# taz.de -- Syrer darf nicht in Berliner Klinik: Trotz Kopfschuss
       
       > Bei Patienten aus Saudi-Arabien oder Russland ist ein Visum für
       > Deutschland Routine. Bei Muhammed Al Mousa nicht. Denn er ist Syrer.
       
 (IMG) Bild: Muhammed Al Mousa 2015
       
       Berlin taz | Seit einem Jahr wartet Muhammed Al Mousa darauf, operiert zu
       werden. Der dreißigjährige Anglistikstudent wurde in der syrischen Stadt
       Homs von einem Scharfschützen in den Kopf geschossen. Schwer verletzt
       musste er fliehen. Er wurde von Helfern buchstäblich über die Grenze in die
       Türkei getragen. Das war 2012. Heute lebt Al Mousa mit seiner Frau und
       seinem Kind in der Stadt Gaziantep und wartet.
       
       Denn seine türkischen Ärzte können den komplizierten Eingriff nicht
       vornehmen, es sei zu gefährlich. In Berlin hingegen traut man sich die
       Operation zu. Den Kontakt zu den Berliner Spezialisten stellte eine
       Berliner Aktivistin her. Am Ende wird ihre Mutter, Sophia Deeg, die nötigen
       6.000 Euro an das Neurochirugie im Vivantes Klinikum Friedrichshain
       überweisen und bei seinem Visumsantrag helfen. Alle Papiere sind vorhanden,
       der Aufnahmetermin steht - doch das Auswärtige Amt stellt sich quer.
       
       Begründung: Es sei nicht gesichert, ob al Mousa nach der OP wieder in die
       Türkei zurückkehren werde. Womöglich stelle er in Berlin einen Asylantrag.
       Der Sophia Steeg beratende Arzt, Jakob Borchardt, ebenfalls bei Vivantes
       tätig, sagt gegenüber der taz: „Ich bin stark verwundert, dass bei einer so
       klaren medizinischen Indikation ein Visum verweigert wird. Bei Patienten
       aus Russland oder Saudi-Arabien ist das Routinesache.“
       
       Al Mousa klagt gegen das Auswärtige Amt. Das Berliner Verwaltungsgericht
       wird an diesem Mittwoch darüber entscheiden, ob sie die Entscheidung erneut
       überprüfen wird. Für Al Mousa hängt davon sein Leben ab. Das ist nicht
       übertrieben, leider. Denn inzwischen haben sich an der offenen Kopfwunde
       zwei Zysten gebildet. Sein Zustand verschlechtert sich. Der in Berliner
       Strafverteidiger Nicolas Becker faßt die Haltung, die er als „unmenschlich“
       empfindet, so zusammen: „Es kann doch nicht sein, dass man jemanden nicht
       hilft, obwohl man helfen kann und stattdessen auf den Rechtsweg verweist.
       Und damit den Tod eines Menschen in Kauf nimmt.“
       
       Berlin, daran erinnert Becker, hat eine lange Tradition, Gehirngeschädigten
       zu helfen. Begründet von dem Neurologen Vladimir Lindenberg, der in Berlin
       nach dem Zweiten Weltkrieg unzählige Menschen versorgte. Es liegt nun im
       Ermessen des Verwaltungsgerichts und vor allem des Auswärtigen Amts, ob Al
       Mousa sich einer gefährlichen Operation an einem Ort unterziehen kann, wo
       ihm gute Heilungschancen in Aussicht gestellt werden. Oder nicht.
       
       2 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ines Kappert
       
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