# taz.de -- Verhandlungen über neues Stammhaus: Ein Bau-Denkmal für Kühne
       
       > Der groß dimensionierte Neubau von Kühne+Nagel an der Kaisenbrücke stößt
       > auf Kritik – nicht nur wegen dessen unaufgearbeiteter NS-Vergangenheit
       
 (IMG) Bild: Soll einem repräsentativen Neubau weichen: Kühne+Nagel-Stammhaus in Bremen
       
       BREMEN taz | Klaus-Michael Kühne ist kein Typ fürs Kleckern, er klotzt: 26
       Millionen Euro ist dem Großspediteur der Neubau seines Bremer Stammhauses
       an der Kaisenbrücke wert. Immerhin arbeiten in Bremen so viele Leute für
       ihn, wie er weltweit Niederlassungen hat: 1.000. Eine bis anderthalb dieser
       Millionen zahlt Kühne an die Stadt, um das Gebäude auf Kosten des davor
       liegenden öffentlichen Platzes zu vergrößern.
       
       Vor dem „August-Kühne-Haus“, benannt nach dem Großvaters des heutigen
       Mehrheitsaktionärs, sind Bauarbeiter bereits damit beschäftigt,
       Bodenplatten abzuräumen: Sie suchen nach nicht-kartierten Leitungen, damit
       die Bauplanung konkretisiert werden kann. Das vorhandene 60er-
       Jahre-Gebäude einfach nur zu ertüchtigen, wie ursprünglich überlegt, ist
       Kühne nun offenbar zu wenig. Vordergründig ist von Problemen mit der
       Fassade und den Wasserleitungen die Rede, im Kern geht es jedoch um den
       großen Aufschlag: „Der Unternehmer hat eben ein emotionales Verhältnis zum
       Standort“, erklärt Uwe Bielang, Kühnes Regionalleiter für Norddeutschland.
       
       Emotionen gibt es allerdings auch bei anderen: „Der Beirat wurde sehr spät
       informiert“, kritisiert dessen Sprecher Michael Rüppel. Genau genommen habe
       er erst aus der Zeitung von dem Vorhaben erfahren. Gilt die Angelegenheit
       ein paar Etagen höher bereits als abgemacht? „Der Bausenator hat die Pläne
       schon durchgewunken“, behauptete Kühne bei seiner Jubiläumsfeier auf dem
       Markt – was dessen Sprecher auf Nachfrage jedoch deutlich anders darstellt:
       Zunächst müsse ohnehin ein Bebauungsplan erstellt werden.
       Senatsbaudirektorin Iris Reuther spricht immerhin bereits von „einem
       starken Zeichen“, das der Neubau als Tor zur Altstadt setzen werde.
       
       Das „Zeichenhafte“ kann man allerdings auch anders als architektonisch
       interpretieren. „Herr Kühne hat offenbar ein besonderes persönliches
       Interesse, sich hier ein Denkmal zu setzen“, sagt Rüppel. Er findet den
       Entwurf schlicht „zu dominant“. Dabei handelt es sich schon um ein etwas
       abgespecktes Modell: Anfang des Jahres hatte Kühne noch einen Elfstöcker
       angekündigt. Doch auch mit der nun vorgesehenen Firsthöhe von 40 Metern
       werden die Domtürme – von der Weser her gesehen – vollends verdeckt.
       
       Immerhin hat der Beirat dem Architekten ein paar Fassaden-Arkaden
       abgetrotzt. Doch nicht nur der bisherige Platz, auf dem drei große Platanen
       und eine Linde stehen, soll komplett überbaut werden – sogar die vordere
       Verkehrsinsel der Kaisenbrücke verschwindet. Die dann fehlende
       Rechtsabbieger-Spur sei jedoch zu verschmerzen, sagt das Verkehrsressort.
       
       Warum gibt es an dieser ausgesprochen prominenten Stelle keinen
       Architekten-Wettbewerb? „Mit diesem Ansinnen sind wir leider gescheitert“,
       sagt der Sprecher des Bauressorts. Kühne persönlich habe einen Wettbewerb
       „kategorisch ausgeschlossen“. Eine Koppelung des Verkaufs an eine
       Ausschreibung hält das Ressort für nicht praktikabel.
       
       Wenigstens habe man dem Unternehmer die Zustimmung zu einem
       „Gestaltungsbeirat“ abgerungen, der auf den vorhandenen Entwurf noch
       einwirken könne. Das Modell der Architektin Anja Meding vom Hamburger Büro
       MPP besteht aus drei verbundenen Baukörpern, die im Vergleich zum aktuellen
       Gebäude um 90 Grad gedreht sind: Der so entstehende Querriegel ragt bis
       unmittelbar an die Brücken-Kreuzung.
       
       taz-Informationen zufolge will sich Bausenator Lohse im Senat für einen
       politisch-moralischen Aspekt starkmachen: Dem Unternehmen solle bei den
       Verkaufsverhandlungen nahegelegt werden, einen unabhängigen Historiker mit
       der Erforschung seiner NS-Geschichte zu beauftragen. Dessen Ergebnisse
       sollten sich dann gegebenenfalls auch am Gebäude widerspiegeln, etwa in
       Gestalt einer Gedenktafel. Kühne+Nagel führte unter anderem das komplette
       Eigentum der aus Westeuropa deportierten jüdischen Bevölkerung der
       „Verwertung“, beispielsweise auf „Judenauktionen“, zu.
       
       24 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Henning Bleyl
       
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