# taz.de -- Verhinderte Flüchtlingsunterkunft: Wir sprechen uns vor Gericht
> Nach dem Baustopp für eine Flüchtlingsunterkunft in Klein Borstel redet
> der Hamburger Senat nicht mit den Klägern – weitere Bauvorhaben könnten
> sich verzögern.
(IMG) Bild: In Klein Borstel unerwünscht: „Massenunterbringung“ von Flüchtlingen.
HAMBURG taz | „Fehlende Dialogbereitschaft“ wirft die Initiative
„Lebenswertes Klein Borstel“ dem Hamburger Senat vor. Die Initiative hatte
mit einer Klage eine Flüchtlingsunterkunft mit 700 Plätzen in ihrem
Stadtteil vorläufig verhindert. Auch nach dem vergangene Woche vom
Verwaltungsgericht im Eilverfahren verfügten Baustopp lehne die zuständige
Sozialbehörde ihr Gesprächsangebot, so die Initiative, und verhindere damit
eine „gebietsverträgliche Lösung im Interesse der Flüchtlinge und
Anwohner“.
Man bezweifle, dass die Behörden, die nun vor dem Oberverwaltungsgericht
Beschwerde gegen den Baustopp eingelegt haben und an einer Änderung des
bestehenden Bebauungsplanes arbeiten, „den schnellsten Weg gewählt“ hätten,
„um den Flüchtlingen zu helfen“.
In der Behörde aber stellt man sich stur. „Klagen oder reden – da muss sich
die Initiative entscheiden“, gibt Sozialbehördensprecher Marcel Schweitzer
den Klein Borstelern mit auf den Weg: „Die Gesprächskultur findet derzeit
vor Gericht statt.“ Dass der Senat in der Vergangenheit bei juristischen
Konflikten mit Bürgergruppen, gleichzeitig das Gespräch suchte, um noch zu
einem Vergleich zu kommen, verschweigt Schweitzer. Der Initiative gehe es
zudem „nicht um Einigung, sondern um Verhinderung“, geht Schweitzer die
Klägergruppe frontal an.
Die aber kontert: „Wir sind keine Totalverweigerer.“ Die Initiative will –
wie die meisten ihrer Geschwisterinitiativen – keine „Massenunterkünfte“,
sondern eine reduzierte Flüchtlingsunterbringung, die eine Integration
besser gewährleisten könne. Der Senat hingegen steht auf dem Standpunkt,
aufgrund des hohen Flüchtlingszuzugs gäbe es keine Alternativen zu den
meist sehr großen Erstaufnahme- und Folgeunterkünften.
Die Initiative kritisiert außerdem die Gerichtsschelte vor allem der
Fraktionen der Grünen und der SPD nach dem Eilentscheid am vergangenen
Donnerstag. Deren sozialpolitische Sprecherinnen hatten in einer gemeinsam
verfassten Erklärung dem Gericht vorgeworfen, es sei seiner „politischen
Verantwortung“ mit dem Entscheid „nicht hinreichend“ gerecht geworden. Die
Initiative hingegen, mahnt an: „Der Senat sollte die Entscheidung der
Gerichte respektieren und zum Anlass nehmen“, seine Strategie zu
überdenken.“
Rot-Grün aber setzt weiterhin darauf, die Flüchtlingsheim-Bebauung
juristisch durchzusetzen. „Wir haben zwei Wochen Zeit, unsere Beschwerde
gegen den Gerichtsbeschluss zu formulieren und sind gerade dabei“, benennt
Schweitzer den aktuellen Stand. Bis das Oberverwaltungsgericht dann
entscheidet, könnten Monate vergehen. Noch länger aber dauert die
Aufstellung eines neuen Bebauungsplans, der eine Flüchtlingsunterkunft auf
dem derzeit vom Ohlsdorfer Friedhof genutzten Gelände vorsieht. Dieser käme
zum Tragen, sollten die Gerichte den Bau auf der Grundlage des Sicherheits-
und Ordnungsgesetzes (SOG) endgültig kassieren.
Das würde vermutlich kein Einzelfall bleiben: Eine rechtliche Prüfung der
Sozialbehörde, wie viele geplante Unterkünfte nach dem Gerichtsbeschluss
juristisch auf wackligen Beinen stehen, ergab eine Anzahl „von nicht viel
mehr als zehn“, so Schweitzer. Sie liegen über das ganze Stadtgebiet
verteilt und auch ihnen droht eine langwierige Bauverzögerung.
3 Nov 2015
## AUTOREN
(DIR) Marco Carini
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