# taz.de -- Verhandlung am Bundesgerichtshof: Gericht tendiert zu Internetsperren
       
       > Bei Rechtsverletzungen im Netz müssen bald wohl auch Provider als
       > „Störer“ haften – wenn die eigentlichen Verursacher nicht greifbar sind.
       
 (IMG) Bild: Musikhören geht auch legal über das Internet – wenn man denn will.
       
       Karlsruhe taz | Die Deutsche Telekom und andere Internetprovider müssen
       wohl bald den Zugang zu rechtswidrigen Internetseiten sperren. Ein
       entsprechendes Grundsatzurteil zeichnet sich beim Bundesgerichtshof (BGH)
       ab.
       
       Im konkreten Fall geht es um zehn Musikdateien, unter anderem um die Songs
       „Heulerei“ von den Ärzten und „Abschaum“ von Rapper Bushido. Die
       urheberrechtlich geschützten Dateien wurden im Jahr 2008 auf sogenannten
       Sharehostern wie Rapidshare widerrechtlich zum Download angeboten. Den Weg
       zum Download wies die Linkliste 3dl.am (heute 3dl.tv). Die
       Verwertungsgesllschaft Gema verlangte deshalb von der Deutschen Telekom,
       für ihre Kunden den Zugang zu 3dl.am zu sperren, um weitere
       Urheberrechtsverletzungen zu erschweren.
       
       Die Telekom lehnte das ab. Sie habe mit den Urheberrechtsverletzungen
       nichts zu tun und schaffe nur den Zugang zum Internet. Was die Kunden dort
       tun, sei nicht ihre Sache.
       
       Das Oberlandesgericht Hamburg hatte die Klage der Gema 2013 abgelehnt. Die
       Telekom könne nicht zu Sperrmaßnahmen verpflichtet werden, weil eine
       ausdrückliche gesetzliche Regelung fehle.
       
       ## Entscheidung ohne spezielles Gesetz
       
       Der BGH will nun anders entscheiden, wie der Vorsitzende Richter Wolfgang
       Büscher in der Revisionsverhandlung am Donnerstag andeutete. Konflikte
       zwischen zwei privaten Akteuren könnten die Gerichte auch ohne spezielles
       Gesetz entscheiden.
       
       Nach der von Büscher skizzierten Lösung könnten die Telekom und andere
       Internetprovider „subsidiär“ in Anspruch genommen werden. Das heißt: Die
       Telekom müsste immer dann als „Störer“ haften, wenn die Akteure, die der
       Urheberrechtsverletzung näher stehen, nicht erreichbar sind. Im konkreten
       Fall hätte die Gema also zunächst gegen die Betreiber der Linkliste und die
       Filehoster vorgehen müssen.
       
       Gegen 3dl.am hatte die Gema beim Landgericht Düsseldorf tatsächlich eine
       einstweilige Verfügung erwirkt. Diese konnte aber nicht zugestellt werden,
       weil auf der Homepage der Linkliste eine falsche Adresse angegeben war.
       
       Dass die Betreiber von (mehr oder weniger) illegalen Geschäftsmodellen
       nicht greifbar sind, dürfte allerdings eher die Regel als die Ausnahme
       sein. Entsprechend empört reagierte der Telekom-Anwalt. Wenn die Telekom in
       solchen Fällen künftig regelmäßig den Zugang zu Webseiten sperren müsse,
       könnte dies Kosten „in dreistelliger Millionenhöhe“ verursachen. Der
       Gema-Anwalt wies dies als völlig übertrieben zurück.
       
       ## Es geht um ein Grundsatzurteil
       
       Der Vorsitzende Richter Büscher räumte aber ein, dass es hier nicht nur um
       zehn Musikdateien geht, sondern um ein Grundsatzurteil für
       Rechtsverletzungen aller Art. Neben den Urheberrechtsfällen nannte er die
       Verletzung von Markenrechten im Internet, unlauteren Wettbewerb und
       illegale Glücksspiele. Über die Art der Sperre wurde in Karlsruhe noch
       nicht gesprochen.
       
       Das Urteil wird wohl erst im November verkündet. Vorher will der BGH im
       Oktober noch einen ähnlichen Fall verhandeln, bei dem die Plattenfirma EMI
       gegen den Provider Telefonica geklagt hat.
       
       30 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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