# taz.de -- Tempelhof und die CDU: Pflügers Bauchlandung
       
       > Nach der Niederlage beim Volksentscheid erntet der CDU-Fraktionschef
       > heftige Kritik. Die Linkspartei macht ihn für eine neue Ost-West-Spaltung
       > verantwortlich. Schwarz-Grün rückt in weite Ferne.
       
 (IMG) Bild: Ausdrucksstark: Friedbert Pflüger am Sonntagabend im Flughafen Tempelhof
       
       Manchmal offenbart ein dahingeworfener Satz mehr als alle Jubelposen. Am
       Tag nach dem Scheitern des Volksentscheids zum Flughafen Tempelhof urteilte
       CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger: "Dass wir das Quorum erreichen würden,
       das hat ja kaum jemand, nicht mal ich selbst, geglaubt." Der Frontmann der
       Schließungsgegner versucht, nach seiner Niederlage einen geordneten Rückzug
       anzutreten. Nur wenn ihm das gelingt, hat Pflüger noch eine Chance als
       Oppositionsführer.
       
       Und so vollführte Pflüger am Montag einen verbalen Balanceakt. Eine
       Zustimmung von rund 60 Prozent der Teilnehmer am Volksentscheid sei ein
       "großer Erfolg". Der Regierende Bürgermeister "täte auch angesichts der
       enormen Spaltung zwischen West- und Ost-Wahlergebnissen sehr gut daran",
       diese Stimmen nicht zu ignorieren. In allen West-Bezirken und im
       Ost-West-Bezirk Mitte hatte eine Mehrheit der Teilnehmer für Tempelhof
       votiert, im Osten und in Friedrichshain-Kreuzberg dagegen.
       
       Die Linkspartei sieht die Schuld an der Spaltung der Stadt bei der Union.
       Unisono urteilten die Fraktionsvorsitzende Carola Bluhm und der Landeschef
       Klaus Lederer: "Die CDU hat mit ihren Aussagen, wonach die Schließung des
       Flughafens Tempelhof bei der PDS und der heutigen Linken politisch
       motiviert sei, Ressentiments geschürt." Obendrein habe Pflüger die
       Gefährdung "des größten Infrastrukturprojektes der Region", des Flughafens
       Berlin Brandenburg International, in Kauf genommen.
       
       Ähnlich argumentieren auch die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Franziska
       Eichstädt-Bohlig und Volker Ratzmann: "Die CDU hat den ersten
       Volksentscheid parteipolitisch instrumentalisiert. Die Materialschlacht von
       interessierten Wirtschaftskreisen und der Springer-Presse wirft die Frage
       nach Fairness und Chancengleichheit bei der Durchführung von
       Volksentscheiden auf."
       
       Die politische Zukunft des Unions-Fraktionschefs scheint nun wieder
       ungewiss. Einerseits hat der lange Zeit blass wirkende Pflüger es
       geschafft, sich als "Oppositionsführer" zu etablieren. Dank
       Luftbrücken-Nostalgie ist es dem Neu-Berliner gelungen, die
       CDU-Stammwählerschaft an die Abstimmungsurne zu bringen: In den
       Unions-Hochburgen Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf, Spandau und
       Charlottenburg-Wilmersdorf stimmten mehr als 70 Prozent der Wähler gegen
       die Schließung. Der Niedersachse hat sich bei konservativen Berlinern
       beliebt gemacht.
       
       Doch die Abstimmungsniederlage lässt sich auch als Warnung für Pflüger
       verstehen: Wer nur auf Themen setzt, die vor allem in einer der beiden
       ehemaligen Stadthälften ankommen, verfehlt Mehrheiten. Das kann dem
       Unions-Fraktionschef nicht recht sein. Er weiß: Seine einzige
       Regierungschance ist ein Bündnis mit den Grünen, eventuell ergänzt durch
       die FDP.
       
       Kampagnen wie der Volksentscheid vertiefen jedoch nicht nur die Gräben
       zwischen Ost und West, sondern auch zwischen CDU und Grünen. Die von der
       Unionsführung seit Jahren versprochene Öffnung der Partei zur Mitte steht
       aus. Bald wird dieses Dilemma erneut offenbar werden. Im Herbst nämlich
       steht das nächste von der CDU unterstützte Volksbegehren und gegebenenfalls
       ein nächster Volksentscheid an: "Pro Reli". Die Initiative fordert, neben
       dem verpflichtenden Ethikunterricht auch Religion zum obligatorischen
       Schulfach zu machen (siehe Text unten). Doch: Weniger als ein Drittel der
       3,4 Millionen Berliner sind Mitglied einer Kirche.
       
       29 Apr 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Lohre
       
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