt besprühten Pavillon gibt es keine Pläne. Eigentlich wäre es nichts
       weiter als eine Brachfläche. Doch seitdem im August 2013 ein gutes Dutzend
       Bauwagen-BewohnerInnen das Gelände besetzt hat, gibt es in der
       Luftschlossfabrik Probe- und Ausstellungsräume, Werkstätten und eine
       Skaterbahn. Einzig die Stadt Flensburg ist von der Kulturstätte nicht
       begeistert. Sie besitzt das Areal seit Februar vergangenen Jahres – und
       will die Bauwagensiedlung nun trotz des Winters räumen lassen.
       
       Das Vorgehen der Stadt sei rechtswidrig, sagt der Hamburger Anwalt Hendrik
       Schulze in einem Antrag auf eine Einstweilige Verfügung an das
       Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein. Ein offizieller Beschluss über die
       Räumung, also ein sogenannter Räumungstitel, liege nicht gegen die als
       BewohnerInnen gemeldeten Personen vor, begründet Schulze. Die Bauwagenleute
       fürchteten nun, dass die Stadt das Gelände schon am heutigen Montag räumen
       lässt und damit „vollendete Tatsachen schafft“, sagt einer der
       BewohnerInnen der taz.
       
       Das Areal war 2010 von der Firma Tycoon gepachtet worden, die mit dem
       Unternehmen „Highship Ltd“ eine Flugboote-Montage aufbauen wollte – doch
       der Plan floppte. Mit Billigung der Pächterin Barbara Geisel nutzten die
       „Bauis“ das Terrain, bis die Stadt die Rückgabe des Grundstücks 2015
       gerichtlich durchsetzen konnte. Nun bereitet sie mit einem
       Gerichtsvollzieher die Räumung vor. Am gestrigen Sonntag lief ein Ultimatum
       ab, dass der Gerichtsvollzieher den Bauwagen-BewohnerInnen zum freiwilligen
       Auszug gestellt hatte.
       
       Dabei wäre es im vergangenen Jahr beinahe zu einer einvernehmlichen Lösung
       gekommen: Die Flensburger Stadterneuerungsgesellschaft wollte die
       alternative Wohnform auf eine rechtlich sichere Basis stellen. Fast ein
       Jahr lang hat Geschäftsführer Helmut Pagel mit den BewohnerInnnen der
       Luftschlossfabrik gesprochen – und nach einer Alternativfläche gesucht. Ein
       Vertrag über ein Gleisdreieck der Deutschen Bahn war bereits
       unterschriftsreif, bis ein „Nein von höherer Entscheidungsebene“ gekommen
       sei, sagt Pagel.
       
       Gegen das aktuelle Vorgehen der Stadt wächst nun politischer Widerstand:
       „Für eine gewaltsame Räumung des Geländes gibt es kein politisches Mandat,“
       schreibt die Fraktionsvorsitzende der Linken, Gabi Ritter, in einem offenen
       Brief an Flensburgs Oberbürgermeister Simon Faber (SSW). Wer so etwas
       anstrebe, müsse eine entsprechende Beschlussvorlage in die Ratssitzung
       einbringen, die dann politisch diskutiert, juristisch abgesichert und
       öffentlich abgestimmt werden müsse.
       
       „Zurzeit gibt es keinen Grund, die Harniskai-Spitze zu räumen“, sagt auch
       die Grüne Fraktionschefin Ellen Kittel-Wegner, die einen
       Dringlichkeitsantrag in den Hauptausschuss des Stadtrates am Dienstag
       eingebracht hat. Bevor der Platz geräumt werde, sollten BürgerInnen nach
       ihren Ideen zu einer temporären Zwischennutzung der Harniskai-Spitze
       befragt werden, fordert die Grüne Fraktion. Bis dahin sei ein Aufschub
       nötig.
       
       Oberbürgermeister Faber war zu keiner Stellungnahme bereit. „Das Verfahren
       liegt beim Gerichtsvollzieher“, sagte stattdessen Flensburgs Pressesprecher
       Clemens Teschendorf. Soll heißen: Die Stadtspitze mischt sich nicht ein .
       
       Ritter von der Linken ärgert sich über diese passive Haltung: „Ein
       Gerichtsvollzieher alleine wird keine Hundertschaften ordern und gleich mit
       einem Abrissunternehmen kommen können, wie es geplant ist“, sagt die
       Fraktionsvorsitzende.
       
       „Wir sollten Politik nicht über die Gerichte machen, sondern in einem
       fruchtbaren Miteinander“, ergänzt die Landtagsabgeordnete und
       SPD-Oberbürgermeisterkandidatin Simone Lange. „Eine Verhärtung der Fronten
       bringt niemandem etwas.“ Deshalb werde der Hauptausschuss am Dienstag noch
       einmal über den Sachverhalt diskutieren, sagt die SPD-Abgeordnete. „Dessen
       Votum wird anzuerkennen sein.“
       
       31 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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