# taz.de -- Entwicklungen im NSU-Prozess: Die neue Gesprächigkeit
       
       > Beate Zschäpe will nach langem Schweigen aussagen. Ein Mitangeklagter
       > zieht mit: Auch Ralf Wohlleben will nun „dreiste Lügen“ widerlegen.
       
 (IMG) Bild: Er will selbst aussagen: Ralf Wohlleben, hier neben seiner Anwältin Nicole Schneiders.
       
       BERLIN taz | Kommende Woche soll es nun so weit sein: Dann will Beate
       Zschäpe aussagen im Münchner NSU-Prozess, nach zweieinhalb Jahren des
       Schweigens. Eine „ausführliche“, schriftliche Einlassung soll es werden.
       Danach würden auch Fragen der Richter beantwortet.
       
       Ursprünglich war die Aussage bereits für November geplant, dann kamen ein
       Befangenheitsantrag und der Urlaub eines Verteidigers dazwischen. Nun, so
       lässt Zschäpes Verteidiger Mathias Grasel wissen, gehe er davon aus, dass
       es klappt.
       
       Und auch die Aussage eines weiteren Mitangeklagten scheint inzwischen
       sicher: Ralf Wohlleben. Seine Anwältin Nicole Schneiders kündigte in einer
       Mitteilung an, der 40-Jährige werde die „dreisten Lügen“ einiger Zeugen
       „klarstellen“. Anders als Zschäpe werde Wohlleben selbst aussagen und
       Fragen aller Verfahrensbeteiligten beantworten.
       
       Wohllebens Aussage deutete sich seit dem Zschäpe-Schwenk bereits an. Der
       frühere NPD-Funktionär steht im Prozess mächtig unter Druck. Er wird der
       Beihilfe zum Mord beschuldigt, weil er dem NSU die Ceska-Pistole
       organisiert haben soll, mit der dieser neun Migranten tötete. Im Prozess
       wurde Wohlleben schwer belastet. Der Mitangeklagte Carsten S., der die
       Waffe überbrachte, sagte aus, der Jenaer habe den Waffendeal organisiert
       und bezahlt. Ein weiterer Angeklagter, Holger G., berichtete, Wohlleben
       habe auch ihm aufgetragen, eine weitere Waffe zum NSU-Trio zu bringen.
       
       Anwältin Schneiders widerspricht: Beiden Zeugen gehe es nur darum, „ihre
       eigene Rolle herunterzuspielen“. Das Gericht hielt deren Aussagen aber für
       glaubwürdig. Mehrfach lehnte es Anträge der Verteidiger ab, Wohlleben aus
       der Haft zu entlassen – wegen des fortbestehenden Tatverdachts. Seit vier
       Jahren sitzt Wohlleben in U-Haft, festgenommen nach dem Auffliegen des NSU.
       
       Die Mitteilung von Schneiders – sie ist vor allem eine Botschaft an die
       rechte Szene. Die hält bis heute zu Wohlleben, der in den neunziger Jahren
       zur gleichen Kameradschaft wie Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe
       gehörte. Neonazis organisierten eine „Freiheit für Wolle“-Kampagne,
       sammelten auf Konzerten Spenden. Schneiders versichert, Wohlleben sei
       seinen „Idealen und politischen Überzeugungen treu geblieben“ – offenbar,
       um die Aussage nicht als Verrat wirken zu lassen. Diese sei lediglich ein
       „Akt der Notwehr gegen Lügen und Unterstellungen“.
       
       ## „Die, Jew, die“
       
       Die Szene scheint es zu akzeptieren. „Wer ihn kennt, der weiß, es ist
       erstunken und erlogen“, heißt es dort nach der Ankündigung. „Hier soll ein
       anständiger Kerl zum Sündenbock gemacht werden.“
       
       Sollten Zschäpe und Wohlleben tatsächlich aussagen, schweigt nur noch einer
       der fünf Angeklagten im NSU-Prozess: André E. Ihm wird vorgeworfen, dem
       Trio eine Wohnung und Bahncards besorgt sowie ein Wohnmobil angemietet zu
       haben. Auch E. gehört bis heute zur rechtsextremen Szene, aus seiner
       Gesinnung macht er kein Geheimnis. „Die, Jew, die“, lautet eines seiner
       Tattoos. „Stirb, Jude, stirb.“
       
       30 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) NSU-Prozess
 (DIR) Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
 (DIR) Beate Zschäpe
 (DIR) NSU-Prozess
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Bundestag
 (DIR) NSU-Prozess
 (DIR) Verfassungsschutz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zschäpe-Aussage im NSU-Prozess: Am Mittwoch soll es wirklich klappen
       
       Zweieinhalb Jahre schwieg Beate Zschäpe im NSU-Prozess. Am Mittwoch will
       sie nun aussagen – lassen. Aber nur unter ihren Bedingungen.
       
 (DIR) NSU-Untersuchungsausschuss in Hessen: Kommissar fehlte Bekennerschreiben
       
       Helmut W. sollte den Mord am NSU-Opfer Halit Yozgat aufdecken. Im Landtag
       räumte der Ermittler ein: Ein politisches Motiv erkannte er damals nicht.
       
 (DIR) Thüringens VS nach dem NSU-Debakel: „Wir sind nicht James Bond“
       
       Mit Stephan Kramer bekommt der thüringische Verfassungsschutz einen neuen
       Chef und einen neuen Auftrag - mehr Transparenz.
       
 (DIR) Zweiter NSU-Untersuchungsausschuss: Zu viele Fragen sind noch offen
       
       Der Bundestag versucht sich weiter in Aufklärung. Es soll vor allem darum
       gehen, was V-Leute wirklich wussten und wie viele Terrorhelfer es gab.
       
 (DIR) NSU-Prozess in München: Zschäpes Anwälte müssen bleiben
       
       Die Verteidiger Heer, Stahl und Sturm werden die Angeklagte im NSU-Prozess
       weiter verteidigen. Ein Befangenheitsantrag gegen die Richter wurde
       abgelehnt.
       
 (DIR) Neuer Chef für Thüringer VS: Der maximale Reformer
       
       Thüringens Verfassungsschutz wird jetzt von Stephan Kramer, einst
       Generalsekretär des Zentralrats der Juden, geführt.