# taz.de -- Nachwuchs von Flüchtlingen im Irak: Vielen Kindern droht Staatenlosigkeit
> Wer als Kind syrischer Flüchtlinge im Irak geboren wird, könnte
> staatenlos bleiben. Und ohne Staatsbürgerschaft findet man später keine
> legale Arbeit.
(IMG) Bild: Die Eltern haben oft nicht die finanziellen Mittel, Neugeborenen die grundlegenden Dokumente zu besorgen
Sawergosk ap | Aria ist staatenlos. Wie Tausende andere Kinder syrischer
Flüchtlinge im Irak beginnt das zehn Monate alte Mädchen ihr Leben in einer
rechtlichen Grauzone. Rund 240.000 Menschen, die vor den Kämpfen in Syrien
geflohen sind, leben nun im Nachbarland Irak. Sie schaffen es häufig nicht,
dass ihre Kinder die Staatsbürgerschaft eines der beiden Länder bekommen.
„Es ist erforderlich, eine Nationalität zu haben“, sagt Asad Chalil, der
Vater der kleinen Aria. „Sie existiert nicht in den Akten, weil sie hier
geboren wurde.“ Syrische Flüchtlinge, die in den Kurdengebieten des Iraks
Kinder bekommen, dürfen zwar bei den örtlichen Behörden offizielle
Geburtsurkunden beantragen. Doch viele Familien tun dies nicht.
Flüchtlingslager sind häufig weit entfernt von Regierungsgebäuden in
größeren Städten. Deshalb bekommen viele Kinder nicht einmal die
grundlegendsten Dokumente.
Chalil sagt, er könne für seine Tochter nur die Staatsbürgerschaft
beantragen, wenn seine Familie nach Syrien zurückkehre. Doch er befürchtet,
dass selbst eine kurzzeitige Rückkehr während des Bürgerkriegs dafür reine
Zeitverschwendung wäre. „Das Dokument, das wir von hier haben, ist sehr
einfach. Es zeigt nichts, außer, dass sie hier geboren wurde. Wenn wir das
nach Syrien mitnähmen, würden sie es vielleicht nicht anerkennen.“
Noch schwerer wird es, wenn die Kinder älter werden. Dann finden sie ohne
Staatsbürgerschaft keine legale Arbeit, können nicht reisen oder zur Schule
gehen. Wenn die Situation für sehr lange Zeit anhalte, würden diese Kinder
zu Erwachsenen ohne Staatsangehörigkeit, sagt Frederic Cussigh vom
UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. „Um legal im Irak zu arbeiten, könnte das
ein Problem sein, oder für ihre Aufenthaltsgenehmigung. Sie stünden die
ganze Zeit vor einer beeindruckenden Menge von Problemen, möglicherweise
für den Rest ihres Lebens.“
## Über 10.000 syrische Kinder im Irak geboren
Selbst die erforderlichen Papiere im Irak zu beschaffen könne für
Flüchtlinge mit begrenzten Finanzmitteln schwierig sein, erklärt Cussigh.
„Allein die Kosten für ein Taxi zu tragen, um zu den Behörden zu kommen,
kann schwer sein.“
Laut Zahlen der UN wurden seit Beginn der Syrien-Krise 12.516 syrische
Kinder im Irak geboren. Ihre Familien zählen zu den mehr als vier Millionen
Syrern, die seit Ausbruch des Konflikts 2011 aus dem Land flohen, die
meisten von ihnen in Nachbarländer. Madschide Mohammeds Sohn Ahmed hat
ebenfalls keine nationalen Ausweispapiere. Sie brachte das inzwischen 14
Monate alte Kind in Syrien zur Welt, musste dann aber mit ihrer Familie
fliehen. In ihrer Heimatstadt konnte sie das Neugeborene deshalb nicht
registrieren lassen.
6 Dec 2015
## AUTOREN
(DIR) Balint Slanko
## TAGS
(DIR) Schwerpunkt Syrien
(DIR) Syrische Flüchtlinge
(DIR) Syrischer Bürgerkrieg
(DIR) Schwerpunkt Flucht
(DIR) Ägypten
(DIR) Schwerpunkt Flucht
(DIR) Schwerpunkt Syrien
(DIR) Schwerpunkt Syrien
(DIR) Mali
(DIR) Schwerpunkt Syrien
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Hightech-Geräte in Flüchtlingslagern: „Es muss auch ein Gewinn drin sein“
Der Entwicklungshelfer Kilian Kleinschmidt erklärt, wieso 3-D-Drucker in
jordanischen Flüchtlingslagern helfen können.
(DIR) Kolumne Macht: In Syrien ist alles völlig in Ordnung
Papiere von Flüchtlingen sind gefälscht? Dann versuchen Sie doch mal,
Dokumente in einem Bürgerkriegsland zu organisieren.
(DIR) Integration von Flüchtlingen: Ruf nach der Hausordnung
In Flüchtlingsheimen häufen sich gewalttätige Konflikte. Konservative
Politiker instrumentalisieren das für ihre Zwecke.
(DIR) Debatte Kampf gegen IS: Worum es in Syrien geht
Militärische Interventionen sind kein Selbstzweck, sie sind ein Mittel.
Deshalb müssen die Ziele eines Einsatzes genau definiert werden.
(DIR) Kampf gegen den IS: Kein Krieg gegen Terror
In London und Madrid demonstrieren Tausende gegen einen Militäreinsatz in
Syrien. Das britische Parlament stimmt bald über einen Einsatz ab.
(DIR) Attentat in Mali: Tote bei Angriff auf UN-Lager
Die Bundeswehr will mehr Soldaten nach Mali entsenden. Die Lage ist
instabil, bei einem Angriff auf einen UN-Stützpunkt sterben Mitarbeiter.
(DIR) Gipfeltreffen in der Türkei: G-20-Staaten suchen Lösung für Syrien
In Antalya wird Putin zum umworbenen Mann. Die Staatschefs haben sich auf
engere Zusammenarbeit bei der Terrorbekämpfung geeinigt.