# taz.de -- Neuer UN-Chef im Kongo: Mogadischu am Kongo-Fluss
       
       > Der Chef der afrikanischen Somalia-Truppe folgt dem Deutschen Martin
       > Kobler an die Spitze der Blauhelme. Der beschwört das „Gespenst der
       > Gewalt“.
       
 (IMG) Bild: Tritt nach zwei Jahren an der Spitze der UN-Mission im Kongo (Monusco) ab: Martin Kobler.
       
       Berlin taz | Der Leiter der afrikanischen Eingreiftruppe in Somalia rückt
       an die Spitze der größten UN-Blauhelmmission der Welt. Wie
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am späten Donnerstag mitteilte, wird Maman
       Sidikou aus Niger Nachfolger des Deutschen Martin Kobler als Chef der
       UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo (Monusco). Kobler gibt
       seinen Posten Ende Oktober auf, nach etwas über zwei Jahren im Amt.
       
       Sidikou hat eine vielfältige Vergangenheit, die sich im Kongo interessant
       auswirken könnte. Als Niger noch eine festgefügte Einparteiendiktatur war,
       arbeitete er im Staatsfernsehen und wurde einige Jahre lang dessen
       Direktor, allerdings zu einer Zeit, wo im ärmsten Land der Welt kaum jemand
       fernsah.
       
       Unter dem Putschistenregime von Oberst Ibrahim Baré Mainassara, das Niger
       von 1996 bis zu Barés Ermordung durch einen weiteren Putsch 1999 regierte,
       stieg er zum Außenminister auf. Mit der Demokratisierung Nigers verließ
       Sidikou die Politik und wechselte zum UN-Kinderhilfswerk Unicef, für das er
       unter anderem als Landesdirektor in Ruanda 2010 und in der Demokratischen
       Republik Kongo 2010 bis 2011 arbeitete.
       
       Bevor die Afrikanische Union (AU) ihn im Juli 2014 zu ihrem
       Somalia-Beauftragten und damit zum Leiter der AU-mandatierten
       Eingreiftruppe „Amisom“ berief, war er Nigers Botschafter in den USA
       gewesen.
       
       ## Kampf gegen die al-Shabaab
       
       Die Eingreiftruppe „Amisom“ in Somalia ist eine reine Kampftruppe. Ihre
       über 22.000 Soldaten, hauptsächlich aus Uganda, Burundi, Äthiopien und
       Kenia, kämpfen im Süden des Landes gegen die islamistische Terrorarmee
       al-Shabaab. Dieser seit 2007 währende Krieg hat auf beiden Seiten
       zahlreiche Tote gefordert und ist auch von Verbrechen gegen die
       Zivilbevölkerung begleitet gewesen.
       
       Zwar haben die Eingeiftruppen die Hauptstadt Mogadischu und andere größere
       Städte von den Shabaab zurückerobert, aber in weiten Teilen Südsomalias
       sind die Islamisten nach wie vor stark und in den letzten Monaten befinden
       sie sich wieder auf dem Vormarsch und haben Amisom empfindliche Verluste
       zugefügt.
       
       Ob das der angemessene Hintergrund für die Leitung einer eher als
       Friedenstruppe konzipierten Blauhelmmission ist, hängt von der Beurteilung
       der Lage im Kongo ab. Die rund 20.000 UN-Truppen dort sind seit Beginn
       ihrer Stationierung 2003immer mehr militärisch aktiv geworden.
       
       Unter Kobler beteiligten sie sich erstmals an vorderster Front am Krieg von
       Regierungstruppen gegen Rebellen im Ostkongo. Eine Eingreifbrigade der
       Monusco trug Ende 2013 entscheidend zum Sieg gegen die Tutsi-geführte
       Rebellenarmee M23 (Bewegung des 23. März) bei.
       
       ## Düstere Bilanz
       
       Aber gegen andere Rebellen hat sich dieser Erfolg nicht wiederholt - auch
       weil Kongos Regierung sich nicht gefallen lassen will, dass Martin Kobler
       auf die Einhaltung von Menschenrechten durch die Armee pocht.
       
       Zu seinem Abschied zog Kobler am Mittwoch vor dem UN-Sicherheitsrat eine
       eher düstere Bilanz der Lage im Kongo. „Unser Mandat ist noch nicht
       vollständig erfüllt“, sagte der Deutsche. „Ich kann nicht mit Sicherheit
       sagen, ob die geleisteten Fortschritte langfristig halten oder ob nicht das
       Gespenst der Gewalt sich erneut zu regen droht.“
       
       Im Vorfeld der für 2016 geplanten Wahlen - deren saubere Realisierung in
       den Sternen steht, was zu zunehmenden Protesten führt - nähmen politische
       Spannungen und Menschenrechtsverletzungen stark zu. Kongos Regierung müsse
       „entschlossen und unverzüglich“ die offenen Fragen um die Wahlen 2016
       klären, forderte Kobler. Das ungeklärte Schicksal der besiegten
       M23-Rebellen sei „eine Zeitbombe“, und das „Terrorregime“ der ruandischen
       Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) im Ostkongo
       müsse endlich beendet werden.
       
       Für seinen Nachfolger Sidikou ist all dies keine einfache
       Hinterlassenschaft. Wenn er gegen die nunmehr international als
       Terrororganisation eingestufte FDLR-Miliz im Kongo dieselben Mittel
       anwendet wie in Somalia gegen die Shabaab, stehen die Zeichen im Ostkongo
       auf Sturm.
       
       Sein Wechsel in den Kongo bedeutet übrigens keine Milderung des
       internationalen Antiterrorkurses in Somalia. Neuer Amisom-Chef wird der
       Mosambikaner Francisco Madeira. Er war bisher der
       AU-Terrorismusbeauftragte, zugleich AU-Beauftragter zum Kampf gegen die in
       mehreren Ländern versprengte ugandische Terrorgruppe LRA (Widerstandsarmee
       des Herrn) sowie Leiter des „Afrikanischen Terrorismusforschungszentrums“
       in Algerien. Somalias Shabaab können sich auf bewegte Zeiten einstellen.
       
       9 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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