# taz.de -- Fukushima und die Folgen: Huch, 300 Milliarden Becquerel!
       
       > Der Betreiber der Katastrophen-Atomanlage hat 2013 bei Erdarbeiten
       > geschlampt. So wurden große Mengen radioaktives Cäsium-137 freigesetzt.
       
 (IMG) Bild: Hier wurde gepfuscht: Blick auf den Katastrophenreaktor Fukushima Daiichi
       
       Göttingen taz | Eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Hannover
       zu den Umweltauswirkungen des Atomunglücks von Fukushima hat weitere
       massive Versäumnisse des AKW-Betreibers Tepco aufgedeckt: Durch Erdarbeiten
       des Unternehmens im August 2013 auf dem Areal der größtenteils zerstörten
       Atomanlage wurden 300 Gigabecquerel, also 300 Milliarden Becquerel, des
       radioaktiven Isotops Cäsium-137 freigesetzt und vom Wind weitergetragen.
       
       Die Einheit Becquerel bezeichnet die Anzahl der radioaktiven
       Zerfallsprozesse. In Japan beträgt der Grenzwert für Cäsium in Trinkwasser
       10 Becquerel pro Kilogramm, eine EU-Verordnung schreibt 100 Becquerel fest.
       Cäsium-137 hat eine Halbwertzeit von etwa 30 Jahren und wird unter anderem
       vom Muskelgewebe aufgenommen.
       
       „Die Ergebnisse in diesem Ausmaß haben uns überrascht, das haben wir nicht
       für vorstellbar gehalten“, sagte der Co-Initiator der Studie, Georg
       Steinhauser vom Institut für Radioökologie und Strahlenschutz der
       Universität Hannover. Tepco habe ganz offensichtlich die einfachsten
       Vorsichtsmaßnahmen wie etwa Abdeckungen mit Planen zur Staubunterdrückung
       sowie das Warten auf günstige Windverhältnisse außer Acht gelassen. Die
       gemeinsam mit japanischen Hochschulen realisierte Untersuchung ist
       Titelgeschichte der aktuellen Dezember-Ausgabe der Fachzeitschrift
       Environmental Science & Technology.
       
       Die Wissenschaftler sind sicher, dass der hochgradig kontaminierte Staub
       vom Kraftwerksgelände in Fukushima stammt und damit von Tepco zu
       verantworten ist. Die japanischen Co-Autoren hatten nämlich wenige Monate
       nach Beginn der Atomkatastrophe vor nunmehr fast fünf Jahren drei
       Luftfilterstationen nördlich, westlich und südlich des AKW-Geländes in
       Fukushima installiert. Seitdem, sagt Steinhauser, wurden die Messergebnisse
       in wöchentlichem Abstand ausgewertet. Die extremen Werte nördlich von
       Fukushima fielen den Forschern erstmals im August 2013 auf.
       
       ## Bodenproben erhärten die These
       
       Auch die Bodenproben und verschiedene Modellrechnungen legen Steinhauser
       zufolge nahe, dass es sich um eine „sekundäre Verfrachtung“ von nach dem
       Unfall bereits abgelagertem radioaktiven Material handelte, das bei
       Erdarbeiten in dem genannten Monat freigesetzt wurde und direkt vom
       AKW-Gelände stammt. „Wir gehen mit an Sicherheit grenzender
       Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Staubwolken vom AKW-Gelände
       stammen“, sagt der Wissenschaftler.
       
       Nach einem Erdbeben und einem Tsunami am 11. März 2011 hatten sich im
       japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi schwerste Störfalle ereignet.
       In drei Reaktorblöcken kam es zu Kernschmelzen. Große Mengen radioaktiver
       Stoffe wurden freigesetzt und kontaminierten Luft, Wasser, Böden und
       Nahrungsmittel. Annähernd 150.000 Einwohner mussten das Gebiet
       vorübergehend oder dauerhaft verlassen, hunderttausende in
       landwirtschaftlichen Betrieben zurückgelassene Tiere verendeten.
       
       Die langfristigen Auswirkungen der Katastrophe sind noch nicht
       abzuschätzen. Die Aufräumarbeiten könnten Experten zufolge noch mehrere
       Jahrzehnte dauern. Bisher haben es nicht einmal Roboter geschafft, auf das
       mit Trümmern übersäte Hauptgelände der Anlage zu gelangen.
       
       17 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reimar Paul
       
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       kritisch.