# taz.de -- Schlammschlacht im NRW-Umweltministerium: Krebserregend
       
       > Korruption und mehr hat man Ex-Abteilungsleiter Harald Friedrich
       > vorgeworfen. Nun entlarven die Ermittlungen die Vorwürfe als haltlos. Gab
       > es politische Motive?
       
 (IMG) Bild: Kann man sich damit bestechen lassen?
       
       Korruption, Betrug, Untreue: Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wuppertal
       reichten für einen Haftbefehl. Harald Friedrich, ehemaliger
       Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium, ging für 22 Tage in
       Untersuchungshaft. 270 Beamte durchsuchten bundesweit Wohn-, Instituts- und
       Geschäftsräume von 12 weiteren Tatverdächtigen.
       
       Rund 60 Millionen Euro Forschungsmittel habe Friedrich ohne Kontrolle an
       immer gleiche Hochschuleinrichtungen und Ingenieurbüros vergeben, so der
       Vorwurf der Ermittler. Einen Schaden von rund 4,3 Millionen Euro soll der
       enge Mitarbeiter von Nordrhein-Westfalens grüner Exumweltministerin Bärbel
       Höhn dem Land zugefügt haben.
       
       Doch die massiven Anschuldigungen lassen sich offenbar nur schwer erhärten.
       Zur Auftragsvergabe an die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule
       Aachen (RWTH) gibt es in NRW kaum Alternativen. Die Ermittler bleiben
       dennoch ebenso wie die Beschuldigten - darunter etwa der ehemalige Leiter
       des Instituts für Wasserwirtschaft an der RWTH, Max Dohmann - stumm. Das
       Landeskriminalamt (LKA) verweist auf die Staatsanwaltschaft Wuppertal. Der
       ermittelnde Oberstaatsanwalt Ralf Meyer ruft trotz mehrfacher Nachfrage zum
       Stand des Verfahrens nicht zurück. Die taz hat dennoch Kenntnis über einen
       umfangreichen Teil der Ermittlungsakten: Demnach hat sich Friedrich nicht
       persönlich bereichert. An den Hauptverdächtigen ist kein Geld geflossen, so
       der Erkenntnisstand der Ermittlungskommission "Stuhl" des LKA-Dezernats 15.
       
       Wenig substanziell scheinen auch weitere Vorwürfe gegen Friedrich: Der
       Verdacht, der nach der Besoldungsgruppe B7 mit rund 7.500 Euro im Monat
       bezahlte Ministeriale habe im Gegenzug für Auftragsvergaben einen
       Kleinwagen vom Typ Smart nutzen können, lässt sich offenbar nicht belegen.
       Auch die Nutzung eines Laptops der Aachener Universität scheint rechtmäßig:
       Auf dem Computer waren Programme installiert, deren Entwicklung das
       NRW-Umweltministerium in Auftrag gegeben und die Friedrich zu prüfen hatte.
       Noch vor Beendigung seines Arbeitsvertrages gab der ehemalige
       Abteilungsleiter das Gerät zurück. Viel zu hart sei die Staatsanwaltschaft
       gegen seinen Mandanten vorgegangen, sagt deshalb Friedrichs Anwalt Oliver
       Doelfs: "Für die Nutzung eines Laptops geht man nicht in
       Untersuchungshaft."
       
       In der Landeshauptstadt Düsseldorf heißt es deshalb, Friedrich sei Opfer
       eines politisch motivierten Verfahrens. Der bekennende Grüne gilt als
       Experte für Wasserwirtschaft. Sein Fachwissen stellte er seiner Partei
       immer wieder zur Verfügung, zuletzt im Skandal um die Verseuchung des
       Trinkwassers aus der Ruhr. Das ist mit krebserregenden perfluorierten
       Tensiden (PFT) belastet, wird aber dennoch an Millionen Haushalte zwischen
       Dortmund und Duisburg geliefert (siehe Kasten). Der amtierende
       Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) geriet deshalb in derartige
       Erklärungsnot, dass in Düsseldorf bereits über eine Ablösung des Landwirts
       spekuliert wurde: Fast zwei Jahre hatte Uhlenberg erklären lassen, eine mit
       PFT belastete Ackerfläche sei Quelle des Gifts - dabei belegten
       Untersuchungen seines Ministeriums, dass mehr als 50 Prozent der
       Industriechemikalie aus den Kläranlagen des Ruhrverbands in den Fluss
       gelangten.
       
       Schon 2006 hatte Uhlenberg versucht, den Höhn-Vertrauten Friedrich
       loszuwerden: Sein Büro im Umweltministerium durfte Friedrich nach einem
       Amerika-Besuch nicht mehr betreten, bekam seine fristlose Kündigung
       stattdessen vom Pförtner. Vor dem Arbeitsgericht aber wurde die völlig
       überraschend zurückgezogen - sogar eine Abfindung von 75.000 Euro erhielt
       er nun. Strafanzeige stellte das Ministerium damals dennoch.
       
       In Fahrt kam das Verfahren aber erst zwei Jahre später mit dem PFT-Skandal:
       Wie aus den Ermittlungsakten hervorgeht, erneuerte der zweite Mann des
       Hauses, Umweltstaatssekretär Alexander Schink (CDU), die Anzeige im Juni
       2008 unter Bezug auf eine Dienstbesprechung mit Oberstaatsanwalt Meyer und
       einem LKA-Beamten. Dabei warnten andere Mitarbeiter des Umweltministeriums
       bereits, Friedrich werde nicht ewig in Untersuchungshaft bleiben - und
       könne mit seinem Fachwissen leicht seine ganze ehemalige Abteilung
       lahmlegen. Im Ministerium gebe es "Leute, die vielleicht sogar Interesse
       haben, dass Herr Friedrich inhaftiert wurde oder das zumindest sein Ruf
       zerstört wird", sagt deshalb nicht nur der Jurist Doelfs. "Offensichtlich"
       habe das Umweltministerium ein "massives Interesse an den Ermittlungen",
       glaubt auch der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Landtag, Johannes
       Remmel. "Es wird zu klären sein, inwieweit politischer Einfluss genommen
       wurde." Die Landesregierung weist dies Vorwürfe zurück.
       
       Im Zentrum der Kritik stünde dann wieder der glücklose Umweltminister
       Uhlenberg: Auf dem ersten Blatt der Ermittlungsakte prangt sein Name -
       unter der Rubrik Antragsteller.
       
       22 Jul 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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