# taz.de -- Schmiergeldprozess um Panzerbauer: Waffendeal wie geschmiert
       
       > Ein Manager des Rüstungskonzerns Krauss-Maffei Wegmann soll Schmiergeld
       > abgezweigt haben. Ein Ex-SPD-Abgeordneter muss aussagen.
       
 (IMG) Bild: Exportschlager: Panzer wie der „Leopard 2“ verkaufen sich ganz gut. Wohl auch, weil nachgeholfen wurde.
       
       München taz | Man muss ja zumindest mal gefragt haben. Dass von diesem
       Zeugen keine aufschlussreichen Auskünfte zu erwarten sein würden, dessen
       war sich der Vorsitzende Richter Max Boxleitner schon im Vorhinein bewusst,
       trotzdem wurde der ehemalige Bundestagsabgeordnete Heinz Alfred Steiner im
       Münchner Prozess um Schmiergeldzahlungen des Rüstungskonzerns Krauss-Maffei
       Wegmann (KMW) vorgeladen.
       
       Und der gab sich erwartungsgemäß schweigsam. Kurzer Blick zum Anwalt, ein
       leichtes Kopfschütteln von diesem, und dann: „Nein.“ Diese Szene spielt
       sich dreimal hintereinander ab, als Steiner gefragt wird, ob er sich zu
       diesem oder jenen für das Gericht interessanten Themenkomplex äußern wolle.
       
       Was das Gericht an diesem Morgen von Steiner erfährt, geht am Ende nicht
       über das hinaus, was man auch auf Wikipedia hätte nachlesen können: dass er
       79 Jahre alt ist, in Iserlohn lebt, SPD-Mitglied ist,
       Bundestagsabgeordneter von 1980 bis 1994 war, die meiste Zeit davon im
       Verteidigungsausschuss saß und zuletzt sogar dessen stellvertretender
       Vorsitzender war. Einzig der Bindestrich verwirrt etwas.
       
       Steiner sagt bei den Angaben zur Person seinen Vornamen und ergänzt: „Ohne
       Bindestrich.“ Das steht nicht nur im Widerspruch zu der Schreibweise auf
       Wikipedia und der in vielen Artikeln über den Politiker, sondern sogar zu
       der auf alten Wahlplakaten, auf denen sein Name über dem Slogan „Sicherheit
       für Deutschland“ steht. Aber der Bindestrich dürfte hier, um im Jargon zu
       bleiben, nicht kriegsentscheidend sein.
       
       ## Staat hat nicht mitverdient
       
       Steiners Schweigen verwundert wenig, schließlich ist er selbst Angeklagter
       in einem anderen Verfahren, in dem es um Korruption bei den
       Rüstungsgeschäften von KMW geht, und nimmt deshalb von seinem Recht
       Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Beihilfe zur Steuerhinterziehung wird
       dem früheren Berufssoldaten in dem Verfahren vorgeworfen.
       
       Der Name Steiner fällt schon seit längerem immer wieder, wenn es um
       Korruption im Zusammenhang mit KMW geht. Der Ex-Politiker hatte gemeinsam
       mit Dagmar Luuk, ebenfalls einer ehemaligen Abgeordneten des Bundestags und
       dort Vorsitzender der Deutsch-Griechischen Parlamentariergruppe, eine Firma
       gegründet: das Büro für Südosteuropa-Beratung GbR (BfS). Über die BfS
       sollen nach Auffassung der Staatsanwaltschaft die Schmiergeldzahlungen an
       Griechenland gelaufen sein.
       
       Heute im Sitzungssaal B 273 des Landgerichts München ist Steiner jedoch nur
       Nebendarsteller. Im Mittelpunkt steht hier Olaf E., ein ehemaliger Manager
       von KMW. Ihm wird Steuerhinterziehung vorgeworfen. Ein wenig absurd klingt
       es ja schon: Olaf E. hat Schmiergeldzahlungen an griechische
       Regierungspolitiker eingeräumt. Jetzt steht er vor Gericht, ihm droht sogar
       eine Haftstrafe. Was ihm aber zur Last gelegt wird, ist nicht Korruption,
       sondern der Umstand, dass der Staat daran nicht mit verdient hat.
       
       Korruption gilt zwar auch in Deutschland nicht als Kavaliersdelikt, aber
       anders als die Steuerhinterziehung ist sie im Fall von Olaf E. schon
       verjährt. Auch der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann, für den Olaf E.
       damals arbeitete, ist mitangeklagt. Aber auch das Unternehmen nicht wegen
       Korruption – sondern weil es die Schmiergelder von der Steuer abgesetzt
       hatte.
       
       ## Olaf E. fühlte sich unterbezahlt
       
       Aber alles der Reihe nach: Man schrieb das Jahr 2001, als sich die
       griechische Regierung, damals bei Rüstungsausgaben noch etwas weniger
       zurückhaltend als heute, nach neuem Gerät für ihre Armee umsah. Und die
       Münchner Firma Krauss-Maffei Wegmann hatte da interessante Artikel in ihrem
       Angebot. Etwa den Kampfpanzer Leopard – ein echter Verkaufsschlager. Oder
       die Panzerhaubitze mit dem weniger klingenden Namen Pzh 2000. Aber auch sie
       ist ein vielseitiges Geschütz, das das Herz eines manchen Artilleriefreunds
       höher schlagen lassen dürfte: Die PzH2000, so preist sie ihr Hersteller an,
       ist ein „hochmobiles und flexibles Waffensystem, das sowohl im
       konventionellen Einsatz, als auch in asymmetrischen Gefechtsszenarien zur
       indirekten Feuerunterstützung eingesetzt wird“. Klingt toll – und weckte
       das Interesse der für das Militär Verantwortlichen in Athen. 24 Haubitzen
       sollten es schließlich sein, entschied man in Griechenland. Kostenpunkt:
       188 Millionen Euro.
       
