# taz.de -- Schwarzfahren: Kopfprämien für Kontrolleure
       
       > In Hannover erhalten Fahrausweisprüfer bis zu 800 Euro im Monat extra,
       > wenn sie Schwarzfahrer erwischen. Bremen setzt lieber auf Abschreckung.
       
 (IMG) Bild: Auf der Jagd nach Schwarzfahrern - und Prämien: Fahrscheinkontrolleure in Hannover.
       
       Hannover taz | Manche nennen es Kopfprämie, andere sprechen von einem
       Arbeitsanreiz: In Hannover ist die Jagd auf Schwarzfahrer für ein Viertel
       der insgesamt rund 80 Kontrolleure finanziell attraktiv. Denn wer in den
       Straßen- und U-Bahnen oder Stadtbussen besonders viele Fahrgäste ohne
       gültiges Ticket ausfindig macht und dem kommunalen Verkehrsunternehmen
       Üstra meldet, kann mit einem monatlichen Zuverdienst von bis zu 800 Euro
       rechnen. Anderswo gibt es diese Praxis nach Angaben des Fahrgastverbandes
       Pro Bahn nicht.
       
       In den Genuss dieser „Fangprämie“ kommen in Hannover allerdings nur
       diejenigen Fahrausweisprüfer, die bei der Tochterfirma Protec beschäftigt
       sind und dort nur den Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde
       erhalten. Die direkt bei der Üstra angestellten Kolleginnen und Kollegen
       werden nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst und damit besser
       bezahlt.
       
       Die Üstra kündigte inzwischen eine Überprüfung des Prämien-Systems an.
       Bislang ohne Ergebnis, wie Sprecher Udo Iwannek der taz sagte. Es werde
       diskutiert, ob die Methode aufgegeben, beibehalten oder sogar noch
       ausgeweitet werde. Eine Entscheidung erwarte er bis Ende Juli, erklärte
       Iwannek. Im Übrigen müssten die Protec-Mitarbeiter erwischte Schwarzfahrer
       lediglich aufschreiben. Ob die registrierten Fahrgäste am Ende ein Bußgeld
       zahlen, entscheide sich erst in einem zweiten Schritt. Eine häufige
       Begründung für die Fahrt ohne Ticket sei der Hinweis auf einen defekten
       Kartenautomaten. „Solche Rechtfertigungen können wir sofort überprüfen, und
       wenn sie zutreffen, verlangen wir natürlich auch kein Bußgeld“, sagte
       Iwannek.
       
       Insgesamt wurden nach Angaben der Üstra im vergangenen Jahr etwa 64.000
       Passagiere in der Region Hannover ohne gültigen Fahrausweis erwischt. Auf
       vergleichsweise geringe 45.000 beziffert die Bremer Straßenbahn AG (BSAG)
       die Zahl der Schwarzfahrer für das von den Einwohnern her annähernd gleich
       große Land Bremen. Auf Kopfprämien werde dort verzichtet, sagt ein
       Unternehmenssprecher. Stattdessen setzte man auf Abschreckung, damit sich
       das Schwarzfahren nicht mehr rentiert. Das sogenannte „erhöhte
       Beförderungsentgelt“ steigt in Bremen von 40 auf 60 Euro. Die Anhebung geht
       auf einen Beschluss des Bundesrates zurück und soll überall umgesetzt
       werden.
       
       Ob das fruchtet, bleibt abzuwarten, denn Bremens Schwarzfahrer werden immer
       findiger. Bei Facebook haben sie die Gruppe „Schwarzfahren Bremen“
       gegründet. Hier erfährt man, wo die Kontrolleure aktuell unterwegs sind,
       kann sich warnen und rechtzeitig aus dem Staub machen. Auch in Hamburg
       informieren sich Schwarzfahrer mit Smartphone-Apps und über das Internet
       vor Kontrollen.
       
       Eine andere Idee haben Hannovers Linke. Unter der Überschrift
       „Schwarzfahren für alle“ fordern sie einen entgeltfreien Nahverkehr. In der
       Stadt, die 1969 bundesweit mit dem „Roten Punkt“ für Aufsehen sorgte, sei
       es Zeit für neue Konzepte. Der Rote Punkt war ein erfolgreicher
       Bürgerprotest gegen Fahrpreiserhöhungen.
       
       1 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reimar Paul
       
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