# taz.de -- Angst vor Anschlägen in Belgien: Razzien und Terroralarm in Brüssel
       
       > Die Gefahr ist nicht gebannt: Bei Polizeieinsätzen in Belgien gab es über
       > 20 Festnahmen. Aus Sorge vor Anschlägen bleibt Brüssel im
       > Ausnahmezustand.
       
 (IMG) Bild: Freie Straßen: Auch in der Nähe des Hauptbahnhofs blieb es am Sonntag gespenstisch leer
       
       Brüssel afp | Im Großraum Brüssel haben die Behörden auch in der neuen
       Woche die höchste Terrorwarnstufe aufrecht erhalten. Schulen,
       Universitäten, Einkaufszentren und die U-Bahn blieben am Montag weiter
       geschlossen, in den Straßen patrouillierten Polizisten und Soldaten. Groß
       angelegte Antiterror-Razzien führten seit Sonntagabend zu 21 Festnahmen,
       nicht jedoch zur Verhaftung des seit den Anschlägen von Paris dringend
       gesuchten Franzosen Salah Abdeslam.
       
       „Die Ermittlungen werden fortgesetzt, bis wir das Problem gelöst haben“,
       sagte Innenminister Jan Jambon dem Sender Bel RTL. Ihm zufolge waren mehr
       als tausend Sicherheitskräfte im Einsatz, einschließlich der wegen des
       Terroralarms abgestellten Soldaten. Auf die Frage, wie Abdeslam so vielen
       Sicherheitskräften entkommen konnte, sagte der Minister: „Ich glaube, dass
       er viel Unterstützung auf unserem Gebiet haben muss. Deshalb sind alle
       Hausdurchsuchungen derzeit sehr wichtig.“
       
       19 Razzien am Sonntagabend erfolgten im Großraum Brüssel, darunter auch im
       Brennpunktviertel Molenbeek, sowie im südbelgischen Charleroi. 16 Menschen
       wurden dabei festgenommen. Waffen oder Sprengstoff seien nicht gefunden
       worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in der Nacht. Am
       Montagmittag vermeldeten die Ermittler fünf weitere Einsätze in Brüssel und
       zwei in Lüttich. Dabei wurden fünf weitere Verdächtige festgenommen.
       
       Der gesuchte Abdeslam sei weiter nicht unter den Festgenommenen, teilte ein
       Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP mit.
       Die Festgenommenen wurden von der Polizei verhört. Im Laufe des Tages
       sollte darüber informiert werden, gegen welche von ihnen möglicherweise
       Haftbefehl erlassen werde.
       
       Der 26-jährige Franzose Abdeslam wird von den Ermittlern verdächtigt, bei
       den Anschlägen von Paris eine wichtige Rolle gespielt zu haben,
       möglicherweise als Logistiker. Sein Bruder Brahim sprengte sich während der
       Anschlagsserie in einem der angegriffenen Pariser Restaurants in die Luft.
       Wenige Stunden nach den Anschlägen mit 130 Toten soll sich Salah Abdeslam
       wieder nach Belgien abgesetzt haben. „Alle wissen, dass von ihm eine
       gewisse Gefahr ausgeht“, sagte Innenminister Jambon im Rundfunksender RTBF.
       „Er ist folglich ein wichtiges Ziel.“
       
       ## Höchste Terrorwarnstufe
       
       Die Ermittler wiesen am Montag Medienberichte zurück, wonach ein am
       Sonntagabend bei Lüttich kontrollierter BMW im Zusammenhang mit dem
       laufenden Antiterror-Einsatz stehen könnte. Die Zeitung La Libre Belgique
       hatte am Sonntagabend berichtet, ein Verdächtiger, der Abdeslam sein könne,
       sei gegen 19.30 Uhr von Fahndern in der Nähe von Lüttich gesichtet worden.
       Er habe aber in einem BMW Richtung Deutschland entkommen können.
       Untersuchungen ergaben aber nach Angaben der Staatsanwaltschaft, „dass es
       keinerlei Verbindung mit dem laufenden Einsatz gab“.
       
       Eine Woche nach den Pariser Anschlägen hatten die belgische Behörden in der
       Nacht zum Samstag die höchste Terrorwarnstufe wegen einer „unmittelbaren
       Bedrohung“ ausgerufen. Am Sonntag wurde sie auf Montag verlängert. Das
       belgische Krisenzentrum OCAM sollte die Lage im Laufe des Tages erneut
       bewerten. Am Nachmittag wollte die Regierung entscheiden, ob sie die
       höchste Terrorwarnstufe beibehält.
       
       Innenminister Jambon forderte die Brüsseler auf, trotz des Terroralarms ihr
       Leben möglichst normal fortzusetzen. „Wir ergreifen die notwendigen
       Maßnahmen, um die Sicherheit der Menschen sicherzustellen“, sagte Jambon.
       „Aber das Leben in Brüssel sollte weitergehen, das wirtschaftliche Leben
       und das gesellschaftliche Leben.“ So blieben die Behörden geöffnet, „die
       Beamten kommen zur Arbeit“.
       
       Auch wegen des eingeschränkten öffentlichen Nahverkehrs ließen viele
       Unternehmen aber ihre Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten.
       EU-Institutionen und die Nato erhielten den Betrieb weitgehend aufrecht,
       verschärften aber die Sicherheitsmaßnahmen.
       
       Die französische Polizei veröffentlichte unterdessen einen Zeugenaufruf zu
       dem dritten Selbstmordattentäter von der Fußballarena Stade de France. Ein
       Foto zeigt den Mann, der sich am 13. November am Eingang H des Stadions in
       die Luft sprengte. Am Freitag hatte die Polizei erklärt, der Mann sei am 3.
       Oktober auf der griechischen Insel Leros registriert worden.
       
       ## Hollande und Cameron beraten über Luftangriffe
       
       Frankreichs Präsident François Hollande beginnt am Montag Gespräche mit
       international führenden Politikern über Konsequenzen aus den
       Terroranschlägen, für die die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die
       Verantwortung übernommen hat. Dazu empfängt der Staatschef zunächst den
       britischen Premierminister David Cameron im Élyséepalast. Cameron will in
       dieser Woche einen Plan zum Kampf gegen die IS vorlegen und britische
       Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien ausweiten.
       
       Anschließend kommt Hollande mit EU-Ratspräsident Donald Tusk zusammen. Auf
       Grundlage der EU-Verträge hatte Frankreich in der vergangenen Woche die
       EU-Staaten offiziell um Unterstützung im Kampf gegen den Terror gebeten. Am
       Dienstag reist Hollande zu Gesprächen mit US-Präsident Barack Obama nach
       Washington, für Donnerstag ist ein Treffen mit dem russischen Präsidenten
       Wladimir Putin in Moskau vorgesehen. Am Sonntag empfängt Hollande den
       chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Paris.
       
       23 Nov 2015
       
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