       Dass die Entscheidung nun ausgerechnet für das Angebot aus München fiel,
       mag an der hohen Qualität der Produkte aus dem Hause Krauss-Maffei Wegmann
       (KMW) liegen. Es könnte aber auch damit zusammenhängen, dass der Deal
       wichtigen Entscheidungsträgern in Griechenland durch Aufmerksamkeiten
       pekuniärer Art besonders schmackhaft gemacht wurde. Diesen Verdacht
       zumindest hegt die Staatsanwaltschaft in München. So soll sogar der
       Verteidigungsminister mit einem erklecklichen Sümmchen bestochen worden
       sein. Oder – etwas freundlicher formuliert – geschmiert. Dass hier
       Korruption im Spiel war, daran zweifelt eigentlich niemand mehr, aber die
       genauen Umstände, das „Wie“, sind noch etwas unklar.
       
       Und da kommt Olaf E. ins Spiel. Er war zur Zeit des Deals „Vizepräsident
       für Internationales Marketing“ bei KMW – und eigener Aussage nach mit 6000
       Euro Gehalt im Monat deutlich unterbezahlt. Netto, versteht sich. Und
       dieser Betrag, so gibt E. auf Nachfrage eines Richters zu, habe auch erst
       für seine Alterszeit gegolten. Davor habe er schon mehr verdient. Wie viel,
       daran könne er sich aber nicht mehr erinnern. Er werde mal auf den früheren
       Gehaltszetteln nachsehen und die Zahl nachreichen.
       
       Die Staatsanwaltschaft nun wirft Olaf E. vor, an Schmiergeldzahlungen in
       Höhe von 7,9 Millionen Euro beteiligt gewesen zu sein – und dabei gleich
       auch noch 1,15 Millionen für sich selbst eingestrichen zu haben. Dieser
       letzte Betrag interessiert die Ankläger besonders – denn ihn hätte Olaf E.
       versteuern müssen. Außerdem, so ein weiterer Vorwurf, habe er seinen
       Arbeitgeber geschädigt, da die KMW-Gelder ja schließlich nicht für ihn
       vorgesehen gewesen waren. Die komplette Anklage lautet auf
       Steuerhinterziehung, versuchten Betrug und Geldwäsche.
       
       ## „Nützliche Aufwendungen“
       
       Wer auf eine Strafminderung hofft, für den empfiehlt es sich immer, ein
       umfassendes Geständnis abzulegen. Hierauf scheint auch der 72-jährige
       Angeklagte seine Hoffnungen zu setzen. Er sitzt ohnehin schon seit Beginn
       des Jahres in Untersuchungshaft in München-Stadelheim und legt vermutlich
       keinen allzu großen Wert darauf, auf seine alten Tage noch viel Zeit hinter
       Gittern zu verbringen. Besondere Rücksicht auf ehemalige Arbeitgeber oder
       Komplizen zu nehmen, das rückt angesichts einer solchen Aussicht in den
       Hintergrund. Deshalb, so ist zu vermuten, hat sich Olaf E. jetzt durchaus
       gesprächsbereit gezeigt.
       
       So räumte der ehemalige Manager schon zum Prozessauftakt ein, dass zum
       Beispiel der stellvertretende Rüstungsdirektor in Athen bestochen worden
       sei. „Es war bekannt, dass in südosteuropäischen Ländern ohne diese
       Zahlungen Verträge nicht zustande kommen“, sagte er. „Nützliche
       Aufwendungen“ war der vorteilhafte Terminus für solche Schmiergelder, die
       etwa in Form vermeintlicher Beraterhonorare gezahlt wurden – und die bis
       2001 sogar steuerlich absetzbar waren. KMW habe aber nie selbst „nützliche
       Aufwendungen“geleistet, erzählte E. dem Gericht. Für diese weniger sauberen
       Geschäfte wurden stets Vermittler vor Ort eingeschaltet. Geflossen seien
       die Gelder in diesem Fall zwischen 2002 und 2005.
       
       Bei Aufträgen über 100 Millionen Euro seien zwei bis drei Prozent
       Vermittlungs- und Beratungsprovision marktüblich gewesen. Details aber habe
       man in München gar nicht erst wissen wollen. „Meine und unsere Haltung war:
       Lass mich damit in Frieden, das ist deine Angelegenheit“, sagte der
       Angeklagte. Das bedeute aber nicht, dass die Geschäftsführung gar nicht
       über Schmiergeldzahlungen informiert gewesen sei. Das gelte etwa für den
       damaligen Firmenchef und heutigen KMW-Aufsichtsratschef Manfred Bode. Erst
       wenn Bode genickt habe, sei ein Vertrag umgesetzt worden. Dergleichen ist
       dem ehemaligen Firmenchef jedoch laut Staatsanwaltschaft nicht
       nachzuweisen. Auch ein Ermittlungsverfahren gegen Bodes Nachfolger, den
       heutigen KMW-Chef Frank Haun, wurde vor wenigen Wochen eingestellt.
       
       Die 1,15 Millionen Euro, die er selbst erhielt, begründete Olaf E., damit,
       dass ihn sein griechischer Vermittler auf „rein freundschaftlicher Basis“
       an seiner eigenen Provision beteiligt habe. Die Ironie der Geschichte:
       Hätte er selbst nun seinerseits auch den deutschen Staat auf rein
       freundschaftlicher Basis an der Provision beteiligt, so säße er vielleicht
       nicht hier. Korruption hin oder her.
       
       27 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) dominik baur
       
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