# taz.de -- Protest gegen elektronische Gesundheitskarte: Das letzte Gefecht
> Vom Chaos Computer Club bis zum konservativen Virchowbund - der
> Widerstand gegen die elektronische Gesundheitskarte formiert sich.
(IMG) Bild: Aus Datenschutzgründen umstritten: Die sogenannte E-Card
Am Freitag wollen Ärzte, Patienten und Bürgerrechtler sich
öffentlichkeitswirksam zu einem Bündnis gegen ein Stück Plastik
zusammenschließen, das künftig Krankheiten, Allergien oder Röntgenbilder
von Patienten ganz einfach zugänglich machen soll. Das letzte Gefecht um
die Gesundheitskarte ist entbrannt. "Das Gesundheitsministerium will die
Karte gegen alle Widerstände einführen", sagt Silke Lüder von den Ärzten
für die Verhütung des Atomkriegs, "wir brauchen eine demokratische
Diskussion." Ab 2008 wird die Karte in Deutschland schrittweise eingeführt.
Bei dem Protest sind so gegensätzliche Organisationen wie der eher als
links geltende Chaos Computer Club (CCC) ebenso dabei wie der konservative
Virchowbund, einer der großen deutschen Ärzteverbände.
Was Bürgerrechtler und Ärzte zusammenbringt ist der Datenschutz. "Die Daten
der Patienten sollen den geschützten Raum der Arztpraxis verlassen", sagt
Frank Rosengart vom CCC, "das erhöht die Gefahr des Missbrauchs erheblich."
In eine Arztpraxis wird normalerweise nicht eingebrochen, um die Angaben
eines Patienten zu stehlen, ergänzt Silke Lüder, die in Hamburg seit 17
Jahren als niedergelassene Ärztin arbeitet, "aber bei einer zentralen Datei
lohnt sich der Zugriff".
Alles Panikmache heißt es im Gesundheitsministerium. Zwar würden die
Patentiendaten tatsächlich auf mehreren Rechnern gespeichert, Zugriff habe
man aber nur mit der Karte des jeweiligen Patienten und dem
Heilberufsausweis des Arztes oder Apothekers, die beide in ein
entsprechendes Lesegerät gesteckt würden. Zusätzlich müsse der Patient noch
eine achtstellige Pin-Nummer eingeben. "Die Daten können nur nach diesem
Schlüssel-Schloss-Prinzip abgerufen werden, und wenn der Patient seine
Karte verliert, kommt er selbst nicht mehr an seine Angaben heran", sagt
ein Ministeriumssprecher, "also sind die Daten sicher."
Und nicht nur das Gesundheitsministerium arbeitet sich an der Karten-Kritik
ab. Auch der sonst recht kritische Datenschutzbeauftragte von
Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, glaubt die Gesundheitskarte sei aus
Datenschutzsicht völlig in Ordnung. Bei dem Protest hätten sich
"Ärztegruppen, die Transparenz im Gesundheitswesen verhindern und ihr
Einkommen sichern wollen, geschickt mit idealistischen Datenschützern
verbündet", spottet der Gesundheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion Karl
Lauterbach (siehe Interview). So wie der Sozialdemokrat monieren auch
andere, Ärzte wollen nur eine Kontrolle ihrer Arbeit verhindern.
Solche Ansichten halten die Mediziner wiederum für naiv. "Was soll denn da
bitte stärker kontrolliert werden als heute schon?", fragt Lüders von den
Ärzten gegen den Atomkrieg. "Wie viel Geld wir ausgeben können, ist doch
schon heute durch die Budgets festgelegt, welche die Politik uns
zugesteht." Auch die Vergabe von Medikamenten würde bereits durch die
Krankenkassen kontrolliert.
Auch dass die meisten Daten auf der Karte nur dann gespeichert werden, wenn
der Patient dem zustimmt, ist für die Karten-Gegner kein stichhaltiges
Argument. "Künftig werden doch die meisten Daten auf diesen Karten von
alten Menschen mit vielfältigen Krankheitsbildern und Diagnosen stammen",
sagt Silke Lüder, "ich halte es für unwahrscheinlich, dass die in der Lage
sind, zu kontrollieren, was gespeichert wird und was nicht." Im Übrigen
wehre man sich auch nicht gegen das Einführen einer Karte an sich. "Aber
wir sind für eine Lösung, die keine Vorratsdatenspeicherung in der Medizin
darstellt", sagt Lüder, "zum Beispiel eine Karte, bei der es keine externen
Server gibt und bei der der Patient alle Daten auf seiner Karte behält."
Denn wenn die Daten erst einmal auf den Servern liegen, fürchten die
Karten-Kritiker weniger die Hacker als eine Gesetzesänderung. Als Beispiel
führen sie die Diskussion über die Mautdaten an, bei denen Innenpolitiker
fordern, diese auch zur Verbrechensbekämpfung einzusetzen. "Eine ähnliche
Debatte könnte auf uns zukommen, wenn die Kassen unter dem Vorwand der
Qualitätssicherung Zugang zu den Daten verlangen", sagt Klaus Greppmeir vom
Virchowbund, "dann könnten sie dem Patienten aufgrund seiner Daten in die
ärztliche Versorgung hineinregieren und ihn an Stellen zum Sparen bewegen,
die dafür einfach nicht geeignet sind."
25 Jan 2008
## AUTOREN
(DIR) Daniel Schulz
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(DIR) Schwerpunkt Überwachung
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