# taz.de -- Haftstrafe gegen Tauschbörsen-Betreiber: Webpiraten hinter schwedische Gardinen
       
       > Der Prozess gegen die Betreiber der Internet-Tauschbörse "Pirate Bay" hat
       > weltweit für Aufsehen gesorgt und galt als richtungsweisend. Nun wurde
       > das Urteil verkündet.
       
 (IMG) Bild: Lange Gesichter bei den Verurteilten.
       
       STOCKHOLM taz Ein Jahr Haft für alle vier Angeklagten und ein
       Schadensersatz in Höhe von umgerechnet rund 2,7 Millionen Euro. So lautete
       am Freitag das Urteil des Amtsgerichts Stockholm im Prozess gegen die
       Gründer der Filesharing-Seite [1][thepiratebay.org] .
       
       Das Gericht bejahte mit diesem Urteil damit die Frage, ob die
       Pirate-Bay-Macher sich der Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung schuldig
       gemacht haben: Sie hätten es zumindest billigend in Kauf genommen hätten,
       dass eine unbegrenzte Zahl von InternetuserInnen mit Hilfe dieser von ihnen
       zur Verfügung gestellten Plattform unter Anwendung der BitTorrent-Technik
       urheberrechtlich geschütztes Material auf ihre eigenen Rechner
       herunterladen konnten. Die auf Pirate Bay bereitgehaltenen „Wegweiser“ zu
       dem fraglichen Material seien ein Puzzleteil im Gesamtprozess der
       Verletzung von Urheberrecht, das nicht hinweg gedacht werden könnte, ohne
       dass damit der Tatbestand einer Copyrightverletzung erfüllt worden wäre.
       Und die Aktivitäten von Pirate Bay hätten – da durch Reklame finanziert -
       auch einen kommerziellen Hintergrund gehabt.
       
       Die Verurteilten nahmen das Urteil gelassen auf. „Nur die Ruhe: Pirate Bay
       und uns persönlich wird nichts passieren“, twitterte Pirate Bay-Sprecher
       Peter Sunde unmittelbar nach dessen Bekanntgabe. „Selbstverständlich“,
       antwortete Gottfrid Swartholm Warg, einer der Angeklagten auf die Frage, ob
       man Berufung gegen diese Entscheidung einlegen werde. Und ironisch sprach
       er von „der Überraschung, die dieses Urteil wohl für den Staatsanwalt
       darstellt“. Dieser hatte nämlich ursprünglich eine Anklage abgelehnt, weil
       er an keine ausreichende Chance für eine Verurteilung geglaubt hatte.
       
       Ludvig Werner, Vorsitzender der Musikbranchenvereinigung IFPI-Schweden
       sprach von einem „positiven und grundsätzlich wichtigen“ Urteil. Henrik
       Pontén, Sprecher des schwedischen „Antipiratenbüros“ kommentierte: „Eine
       klare Markierung, dass das illegal ist, eine passende Strafe dafür und ein
       deutliches Signal für alle, die Pirate Bay oder ähnliche Dienste benutzen.“
       
       Eine erste Analyse zeigt eine deutliche Schwachstelle der jetzigen
       Entscheidung. So stellt das Schöffengericht vorwiegend auf die generellen
       Möglichkeiten von Pirate Bay für potentielle Urheberrechtsverletzungen ab.
       Macht sich aber nicht die Mühe im Einzelnen zu beweisen, inwieweit bei den
       konkreten 33 Fällen von Urheberrechtsverletzung, um die es bei der Anklage
       ausschliesslich ging, der BitTorrent-Tracker Pirate Bay technisch überhaupt
       eine Rolle gespielt hatte. Verwunderlich ist das allerdings nicht: Auch die
       Anklageschrift war trotz ihres Umfangs von 4620 Seiten zu dieser Frage
       ausgesprochen dünn. „Das gibt eine schnelle Berufungsschrift“, kommentierte
       ein Verteidiger.
       
       Was die Frage der Höhe des Schadensersatzes angeht, urteilt das Gericht
       weniger als ein Viertel des von der Film-, Musik- und Computerspielbranche
       geforderten Schadensersatzes von 12 Mill Euro aus. Mit der pauschalen
       Begründung, man habe den Schaden geringer eingeschätzt, als von den
       Branchenorganisationen behauptet.
       
       Konsequenzen wird das Urteil zunächst nicht haben. Vermutlich wird der
       Rechtstreit alle Instanzen des schwedischen Justizsystems bis zum Obersten
       Gerichtshof beschäftigen. Und auch ein Umweg über den EU-Gerichtshof zur
       Klärung der Geltung spezieller Internetdirektiven scheint nicht
       ausgeschlossen. Das kann sechs bis acht Jahre dauern. Der Betrieb von
       Pirate Bay wäre bis zu einer abschließenden Entscheidung nicht betroffen.
       Angesichts der rasanten Entwicklung von Internettechnik und Nutzerverhalten
       steht in den Sternen, ob die Bit-Torrent-Technik und diese Internetseite
       dann noch von grossem Interesse sein werden.
       
       „Man hat schon jetzt das Gefühl, es geht um einen historischen Fall“,
       kommentiert Stefan Alariksson, Schweden-Chef des IT-Konzerns Sun: „In
       dieser digitalen Welt ist nun mal alles frei zugänglich. Man kann nicht
       einfach die Kunden und Lieferanten kriminalisieren, sondern muss offene
       kommerzielle Alternativen bieten. Die ganze IT-Welt bewegt sich auf eine
       offene Welt zu und da glaube ich nicht, dass dieser Prozess irgendeinen
       grösseren Einfluss haben wird.“
       
       Ein Server, den Pirate Bay ab 2004 zum Filesharing in Gebrauch nahm und der
       bei der Polizeirazzia vor drei Jahren beschlagnahmt wurde, steht
       mittlerweile im stockholmer Technischen Museum. Neben einem
       Kassettenrekorder. Laut Kurator Nils Olander um der Nachwelt einmal
       demonstrieren zu können, um welche Techniken man sich in punkto
       Urheberrecht einst gestritten hat.
       
       17 Apr 2009
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://thepiratebay.org
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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