# taz.de -- Gewalt im Westjordanland: „Am Rande des Abgrunds“
       
       > Vier Todesopfer und zwei erschossene Attentäter lautet die traurige
       > Bilanz des Wochenendes. Die Lage im Westjordanland droht zu eskalieren.
       
 (IMG) Bild: Ein neuer Vorschlag: Steinewerfern sollen langjährige Haftzeiten drohen.
       
       Jerusalem taz | Mit Gummigeschossen und Tränengas haben israelische
       Sicherheitskräfte am Sonntag versucht, an mehreren Ort im Westjordanland
       zum Teil gewaltsame Demonstrationen unter Kontrolle zu bringen. Nach
       palästinensischen Berichten gab es mehr als einhundert Verletzte. Die
       Proteste folgten der Schließung der Altstadt von Jerusalem für 48 Stunden.
       Palästinenser berichteten außerdem von gezielten Provokationen seitens
       israelischer Siedler.
       
       Die Polizei verhängte das Zutrittsverbot über die Altstadt nach einem
       Messerattentat am Vortag, bei dem zwei religiöse Israelis zu Tode kamen und
       zwei weitere Personen verletzt wurden. Anwohner, Frauen, Israelis und
       Touristen sind von dem Zutrittsverbot nicht betroffen. Der palästinensische
       Angreifer war von Sicherheitskräften überwältigt und erschossen worden. Die
       Polizei erschoss einen weiteren Palästinenser, der im Verdacht stand, einen
       15-jährigen israelischen Jugendlichen angegriffen zu haben.
       
       Zu besonders heftigen Ausschreitungen kam es im Flüchtlingslager von
       Dschenin im nördlichen Westjordanland. Kurz vor Sonnenaufgang drang ein
       israelisches Sicherheitsaufgebot in das Lager ein, um einen Anhänger der
       Hamas-nahen Kassam-Brigaden festzunehmen, was den Widerstand zumeist
       jugendlicher Demonstranten auslöste.
       
       Auf Proteste stießen auch die Soldaten in Surda nördlich von Ramallah, als
       sie das Haus von Mohannad Hallabi umstellten, der am Samstag die beiden
       Israelis in der Jerusalemer Altstadt getötet haben soll. Erst zwei Tage
       zuvor war ein junges israelisches Ehepaar unweit der Siedlung Elon vor den
       Augen ihrer vier Kinder im fahrenden Auto erschossen worden.
       
       „Am Rande des Abgrunds“, betitelte die liberale Tageszeitung Ha’aretz ihren
       Bericht über die neue Gewaltwelle, die in Jerusalems Altstadt zusätzlich
       angeheizt wurde durch die massive Präsenz jüdischer Gläubiger während der
       Feiertage des Laubhüttenfestes, das am Dienstagabend zu Ende geht.
       
       „Eine dritte Intifada ist unterwegs“, kommentierte die Zeitung gestern und
       kritisierte die Regierung, der „nach Jahren diplomatischen Nichtstuns,
       sinnlosem Töten von Palästinensern, Landkonfiskation und
       Häuserzerstörungen“ nun nichts anderes einfiele als harte Maßnahmen. Dazu
       gehört ein Vorschlag, langjährige Haftzeiten als Mindeststrafe für
       Steinewerfer festzulegen. Die Sorge vor einer Eskalation im Westjordanland
       steht auch im Zusammenhang mit der Rede von Palästinenserpräsident Mahmud
       Abbas, der vergangene Woche vor der UN-Generalversammlung die Einstellung
       der Sicherheitskooperation mit Israel signalisierte.
       
       4 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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