# taz.de -- Studie zu Lebensformen im Wandel: Hauptstadt der Alleinerziehenden
       
       > Das traditionelle Familienmodell – Vater, Mutter, Eheschein, Kinder –
       > gibt es immer weniger. Eine Herausforderung auch für Unternehmen.
       
 (IMG) Bild: Beruf und Familie sind mal mehr, mal weniger gut vereinbar
       
       Der Termin klang vielversprechend: „Was heißt ‚Familie‘ in Berlin? Studie
       zum Wandel der Lebensformen“. Allerdings gab es da ein Problem. Mittwochs
       bringe ich um 9 Uhr, wenn die Pressekonferenz anfangen sollte,
       normalerweise die Tochter in die Schule. Deren Unterricht beginnt zur
       zweiten Stunde. Dann geht es weiter in die Kita. Was also tun? Mein Mann
       willigte ein, sich um unsere Tochter zu kümmern und kam deshalb zu spät zu
       seiner Arbeit. Ich brachte den Sohn früher als sonst in die Kita und hetzte
       dann weiter nach Tempelhof zur Pressekonferenz.
       
       Dort ging es um genau das: um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die
       im Alltag manchmal gelingt, manchmal aber auch nicht. Dabei sind immer mehr
       Menschen darauf angewiesen, dass das Zusammenspiel von Job und
       Kinderbetreuung funktioniert.
       
       Das liegt an den sich verändernden Familienformen. Das traditionelle Modell
       – Vater, Mutter, Eheschein, Kinder – wird in Berlin immer weniger gelebt.
       Auch wenn in Akademikerkreisen wieder wie wild geehelicht wird, kann das
       den gesamtgesellschaftlichen Trend nicht brechen: Der Anteil der
       Verheirateten ist von 52 Prozent im Jahr 1996 auf 41 Prozent im Jahr 2013
       gesunken, wie die Studie des Amts für Statistik zeigt. Dafür gibt es heute
       mehr Partnerschaften ohne Trauschein. Und inzwischen sogar doppelt so viele
       Alleinstehende wie Verheiratete.
       
       Jedes vierte Kind wächst heute bei einer Alleinerziehenden auf. Man muss
       hier tatsächlich die weibliche Form benutzen. Denn trotz all der
       Wickelbücher von Männern, trotz der Elternzeiten von Vätern sind nach wie
       vor neun von zehn Alleinerziehenden weiblich. Sie aber sind noch mehr als
       andere Eltern darauf angewiesen, dass das Zusammenspiel von Job und
       Kinderbetreuung gut funktioniert. Dass Rücksicht genommen wird auf ihre
       Belange.
       
       „Das klassische Familienbild, das unsere Gesetzgebung widerspiegelt, ist
       überholt. Es bedarf einer Familienpolitik, die allen Familien gleichermaßen
       zugute kommt“, kommentierte Dilek Kolat (SPD), Senatorin für Integration
       und Frauen, die Zahlen. Vor allem Alleinerziehende müsse man gezielt
       unterstützen. Von staatlicher Seite, aber nicht nur: Ausbildungen in
       Teilzeit kämen ihnen entgegen, auch eine größere Flexibilität bei den
       Arbeitszeiten. „Alle Berliner Unternehmen sind hier gefragt“, mahnte Kolat.
       
       Wohl wahr. Schon 9-Uhr-Termine können Stress erzeugen. Was ein
       Schichtbeginn um 6 Uhr für eine alleinerziehende Krankenschwester bedeutet,
       kann man sich ausmalen.
       
       7 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Antje Lang-Lendorff
       
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