# taz.de -- Prozess gegen Erdgasfirma: Gasbeben vor Gericht
       
       > Die Erdgasförderung hat die niederländische Stadt Groningen zum
       > Erdbebengebiet gemacht. Bewohner fordern nun Entschädigung.
       
 (IMG) Bild: Viele Bewohner klagen über Schäden an ihren Häusern
       
       AMSTERDAM taz |Für viele Bewohner der Region Groningen im Norden der
       Niederlande ist es der Prozess des Jahres: Rund 100.000 Privatpersonen und
       mehrere Wohnungsbaugesellschaften haben die Erdgasfirma NAM auf
       Schadenersatz verklagt, weil ihre Häuser durch häufige Erdbeben an Wert
       verlieren. Heute beginnt der Prozess.
       
       Damit erreicht der Konflikt um das Groninger Gas eine neue Dimension. Das
       Feld ist mit rund 2.800 Milliarden Kubikmetern das größte in Europa und
       wird seit 1963 ausgebeutet. Zum niederländischen Etat trägt der Export
       jährlich mehr als 10 Milliarden Euro bei. Rund 97 Prozent der Haushalte im
       Land beziehen Gas aus der Region. Seit 1986 kommt es dort zu Erdbeben –
       erst sporadisch, ab 2003 immer häufiger. Von 2011 bis 2013 wurden zwischen
       94 und 133 Beben pro Jahr registriert. Seit die Fördermenge 2014 deutlich
       reduziert wurde, sinkt die Zahl.
       
       Auf der Richterskala haben diese Beben meist einen relativ schwachen
       Ausschlag zwischen 1,8 und 3,2. Anders als tektonische Beben aber finden
       sie viel näher an der Oberfläche statt, wodurch auch relativ leichte
       Bewegungen wahrgenommen werden und Schäden verursachen. Experten wie vom
       niederländischen meteorologischen Instituts KNMI bestätigen den
       Zusammenhang. Auch die Erdgasgesellschaft NAM, ein Joint Venture aus Shell
       und ExxonMobil, räumt die Beben nach anfänglicher Weigerung ein und kommt
       inzwischen für Reparaturkosten von Erdbebenschäden auf.
       
       Der Prozess von Assen zielt darauf, dass der Wertverlust der Häuser
       deutlich über mögliche Schäden durch einzelne Beben hinaus geht, so Pieter
       Huitema, Rechtsanwalt der Klägerin, zur taz. „Sollte das Gericht uns recht
       geben, geht es um Beträge in Milliardenhöhe“, sagt er. Huitema schätzt die
       Chancen dafür gut ein. „Ohne diese Aussicht hätten wir den Prozess nicht
       begonnen.“ Laut niederländischem Recht müssen die Ausbeuter von
       Bodenschätzen Personen kompensieren, die durch ihre Aktivitäten zu Schaden
       kommen. Angewendet worden sei der Paragraf jedoch noch nie.
       
       Viele Bewohner der strukturschwachen Region im Nordosten der Provinz fühlen
       sich durch den Wertverlust ihrer Häuser gefangen, erläutert John Lanting,
       Sprecher der Bürgerinitiative „Schokkend Groningen“. Untersuchungen zeigen
       zudem, dass die Stärke der Beben wahrscheinlich zunehmen wird. Selbst die
       staatliche Bergbaubehörde empfahl dringend, die Fördermenge zu reduzieren
       
       Im April verfügte der Staatsrat bereits einen fast vollständigen
       Förderstopp um das Dorf Loppersum. Auf den Wert von Immobilien hat das
       keinen Einfluss. Deshalb misst man dem Prozess vor Ort große Bedeutung bei
       – das Regionalfernsehen überträgt den Auftakt sogar live.
       
       7 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Müller
       
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