# taz.de -- Kommentar Weltklimaabkommen: Kleiner Hammer, große Wirkung
       
       > Das Abkommen von Paris ist revolutionär. Es beweist: Erfolge beim
       > Klimaschutz sind möglich, wenn die Koalitionen stimmen.
       
 (IMG) Bild: Wir haben es in der Hand. Nutzen wir diese Chance!
       
       Mit dem Wort „historisch“ sollte man sehr vorsichtig umgehen. Viel zu oft
       werden marginale Fortschritte auf allen erdenklichen Gebieten auf diese
       Weise hochgejazzt. Aber was sich am Samstagabend in Paris ereignet hat,
       wird ganz sicher in die Geschichtsbücher eingehen: Zum ersten Mal haben
       sich alle Staaten der Welt verpflichtet, gemeinsam den Klimawandel zu
       bekämpfen. Und sie haben es nicht mit einem windelweichen Kompromisspapier
       getan, sondern mit einem soliden Rahmen, dessen positiver Inhalt selbst die
       notorisch nörglerischen Umweltgruppen zum Staunen bringt.
       
       Das Historische – oder um es mit dem französischen Präsidenten Francois
       Hollande zu sagen: das Revolutionäre – des „Pariser Abkommens“ liegt in
       seinem Inhalt: Das extrem ehrgeizige Ziel, die Erderwärmung bis 2100 unter
       2 oder (noch besser) 1,5 Grad zu halten; die Zusage der Schwellenländer wie
       Indien und China, beim Klimaschutz mitzumachen; die vertragliche
       Zusicherung von Finanzhilfen für Klimaopfer; der faktische Abschied von
       Kohle, Gas und Öl. Jedes Einzelne dieser Ziele hätte die Klimaschützer bei
       jeder anderen Konferenz schon jubeln lassen. Jetzt kam es alles geballt –
       und auch noch bemerkenswert geräuschlos.
       
       Der Erfolg von Paris wurde so einmütig beschlossen, dass erfahrene Besucher
       der Konferenzen sich bis zum Schluss die Augen rieben. Konnten sonst selbst
       die kleinsten Unstimmigkeiten zu riesigen Dramen aufgeblasen werden,
       hämmerte Konferenzpräsident Laurent Fabius in Paris das große Paket unter
       dem Jubel der Masse einfach durch. Ein Klimavertrag per Akklamation. Ein
       Vertrag, der vielen noch am Morgen des letzten Tages als unmöglich
       erschienen war. Ein kleines Wunder.
       
       Der Durchbruch von Paris erzählt noch eine andere Geschichte: Fortschritt
       ist möglich, wenn er exakt geplant wird. Die minutiöse Vorbereitung von
       Fabius und seinem Team, die Geschlossenheit der „Ambitions-Koalition“ von
       Inselstaaten bis zu den USA, der Schulterschluss mit der Finanzwirtschaft
       und anderen Akteuren wie NGOs, Unternehmen und Gemeinden haben einen Sog
       erzeugt, dem am Ende nicht mal berüchtigte Bremser wie Saudi-Arabien
       widerstehen konnten.
       
       ## Erst feiern, dann kritisch die Umsetzung beobachten
       
       Die Front der Klimaschützer hat es endlich geschafft, den Mythos zu
       zerstören, die Weltwirtschaft könne nur mit Kohle und Öl befeuert werden.
       Sie hat ehrliche Hoffnung machen können, dass Wohlstand auch so organisiert
       werden kann, dass er nicht die Zukunft auffrisst. Für die Zukunft der
       Klimapolitik heißt das: Neue Koalitionen sind machbar, wenn sie sorgfältig
       vorbereitet sind.
       
       Sicherlich werden Rückschläge kommen. Wir sollten sehr genau hinsehen, wie
       das Pariser Abkommen umgesetzt wird, ob wirklich Geld fließt und Klimapläne
       eingehalten werden. Aber das sind die Sorgen von morgen. Heute sollte die
       Umweltbewegung feiern und mit ihr alle Menschen, denen die Zukunft nicht
       egal ist. Es gibt nicht viele Gelegenheiten, aus Öko-Sicht eine gute
       Flasche Bio-Champagner aufzumachen. Heute ist so eine.
       
       Und wenn der Kopf wieder klar ist, sollte die Diskussion über die
       Strategien und Instrumente der Zukunft beginnen, über die Macht der
       Kleinen, wenn sie sich zusammentun. Man kann sich dabei gern an die Worte
       von Laurent Fabius erinnern, nachdem er das Abkommen durchgebracht hatte:
       „Es ist nur ein kleiner Hammer, aber man kann damit große Dinge tun.“
       
       13 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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