# taz.de -- Sport und Naturverbundenheit: Verlogene Bilder
       
       > Unseren Bewegungsdrang leben wir am liebsten in „freier Natur“ aus. Doch
       > auf wessen Kosten das geht, bedenkt kaum jemand.
       
 (IMG) Bild: Die Schneekanone macht es möglich: Wintersport in der „Natur“.
       
       Es arbeiten etliche Berufsfußballspieler aus Spanien beim FC Bayern
       München. Die staunen in diesen Wochen nicht schlecht über die milden
       Temperaturen in Deutschland. Bayernboss Karl-Heinz Rummenigge erzählte
       Mitte November, einer dieser Spanier habe gemeint, das sei ja wie in
       Marbella. Aber am Föhn liege das nicht, so Rummenigge weiter. Die
       bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf habe ihn darauf aufmerksam
       gemacht, dass das mit dem Klimawandel zusammenhänge. Hört, hört!
       
       Tatsächlich engagiert sich der FC Bayern gegen den Klimawandel. So ist die
       Außenbeleuchtung der Versicherungsarena am Münchner Müllberg inzwischen auf
       LED-Technik umgestellt worden. Gut möglich, dass, während Rummenigge
       sprach, in ebenjener Arena eine gigantische Rasenbeleuchtungsanlage die
       Halme des Spielfelds beleuchtete. Kaum eines der großen Stadien, in die in
       den dunklen Monaten kein Sonnenstrahl gelangt, kommt ohne diese künstlichen
       Lichtspender aus.
       
       Es wird viel investiert in einen Rest von Naturanmutung, ohne die der
       Männerfußball offenbar nicht auskommt. Der Hightech-Rasen soll an die Wiese
       im Park erinnern. Grashalme, die auf verschwitzten Männergesichern kleben,
       grünbraune Bremsstreifen auf Verteidigerhosen und Erdklumpen, die durch die
       Luft fliegen, wenn ein Spieler den Ball nicht richtig trifft. Diese Bilder
       sind in der Inszenierung des Profisports unabdingbar. Tag und Nacht muss
       das Licht über dem Rasen brennen, um dem Spiel ein wenig Natürlichkeit zu
       verpassen.
       
       Diese Natürlichkeit sucht auch jeder Wintersportler. Kaum einer, der vom
       Skiurlaub aus den Dolomiten zurückkommt, unterlässt es, von der Schönheit
       der Landschaft zu schwärmen, von der Einzigartigkeit des Skifahrens, davon,
       wie schön es doch ist, auch im Winter den ganzen Tag in der Natur
       verbringen zu können. Darüber, dass diese Natur alles andere als natürlich
       ist, machen sich die Urlauber kaum Gedanken. Dabei grenzt es beinahe schon
       an Geschmacklosigkeit, dass gerade in den Alpen der Klimawandel mit
       energiefressenden Schneekanonen bekämpft wird.
       
       Dieser Kampf ist durchaus erfolgreich. Je weniger Schnee vom Himmel fällt,
       desto schneesicherer werden die Skigebiete. Das Sudelfeld, ein Skigebiet,
       das in Tagesausflugsnähe zum skibegeisterten München liegt, soll bald schon
       mit 250 Schneekanonen beschneit werden. Anders ist ein regelmäßger
       Skibetrieb auf den Pisten, die sich in einer Höhe von 800 bis 1500 Meter
       befinden, einfach nicht mehr möglich.
       
       Flachländer machen Skikurse in riesigen Hallen, um sich im Pistenurlaub
       nicht zu blamieren. Für den werben die Wintersportgebiete auch in
       schneefreien Orten mit Kunstschneerodelbahnen, um die Hotels im Winter nur
       ja voll zu bekommen. Wenn sich demnächst Katar für die Austragung
       Olympischer Winterspiele powered by Tirol bewerben würde, kaum einer würde
       sich darüber wundern. Und wie im für den Wintersport planierten Sotschi
       würden dann Bilder von Sportlern vor Naturkulisse um die Welt gehen. Es
       sind verlogene Bilder.
       
       Den Sport zieht es in die Natur. Je naturnäher er daherkommt, desto
       klimaschädlicher ist er. Ein Dilemma? Wie wäre es, wenn nur noch Ski
       gefahren würde, wenn wirklich Schnee gefallen ist. Und der Fußball? Möge
       mit der Fifa untergehen.
       
       8 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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